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Die Abzugsteuer nach § 99 EStG dient der Erhebung der Steuer von beschränkt Steuerpflichtigen. Im österreichischen Steuerrecht sind einige Fälle vorgesehen, in welchen der österreichische Leistungsempfänger die Abzugsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen muss. Dadurch soll die Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen sichergestellt und vereinfacht werden, allerdings ist diese Methode mit einer erhöhten Sorgfaltspflicht bei den österreichischen Leistungsempfängern verbunden. Im vorliegenden Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Regelungen im Zusammenhang mit der Abzugsteuer und stellen eine Checkliste zur Anwendung in der Praxis zur Verfügung.
Die in § 99 EStG geregelte Abzugsteuer ist eine besondere Form der Erhebung der Einkommensteuer. Betroffen davon sind nur bestimmte Einkünfte der beschränkt Steuerpflichtigen (dh natürlicher Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben bzw Körperschaften, die im Inland weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung haben). Zweck des Steuerabzugs ist die Vereinfachung der Besteuerung und Sicherstellung des Steueranspruchs bei beschränkt Steuerpflichtigen, da eine Veranlagung mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden wäre.1
Die abschließende Liste der Einkünfte, welche in Österreich der Abzugsteuer unterliegen, ist im § 99 EStG zu finden und beinhaltet folgende Einkünfte:
- | Einkünfte aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbstständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltsdarbietungen; dabei ist unbeachtlich, an wen die Vergütungen für die erbrachte Tätigkeit geleistet werden ("Künstlerdurchgriff"), |
- | Gewinnanteile von Mitunternehmern einer ausländischen Personengesellschaft, die an einer inländischen Personengesellschaft beteiligt ist (bei sogenannten doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen), sofern der Abgabenbehörde nicht mitgeteilt wird, welche natürlichen oder juristischen Personen Empfänger der Gewinnanteile sind, |
- | bestimmte Einkünfte aus Überlassung von Rechten (ua Lizenzgebühren), |
- | Aufsichtsratsvergütungen, |
- | Einkünfte aus kaufmännischer oder technischer Beratung, welche im Inland ausgeübt wird, sowie Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung (Arbeitskräfteüberlassung), |
- | bestimmte Einkünfte aus ausländischen Immobilienfonds, sofern die Immobilien im Inland gelegen sind, sowie |
- | Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter. |
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist zwischen der Brutto- und Nettobesteuerung zu unterscheiden.2
Der Abzugsteuer unterliegt der volle Betrag der Einnahmen oder Gewinnanteile (Bruttobetrag).3 Zur Bemessungsgrundlage zählen auch:
- | Kostenersätze und Sachbezüge (zB für Reise, Aufenthalt oder Transport),4 |
- | im Auftrag des beschränkt Steuerpflichtigen an Dritte ausbezahlte Entgeltteile (zB Kostenübernahmen),5 |
- | die vom Schuldner übernommene Abzugsteuer.6 |
Die Abzugsteuer beträgt grundsätzlich 20 %, allerdings ist von den Einkünften aus ausländischen Immobilien-Investmentfonds und Gewinnanteilen aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter eine Abzugsteuer iHv 27,5 % einzubehalten und abzuführen.
Der ORF engagiert Robert De Niro für einen Auftritt in einer TV-Sendung. Es wird ein Honorar von EUR 50.000 vereinbart. Wenn die Abzugsteuer vom Schauspieler getragen wird, erhält er nach Abzug der Abzugsteuer (20 %, das sind EUR 10.000) EUR 40.000 und der ORF hat Betriebsausgaben iHv EUR 50.000.
Wenn jedoch vereinbart wird, dass die Abzugsteuer vom ORF getragen wird und der Schauspieler eine Auszahlung iHv EUR 50.000 erhält (Nettovereinbarung), erhöht sich die Bemessungsgrundlage um die übernommene Abzugsteuer (als weiterer Vorteil aus der Vereinbarung) und beträgt EUR 60.000. Die vom ORF abzuführende Abzugsteuer beträgt schlussendlich EUR 12.500 (= 20 % von EUR 60.000). Der ORF hat Betriebsausgaben iHv EUR 62.500.
