Dieser Artikel wurde Ihnen von einem unserer Abonnenten zur Verfügung gestellt. Mit einem Abonnement der ImmoZak erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass ein Baufortschritt fertiggestellt ist, obwohl dies bei einem im BTVG vorher angeführten Baufortschritt nicht der Fall ist. So kann es etwa bei der Fertigstellung des Dachs zu Verzögerungen kommen, während die Rohinstallationen schon fertiggestellt sind.1 IdZ stellt sich die Frage, ob der Treuhänder bei Fertigstellung der Rohinstallationen die dafür vorgesehene Rate an den Bauträger weiterleiten darf, obwohl der Bauabschnitt "Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs" noch nicht fertiggestellt wurde.2 Dieser in der Praxis höchst relevante Aspekt wurde bislang kaum diskutiert. In einigen Musterverträgen findet man den Passus, dass die Reihenfolge der in § 10 Abs 2 BTVG angeführten Raten nicht zwingend den chronologischen Ablauf des Bauprozesses und folglich der Entrichtung widerspiegeln muss. Inwiefern dies im Einklang mit dem BTVG steht, wird im Folgenden untersucht.
Zwingender Vertragsinhalt eines Bauträgervertrags ist nach § 4 Abs 1 Z 7 BTVG unter anderem die Art der Sicherung des Erwerbers. Diesfalls stehen mehrere Sicherungsmodelle zur Verfügung. Namentlich sind dies die schuldrechtliche Sicherung iSd § 8 BTVG (Garantie bzw Versicherung), die hier interessierende grundbücherliche Sicherstellung des Rechtserwerbs iSd §§ 9 und 10 BTVG auf der zu bebauenden Liegenschaft in Verbindung mit der Zahlung nach Ratenplan oder die pfandrechtliche Sicherung iSd § 11 BTVG.
Dem Treuhänder, der nach § 12 Abs 1 BTVG beim grundbücherlichen Sicherungsmodell zwingend zu bestellen ist,3 obliegt nach Abs 4 leg cit bei diesem Sicherungsmodell insb die Überprüfung der Einhaltung des Ratenplans durch die Überwachung des Baufortschrittes. Zur Feststellung des Abschlusses des jeweiligen Bauabschnitts kann der Treuhänder nach § 13 Abs 2 BTVG einen für den Hochbau zuständigen Ziviltechniker, einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Bauwesen4 oder eine im Rahmen der Förderung des Vorhabens tätige inländische Gebietskörperschaft beiziehen.
Eine Rate des Ratenplans nach § 10 BTVG wird erst nach Abschluss des jeweiligen Bauabschnitts fällig, worunter dessen vollständige Herstellung ohne gravierender Mängel zu verstehen ist.5 Unter der "Entrichtung" iSd BTVG werden Zahlungen an den Bauträger bzw an Dritte iSd § 1 Abs 1 BTVG verstanden, nicht aber Leistungen des Erwerbers auf das Treuhandkonto.6 Der Treuhänder leitet die Raten gemäß Ratenplan in weiterer Folge nach Baufortschritt weiter.7 Im Falle der Entrichtung nicht fälliger Raten kann der Erwerber mangels Fälligkeit die bereits geleisteten Zahlungen nach § 14 BTVG samt Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zurückfordern.8 Der Erwerber befindet sich dabei in der komfortablen Position, dass er einerseits am Vertrag festhalten, andererseits (noch) nicht fällige Zahlungen zurückfordern kann.9 Zudem schwebt über dem Treuhänder im Falle der Entrichtung von nicht fälligen Raten stets das Damoklesschwert vertraglicher Schadenersatzansprüche, insbesondere im Insolvenzfall des Bauträgers.10
Bei der Zahlung nach Ratenplan entrichtet der Erwerber jene Raten, die an den Abschluss gewisser Bauabschnitte geknüpft sind.
Konkret sind die jeweiligen Raten, wobei die Höhe bei Ratenplan A und Ratenplan B unterschiedlich ist, fällig wie folgt:
- | bei Baubeginn auf Grund einer rechtskräftigen Baubewilligung; |
- | nach Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs; |
- | nach Fertigstellung der Rohinstallationen; |
- | nach Fertigstellung der Fassade und der Fenster einschließlich deren Verglasung; |
- | nach Bezugsfertigstellung oder bei vereinbarter vorzeitiger Übergabe des eigentlichen Vertragsgegenstandes; |
- | nach Fertigstellung der Gesamtanlage und |
- | der verbleibende Rest nach Ablauf von drei Jahren ab der Übergabe des eigentlichen Vertragsgegenstandes, sofern der Bauträger allfällige Gewährungsleistungs- und Schadenersatzansprüche nicht durch eine Garantie oder Versicherung gesichert hat. |
Der Vertragserrichter hat darauf zu achten, dass durch die individuelle Vereinbarung im Bauträgervertrag mit einem Verbraucher iSd § 1 Abs 1 Z 2 KSchG nicht zu seinen Lasten vom BTVG und folglich vom gesetzlichen Ratenplan abgegangen wird.
Allgemein sind frühere oder höhere Zahlungen im Vergleich zum Ratenplan iSd § 10 Abs 2 BTVG nachteilig und gehen somit zu Lasten des Verbrauchers. Frühere Zahlungen von Zwischenraten, die nicht im Gesetz genannt sind, stellen ebenso einen Nachteil für den Erwerber dar, auch wenn die sonstigen grundbuchsrechtlichen Voraussetzungen und das Vorliegen einer nachweislichen, entsprechenden Wertrelation verlangt wird. Es drohen dabei nämlich ein Zinsnachteil sowie die Gefahr der Beeinträchtigung, respektive des Verlustes der notwendigen Äquivalenz zwischen den Bauleistungen und der Summe der Zahlungen.11
Die Anordnung über die Termine betreffend Fälligkeit der Raten ist daher im B2C-Bereich zwingend.12 Im Bauträgervertrag ist folglich ein Ratenplan vorzusehen, der sich exakt an die gesetzlichen Vorgaben hält bzw die rechtliche und wirtschaftliche Situation des Erwerbers verbessert.13
Aus den dargelegten Ausführungen erschließt sich jedoch nicht die Antwort auf die Frage, ob das BTVG auch zwingend eine chronologische Reihenfolge der Entrichtung der jeweiligen, den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, Raten vorgibt. Dafür bedarf es der Interpretation des § 10 BTVG.
§ 10 Abs 1 BTVG stellt auf den Abschluss der in Abs 2 leg cit festgelegten Bauabschnitte ab. Der Wortlaut des § 10 Abs 2 BTVG vermittelt den Eindruck eines chronologischen Hochbaubauprozesses - beginnend mit dem Abstellen auf die rechtskräftige Baubewilligung bis hin zur Fertigstellung der Gesamtanlage.14
§ 10 Abs 3 BTVG spricht ausdrücklich von der Fälligkeit der "ersten Rate". Zudem ist die letzte Rate von der vorherigen Rate mit dem Wort "und" getrennt. Dies könnte in dem Sinn verstanden werden, dass die jeweiligen Raten zum einen chronologisch aufeinander aufbauen und zum anderen komplementär zueinander wären. Anders gesagt, dass die jeweilige Rate erst dann zu entrichten ist, wenn die ihr zugrundeliegende Baustufe und ebenso (nach wie vor) der vorherige Bauabschnitt fertiggestellt sind.
Gegenteilig könnte gleichwohl aus dem Wortlaut abgeleitet werden, dass es sich lediglich um eine nicht zwingend chronologische Aufzählung handelt, daher ausschließlich und isoliert auf den jeweiligen Bauabschnitt abzustellen wäre. Der Wortlaut spricht jedenfalls nicht dagegen, dass die Raten in einer anderen Reihenfolge entrichtet werden können.15
Diese Interpretationsmethode führt daher nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Vielmehr sind damit beide eben dargelegten Positionen in Einklang zu bringen.
Zweifelsfragen in Bezug auf den jeweiligen Bauabschnitt können mithilfe der allgemeinen Verkehrsauffassung der Baubranche beantwortet werden.16 Diesfalls ist auf die ÖNORM B 212017 zu verweisen, welche eine konkrete Beschreibung der jeweiligen Bauabschnitte beinhaltet.18 Der ÖNORM B 2120 selbst kann kein Hinweis dahingehend entnommen werden, dass die einzelnen Baufortschrittsstufen aneinandergekoppelt wären.