Wenn der beschränkt Steuerpflichtige in der EU oder im EWR ansässig ist, können die Ausgaben, welche mit den Einnahmen zusammenhängen, von der Bemessungsgrundlage abgezogen wer-
den. Die Voraussetzung dafür ist, dass der beschränkt Steuerpflichtige dem Steuerabzugsverpflichteten die entsprechenden Ausgaben vor Auszahlung schriftlich mitteilt.7
Wenn der Empfänger der als Ausgaben geltend gemachten Beträge in Österreich ebenfalls beschränkt steuerpflichtig ist und die Ausgaben beim Empfänger (= seine Einkünfte) den Betrag von EUR 2.000 übersteigen, ist der Abzug der Ausgaben nur dann möglich, wenn die inländische Besteuerung beim Empfänger der Ausgaben sichergestellt ist.8
Die Abzugsteuer beträgt bei der Nettobesteuerung 25 %.
Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte (= beschränkt Steuerpflichtiger). Der Schuldner dieser Einkünfte (= Auftraggeber) haftet jedoch für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge.9
Der Auftraggeber ist dazu verpflichtet, die im jeweiligen Kalendermonat einbehaltene Steuerbeträge spätestens am 15. Tag des Folgemonats unter der Bezeichnung "Steuerabzug gemäß § 99 EStG" an sein Finanzamt abzuführen. Wenn Abzugsteuer für mehrere Steuerpflichtige einbehalten wurde, ist der Gesamtbetrag in einer Summe und ohne Bezeichnung der einzelnen Steuerpflichtigen abzuführen.10
Ebenfalls bis zum 15. Tag des Folgemonats ist die ausgefüllte Mitteilung über den Steuerabzug von beschränkt Steuerpflichtigen (Formular E19) an das Finanzamt zu übermitteln.11 Der Auftraggeber muss zudem laufende Aufzeichnungen führen, welche insbesondere den Zeitpunkt der Zahlung, die Höhe und den Zeitpunkt der Abfuhr der einbehaltenen Steuer enthalten.12
Um sicherzustellen, dass Abzugsteuerfälle rechtzeitig erkannt werden und die Steuerbeträge bei der Auszahlung der Vergütungen einbehalten und innerhalb der relativ knappen Gesetzesfrist an das Finanzamt abgeführt und gemeldet werden, ist es notwendig, bereits im Rahmen der Auftragsvergabe bzw der buchhalterischen Erfassung der Belege das Vorliegen der Abzugsteuerthematik zu überprüfen.
Mit der untenstehenden Checkliste möchten wir Ihnen diese Aufgabe vereinfachen. Für detaillierte Informationen zu den einzelnen Fragen verweisen wir auf unseren Beitrag "Checkliste: Erkennen von Abzugsteuerfällen in der Buchhaltungspraxis", welcher im Heft 4/2016, 108 ff, erschienen ist.
Frage | Check | |||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein | ||||
| ||||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein |
Frage | Check | |||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein | ||||
| Ja | Nein |
Wenn die Fragen 1) und 2) sowie eine der mit Buchstaben markierten Fragen mit "Ja" beantwortet wurden, liegt ein Abzugsteuerfall vor. In einem nächsten Schritt ist zu überprüfen, ob eine Befreiung auf der nationalen (§ 99a EStG) oder internationalen (DBA) Ebene vorliegt und ob die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind bzw erfüllt werden können.
| Ja | Nein | ||
| Ja | Nein | ||
| Ja | Nein |
Wenn das Besteuerungsrecht aufgrund des anzuwendenden DBA Österreich nicht oder nur teilweise zukommt, kann eine (teilweise) Entlastung an der Quelle erfolgen, solange die Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung erfüllt sind. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Abzugsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen, allerdings kann der Steuerschuldner (= beschränkt Steuerpflichtiger) einen Rückerstattungsantrag stellen, sofern keine Pflicht zur Veranlagung vorliegt. Die Rückerstattung der Abzugsteuer könnte auch in vielen Fällen dann beantragt werden, wenn eine Abzugsteuerverpflichtung in der Praxis übersehen worden ist und im Rahmen einer Betriebsprüfung die Abzugsteuer festgesetzt wird, sofern Österreich das Besteuerungsrecht durch das DBA (teilweise) entzogen wird.