Am Rande erwähnt sei der Umstand, dass ebenso § 13 BTVG hinsichtlich der Feststellung des Baufortschritts expressis verbis auf den jeweiligen Bauabschnitt abstellt, ohne die Abschnitte in irgendeiner Weise miteinander zu verknüpfen.
Die systematische Interpretation legt daher den Schluss nahe, dass die einzelnen Bauabschnitte ganzheitliche Einheiten darstellen, die von den jeweils anderen Bauabschnitten bautechnisch bewusst verselbständigt sind. Dadurch bedingt kann eine klare Abgrenzung zwischen den Bauabschnitten vorgenommen werden.
Nach den Materialien zur Stammfassung dient die Baufortschrittskontrolle in erster Linie der Überprüfung der Sicherung des Erwerbers dahingehend, ob der Ratenzahlung ein entsprechender Wertzuwachs durch die Bauarbeiten auf der Liegenschaft gegenübersteht. Nach der Absicht des historischen Gesetzgebers besteht der Zweck des Ratenplans darin, "dass der Erwerber nur solche Zahlungen an den Bauträger leistet, die der Erhöhung des Wertes der Liegenschaft bzw seines Liegenschaftsanteils durch die zwischenzeitig erbrachten Bauleistungen entsprechen".19
Auch im Rahmen der BTVG-Novelle 200820 wurde explizit auf den Konnex zwischen Zahlungen des Erwerbers und dem gesteigerten Gegenwert der seitens des Bauträgers erbrachten Leistungen hingewiesen.21
Allgemein dient das BTVG, pointiert formuliert, primär dem Schutz der vom Erwerber geleisteten Vorauszahlungen.22 Dieses Ziel soll durch unterschiedliche Sicherungsmodelle verwirklicht werden. Das Telos des Ratenplans ergibt sich vor dem Hintergrund des grundbücherlichen Sicherungsmodells, welches im Gegensatz zur schuldrechtlichen Sicherung nach § 8 BTVG gerade nicht den Rückforderungsanspruch des Erwerbers, sondern die Verschaffung des vertraglich geschuldeten Objektes sicherstellen soll.23 Der Kern des Ratenplans fußt auf dem Gedanken, dass die Fälligkeit nur nach erfolgtem Baufortschritt eintreten soll. Wie bereits dargelegt, soll den jeweiligen Zahlungen der Wertzuwachs der Liegenschaft entsprechen.24
Auch nach der Jud, insb der Entscheidung 8 Ob 113/04g,25 ist der Wertzuwachs auf der Liegenschaft das zentrale Element des Ratenplans.26 Sogar der Wegfall einer Baubewilligung wäre im Falle der durchgreifenden Erneuerung eines Altbaus unerheblich, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erteilung der baubehördlichen Bewilligungen Schwierigkeiten entgegenstehen. Nach Ansicht der OGH ist das Schutzbedürfnis des Erwerbers erfüllt, wenn der Rückforderungsanspruch im Wert der Liegenschaft auch ohne rechtskräftige Baubewilligung Deckung findet. Der OGH hob insb den Zweck des grundbücherlichen Sicherungsmodells hervor: Dieser besteht konkret darin, dass die jeweiligen Zahlungen bloß nach Fertigstellung des jeweiligen Baufortschritts entrichtet werden. Der dahinterstehende Gedanken ist, dass der Erfüllungsanspruch des Erwerbers durch den Baufortschritt im Wert des ihm bereits übereigneten Eigentumsanteils Deckung findet.27
Allgemein ist zudem auszuführen, dass die erste Rate grds bei Baubeginn fällig wird, wobei eine rechtskräftige Baubewilligung vorzuliegen hat.28 Die Vereinbarung der Fälligkeit der ersten Rate vor Baubeginn ist nach § 10 Abs 3 BTVG unter der Voraussetzung zulässig, dass aufgrund des hohen Wertes der zu bebauenden Liegenschaft die grundbücherliche Sicherstellung des Erwerbers bereits eine ausreichende Sicherheit bietet.29 Für die Zulässigkeit der Vorverlagerung der Fälligkeit ist daher der Wert des Baugrundes maßgeblich.30 Der eben angeführten Bestimmung ist zwar nichts hinsichtlich der unterschiedlichen Reihenfolge der Entrichtung der einzelnen Raten zu entnehmen, dennoch wird auch hier explizit auf den der Rate gegenüberstehenden Wert der Liegenschaft abgestellt. Dieser systematisch-teleologische Ansatz offenbart daher einen Wertungswiderspruch im BTVG, würde man hinsichtlich der Fälligkeit der ersten Rate nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf den Gegenwert der Liegenschaft abstellen, diesen jedoch bei den anderen Raten gänzlich außen vor lassen.
Aus dem Interpretationskanon ist abzuleiten, dass die jeweiligen Baufortschrittsstufen isoliert zu betrachten sind. Die Vorauszahlungen des Erwerbers sind durch einen entsprechenden Wertzuwachs der Liegenschaft zu sichern. Es droht - etwa im Falle der eingangs dieses Beitrags angeführten Fertigstellung der Rohinstallationen vor dem Dach - weder ein Zinsnachteil, noch die Gefahr der Beeinträchtigung oder des Verlustes der notwendigen Äquivalenz zwischen den Bauleistungen und der Summe der Zahlungen.31
Auch der Zweck des Ratenplans wird mE nicht vereitelt, wenn der Wertzuwachs nicht peu à peu strikt in der Reihenfolge des § 10 Abs 2 BTVG erfolgt. Eine zeitlich unterschiedliche Abfolge des Bauprozesses sichert durch die Fertigstellung eines konkreten Bauabschnitts die Vorauszahlungen des Erwerbers durch die dadurch erfolgte Werterhöhung der Liegenschaft.
Es sprechen folglich sowohl die systematische, historische als auch teleologische Interpretation dafür, dass durch eine lediglich unterschiedliche Reihenfolge der Zahlungen der Raten die vom BTVG forcierte Sicherung des Vorauszahlungsrisikos nicht beeinträchtigt wird. Der Wortlaut des BTVG führt ebenso nicht zur Annahme, dass die Reihenfolge zwingend den chronologischen Ablauf darzustellen hat.
Die an die Fertigstellung des jeweiligen Bauabschnittes geknüpften Raten sind durch die daraus resultierende Erhöhung des Liegenschaftswertes abgesichert. Die chronologische Reihenfolge der Entrichtung ist dabei für die Absicherung des Erwerbers irrelevant.32 Auch die oben angeführten Nachteile werden bei einer nur unterschiedlichen Reihenfolge der Entrichtung grds (dazu sogleich) nicht schlagend.
Im Falle des nachträglichen Wegfalls jener Voraussetzungen, die ursprünglich die Fälligkeit der Raten begründeten, können die Zahlungen samt Zinsen gemäß § 14 Abs 1 BTVG zurückgefordert werden.33 Unter Berücksichtigung dieses Umstandes wird das eben dargelegte Ergebnis, sprich die grds Unabhängigkeit der jeweiligen Ratenzahlungen, gegebenenfalls anders zu beurteilen sein, wenn der entsprechende Wertzuwachs objektiv offensichtlich nicht werthaltig ist.34 Zu denken wäre beispielsweise daran, dass Teile des Dachs nicht (mangelfrei) errichtet wurden und folglich insbesondere durch Niederschläge die Beschädigung der anderen Baustufen eindeutig vorhersehbar ist. Diese restriktive Haltung deckt sich mit der Ansicht des achten Senats des OGH in der angeführten Entscheidung aus 2005,35 wo zu keinem Zeitpunkt zweifelhaft war, dass die Baubewilligung erteilt werden wird und daher die objektive Werthaltigkeit nicht bezweifelt wurde.36 Bei ggt Ansicht würde mE der Sicherungszweck des BTVG vereitelt werden, zumal es - um in der Diktion des OGH zu sprechen - zu einer "Vernichtung des Werts der bereits erbrachten Bauleistungen kommen könnte".37
Freilich darf es in diesem Zusammenhang nicht zu einer Überspannung der Sorgfaltspflichten des Treuhänders kommen. Die objektive Werthaltigkeit kann daher ein adäquates Korrektiv zur Sicherung des Erwerbers bei einer offenkundigen Beeinträchtigung des Wertzuwachses darstellen.38
An dieser Restriktion vermag auch das aufrechte Bestehen einer Bauwesenversicherung nichts zu ändern, zumal nach zutr A der Schaden bereits im Verlust der Absicherung des Erwerbers zu erblicken ist.39 Zudem werden nicht sämtliche Verlustszenarien des Erwerbers durch eine Bauwesenversicherung abgedeckt.