Ab 1. Jänner 2021 ist der Antrag auf Rückerstattung österreichischer Abzugsteuer beim Finanzamt für Großbetriebe einzureichen.
Die Rückerstattung erfolgt über ein eigenes Verfahren, bei dem zwingend eine Vorausmeldung auf elektronischem Wege mittels Web-Formulare zu erfolgen hat.
Der Rückerstattungsantrag kann erst nach Ablauf des Jahres der Einbehaltung und bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden.
Herr König ist in Deutschland steuerlich ansässig. Er fungiert als Aufsichtsrat bei der österreichischen Bau AG. Am 10. 12. 2021 legt Herr König eine Rechnung iHv EUR 10.000 für seine Aufsichtsratstätigkeiten im Jahr 2021. Die Rechnung wird von der Bau AG am 20. 12. 2021 beglichen.
Herr König unterliegt mit seinen Aufsichtsratseinkünften gem § 98 Abs 1 Z 2 EStG der beschränkten Steuerpflicht in Österreich. Die Bau AG ist nach § 99 Abs 1 Z 4 EStG zum Abzugsteuereinbehalt verpflichtet.
Das Besteuerungsrecht wird gem Art 16 Abs 1 DBA AT-DE aufrechterhalten, eine Entlastung an der Quelle ist nicht möglich.
Die Verbuchung bei der Bau AG ist wie folgt vorzunehmen (auf die Darstellung der umsatzsteuerlichen Verbuchung wird verzichtet):
10. 12. 2021 | (7) Aufsichtsratsvergütungen | EUR 10.000 | |
(3) Sonstige Verbindlichkeiten | EUR 8.000 | ||
(3) Verbindlichkeiten gegenüber Finanzamt | EUR 2.000 |
Am 20. 12. 2021 wird die Eingangsrechnung von der Bau AG bezahlt:
20. 12. 2021 | (3) Sonstige Verbindlichkeiten | EUR 8.000 | |
(2) Bank | EUR 8.000 |
Der einbehaltene Quellensteuerbetrag ist bis spätestens 15. 1. 2022 an das Finanzamt zu überweisen:
15. 1. 2022 | (3) Verbindlichkeiten gegenüber Finanzamt | EUR 2.000 | |
(2) Bank | EUR 2.000 |
Bis zum 15. 1. 2022 ist ebenfalls eine entsprechend ausgefüllte Meldung E19 an das Finanzamt zu übermitteln.
Steuerausländer unterliegen mit bestimmten Einkünften in Österreich der beschränkten Steuerpflicht. Die österreichischen Leistungsempfänger sind in den im Gesetzt aufgelisteten Fällen zur Einbehaltung und Abfuhr der Abzugsteuer verpflichtet. Um sicherzustellen, dass die Abzugsteuerverpflichtung in der Praxis nicht übersehen wird, ist es wichtig, bereits im Rahmen der Auftragsvergabe bzw der buchhalterischen Erfassung der Belege das Vorliegen der Abzugsteuerthematik, zum Beispiel mittels einer Checkliste, zu überprüfen. Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung die Abzugsteuer festgesetzt, besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, eine Rückerstattung der Abzugsteuer unter Berufung auf das jeweilige DBA zu beantragen.
Siehe Ludwig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG: Kommentar, 7. Teil - Besteuerung bei beschränkter Steuerpflicht (2011) § 99 Rz 1, sowie Hummer/Loizenbauer/Mitterlehner/Waser, Handbuch Quellensteuern Band I (2016) 1.
Siehe EStR Rz 8006a ff.
Siehe § 99 Abs 2 Z 1 EStG.
Siehe Hummer/Loizenbauer/Mitterlehner/Waser, Handbuch Quellensteuern Band I (2016) 6, mit Verweis auf EAS 1144 vom 9. 10. 1997, EAS 1547 vom 25. 10. 1999 und EAS 1225 vom 1. 4. 1998.
Siehe EStR Rz 8006a.
Siehe § 99 Abs 2 Z 1 EStG.
Siehe § 99 Abs 2 Z 2 EStG.
Siehe § 99 Abs 2 Z 2 EStG.
Siehe § 100 Abs 2 EStG.
Siehe § 101 Abs 1 EStG.
Siehe § 101 Abs 3 EStG.
Siehe § 101 Abs 2 EStG.