Als Ausfluss dieses eben dargelegten Grundsatzes der objektiven Werthaltigkeit sei erwähnt, dass es prinzipiell nicht zu einer völligen Umkehrung eines idealtypischen Ablaufs eines Bauprozesses und in weiterer Folge der Entrichtung der jeweiligen Raten kommen darf.40 Zu beachten ist nämlich, dass eine grds Voraussetzung des Ratenplans iSd § 10 BTVG das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung ist41 und daher eine gewisse Grundstruktur der Entrichtung in aller Regel vorgeben ist.42
Zutr verweist H. Böhm in diesem Zusammenhang darauf, dass für die Bauetappe "Bezugsfertigstellung oder bei vereinbarter vorzeitiger Übergabe des eigentlichen Vertragsgegenstandes" (lit e der Z 1 und 2 des § 10 Abs 2 BTVG) allgemein die Übergabe43 als Tatbestandsmerkmal anzuerkennen ist. Ansonsten stünden im Falle der Entrichtung dieser Rate bei Bezugsfertigstellung und sohin gegebenenfalls vor Übergabe in jener Konstellation, in der bereits im Vorfeld die Rate für die Fertigstellung der Gesamtanlage (lit f leg cit) entrichtet wurde, dem Erwerber lediglich 2 % (lit g leg cit) als (primär für Sachmängel gedachter) Haftrücklass zur Verfügung.44 Die Entrichtung der Rate für den Bauabschnitt lit f leg cit hat daher - unter Berücksichtigung des Telos des BTVG45 sowie § 1052 ABGB - mE nach jener für den Bauabschnitt lit e leg cit zu erfolgen.46
Die Bestimmungen des BTVG sind nach § 1 Abs 2 BTVG zu Lasten eines Verbrauchers unabdingbar und zu Gunsten des Erwerbers stets dispositiv. Die Auslegung des jeweiligen Bauträgervertrages
hat im konkreten Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung iSd §§ 914 f ABGB zu erfolgen.
Wie aus dem Interpretationskanon geschlossen werden kann, gibt das BTVG grds keine zwingende Reihenfolge der Entrichtung der Raten vor. Mangels Verschlechterung der Rechtsposition des Erwerbers könnte - sowohl im B2B- als auch B2C-Bereich - im Bauträgervertrag festgehalten werden, dass die jeweiligen Raten ausschließlich entsprechend dem durch § 10 Abs 2 BTVG vermittelten chronologischen Ablauf entrichtet werden. Folglich werden diese an den Bauträger nur weitergeleitet, wenn die jeweils vorherige Baufortschrittsstufe bereits ohne gravierende Mängel fertiggestellt wurde (und dies nach wie vor der Fall ist).
Andererseits kann mE ebenso die Entrichtung der jeweiligen Raten in unterschiedlicher Reihenfolge unter Berücksichtigung der dargelegten Maßgaben vereinbart werden. Die Vereinbarung der Entrichtung der Rate für die Fertigstellung der Gesamtanlage (lit f der Z 1 und 2 des § 10 Abs 2 BTVG) vor Bezugsfertigstellung oder vereinbarter vorzeitiger Übergabe des eigentlichen Vertragsgegenstandes (lit e leg cit) ist aufgrund der dargelegten Gründe nach meinem Dafürhalten im B2C-Bereich aufgrund von § 6 Abs 1 Z 6 KSchG unzulässig. Ungeachtet dessen ist im B2B-Bereich insb § 38 Abs 1 Z 4 WEG zu beachten.47
Die Entrichtung der jeweiligen Raten, konkret in aller Regel jene der Bauabschnitte lit b bis d und allenfalls g der Z 1 und 2 des § 10 Abs 2 BTVG, hat nicht zwingend in der vom BTVG auf den ersten Blick wörtlich vorgegebenen Reihenfolge zu erfolgen. Maßgeblich ist, ob der Ratenzahlung ein entsprechender werthaltiger Wertzuwachs durch die Bauarbeiten auf der Liegenschaft gegenübersteht und die Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche des Erwerbers gesichert sind.
Dieses Problem thematisierend zB Pittl, Abweichen vom gesetzlichen Ratenplan nach § 10 Abs 2 BTVG zulässig? wobl 2005, 99.
Bejahend H. Böhm, Die bauträgervertragsrechtliche "Haftrücklassgarantie" in der praktischen Abwicklung, immolex 2016, 187 (188); zum ähnlich gelagerten Problem der vertraglichen Abweichung vom BTVG und der Zulässigkeit eines Günstigkeitsvergleiches zB Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 3 mwN.
Dieser kann nach § 12 Abs 2 BTVG nur ein Rechtsanwalt bzw eine Rechtsanwaltsgesellschaft oder ein Notar sein.
Dabei hat eine teleologische Reduktion des § 13 Abs 2 S 1 BTVG auf für Hochbau und Architektur eingetragene Sachverständige zu erfolgen (H. Böhm, Der formal "untaugliche" Baufortschrittsprüfer im BTVG, immolex 2017, 266 [267]; weiter Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 13 Rz 4, nach dem ferner Sachverständige für Statik als geeignete Personen anzusehen wären).
ZB Gartner, BTVG4 § 10 Rz 12 mwN; vgl zu Rechtsmängeln jüngst Prader/Dobler, Zur Relevanz und den Folgen von Rechtsmängeln im Bauträgervertragsrecht, immolex 2021, 183.
Außer es besteht zwischen Treuhänder und Wohnungseigentumsorganisator bzw Bauträger eine rechtliche Verflechtung oder Personenidentität (Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 1 mwN zur Judikatur).
Gartner, BTVG4 § 10 Rz 3, 26 mwN.
Statt vieler Gartner, BTVG4 § 10 Rz 1.
Pittl, Bauträgervertragsgesetz3 § 14, 142.
Siehe nur Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 9 Rz 12 mwN insb auch zum Eintrittszeitpunkt des Schadens.
Gartner, BTVG4 § 10 Rz 40 mwN; beachtenswert ist jedoch die Frage der Zulässigkeit eines Günstigkeitsvergleichs (übersichtlich den Meinungsstand darstellend Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 3).
Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 2 mwN.
Gartner, BTVG4 § 10 Rz 40.
Friedl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht TaKom3 §§ 9-10 BTVG Rz 10.
Freilich können die jeweiligen Raten aufgrund der faktischen Gegebenheiten eines (typischen) chronologischen Hochbaubauprozesses nicht in jeder beliebigen Reihenfolge entrichtet werden; dazu H. Böhm, immolex 2016, 188.
Vgl in diesem Zusammenhang die Materialien zur Stammfassung des BTVG (ErlRV 312 BlgNR 20. GP 22).
Fassung vom 1. 5. 2012.
Gartner, Die Bauabschnittsprüfung nach BTVG, bbl 2008, 207 (212); vgl in diesem Zusammenhang ders, BTVG4 § 10 Rz 12, 25 f, wonach die Geltung der ÖNORM B 2120 im Vertrag vereinbart werden muss, die Kriterien in der ÖNORM aber auch die allgemeine Verkehrsauffassung in der Baubranche widerspiegeln.
ErlRV 312 BlgNR 20. GP 22; dazu auch zB 8 Ob 113/04g = ecolex 2005/317 (krit Friedl) = wobl 2006/14 (Pittl).
Siehe nur 9 Ob 50/11k = immolex 2014/8 (Prader); allgemein RIS-Justiz RS0119703; statt vieler Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 1.
8 Ob 113/04g = ecolex 2005/317 (krit Friedl) = wobl 2006/14 (Pittl).
8 Ob 113/04g = ecolex 2005/317 (krit Friedl) = wobl 2006/14 (Pittl).
Siehe nur Friedl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht TaKom3 §§ 9-10 BTVG Rz 10 mit dem Hinweis, dass die Baubewilligung natürlich auch die vertraglich geschuldete Leistung des Bauträgers gegenüber dem Erwerber decken muss.
Vgl auch Pittl, Glosse zu 4 Ob 107/03v, wobl 2005/33(99 ff).
Friedl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht TaKom3 §§ 9-10 BTVG Rz 10.
Allg dazu Gartner, BTVG4 § 10 Rz 40.
So auch H. Böhm, immolex 2016, 188; allg in diesem Zusammenhang, jedoch eine durchgreifende Erneuerung betreffend, insb 3 Ob 123/13d = Zak 2014/57, 36 = ZVB 2014/36 (Zörer).
Gartner, BTVG4 § 14 Rz 12.
Vgl dazu auch 3 Ob 225/17k = Zak 2018/289, 154 = immolex 2018/67 (Prader) = ZVB 2018/86 (Berl).
8 Ob 113/04g = ecolex 2005/317 (krit Friedl) = wobl 2006/14 (Pittl).
Das Bauvorhaben hat sich (mit Ausnahme von geringfügigen Abweichungen) mit der ursprünglichen Baubewilligung zu decken (jüngst H. Böhm/Prader, immolex 2021, 350 [352] mwN). Naturgemäß können auch Umstände, die prima vista vorteilhaft für den Erwerber scheinen, wie höhere oder größere Bauten, mangels (nachträglicher) Bewilligung durch die Baubehörde einen gravierenden Mangel iSd BTVG darstellen (zutr Gartner, Die Haftung des Baufortschrittsprüfers nach BTVG, immolex 2013, 331 mwN).
3 Ob 123/13d = Zak 2014/57, 36 = ZVB 2014/36 (Zörer).
Vgl in diesem Zusammenhang allg schon die ErlRV 312 BlgNR 20. GP 26, wonach der Treuhänder nur darauf zu achten hat, ob nach allgemeiner Verkehrsauffassung der jeweilige Baufortschritt erreicht ist. Dabei sind nur gravierende und ins Auge fallende Mängel von Bedeutung.
Zum Schaden im Rahmen des BTVG insb 4 Ob 3/14s = Zak 2014/372, 198 = immolex 2014/49 (Prader).
Vgl zur denkbaren unterschiedlichen Abfolge der einzelnen Bauabschnitte . Böhm, immolex 2016, 188.
Allg zutr Friedl, ecolex 2005/317; ebenso H. Böhm, immolex 2016, 188.
Die hier vertretene Ansicht lässt sich aus dem Blickwinkel der objektiven Werthaltigkeit ebenso mit der zitierten E aus 2005 (8 Ob 113/04g) in Einklang bringen, wo gerade nicht zweifelhaft war, dass die Baubewilligung erteilt werden wird. Diese Gewissheit wird jedoch in der Praxis lediglich äußerst selten gegeben sein.
Wodurch § 1052 ABGB gerade nicht zur Anwendung gelangt (zB Gartner, BTVG4 § 10 Rz 20).
H. Böhm, Nur eingeschränkte Haftung des Treuhänders bei verfrühter Weiterleitung des Treuhanderlags an den Bauträger? wobl 2021, 81 (87 ff, insb Fn 43 mwN); siehe idZ insb 1 Ob 121/14x = ecolex 2015/143 (Schoditsch); jüngst 3 Ob 176/20h = ImmoZak 2021/22 (Prader).
Prägnant Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 21, wonach Telos des BTVG ist, Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche zu sichern.
Zum Verhältnis des BTVG zum Gewährleistungsrecht des ABGB zutr Gartner, BTVG4 § 10 Rz 20.
Insb Prader in Schwimann/Kodek, BTVG § 10 Rz 21 mwN; jüngst ders, Zum Zurückbehaltungsrecht nach Bekanntwerden von Mängeln und trotz Vorlage einer Bankgarantie für die letzte Rate, ImmoZak 2021, 35.