Dieser Artikel wurde Ihnen von einem unserer Abonnenten zur Verfügung gestellt. Mit einem Abonnement des ARD erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
Die am 14. 8. 2018 im Bundesgesetzblatt kundgemachte Novelle des AZG bzw ARG1 sorgt für eine Vielzahl an Änderungen im bestehenden österreichischen Arbeitszeitrecht. Die im Vorfeld transportierten Interpretationen haben leider oftmals zur Verunsicherung der Rechtsanwender geführt. Auch wurden viele Bestimmungen des ursprünglichen Initiativantrages im Rahmen eines Abänderungsantrages neu gefasst.
Im Beitrag soll daher versucht werden, wichtige Eckpunkte der Novelle zu beleuchten und erste Rechtsfragen dazu zu analysieren. Der erste Teil behandelt die Änderungen bzgl der Höchstarbeitszeit und bei der Gleitzeit, im zweiten Teil werden in der nächsten Ausgabe des ARD jene Teile der Novelle des AZG bzw ARG besprochen, die Vorschriften im Hinblick auf die Wochen(end)ruhe bzw die tägliche Ruhezeit betreffen.
Das österreichische Arbeitszeitrecht hat sich schon vor der nun vorliegenden Novelle durch eine gewisse Komplexität ausgezeichnet. Für den Rechtsanwender ist das Zusammenspiel von Gesetz, Kollektivvertrag (KV) und Betriebsvereinbarung (BV) bzw Einzelvereinbarung oftmals schwierig zu lösen.
Das AZG beinhaltet eine Vielzahl an Zulassungsnormen, die es entweder dem KV oder schon der betrieblichen Ebene (BV bzw Einzelvereinbarung) ermöglichen, vom Gesetz abweichende Regelungen zu treffen. Diese Grundsätze sind auch für das Verständnis bzw die Frage der allenfalls sofortigen Umsetzung der Novelle entscheidend.
Zu unterscheiden ist daher - grob skizziert - zwischen
- | unmittelbar aus dem Gesetz anwendbaren Normen (zB Höchstarbeitszeiten), |
- | Normen, die aufgrund einer gesetzlichen Regelung mittels BV oder Einzelvereinbarung umsetzbar sind (zB gleitende Arbeitszeit) oder |
- | Normen, die nur durch ausdrückliche Zulassung im KV (idR) mittels BV oder Einzelvereinbarung umsetzbar sind (zB Durchrechnung/Bandbreitenmodell). |
Die Novelle bringt keinen generellen 12-Stunden-Tag bzw keine generelle 60-Stunden-Woche, sondern lässt die Grundregel des § 3 Abs 1 AZG - acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche - unberührt.
Während eine zulässige Höchstarbeitszeit von bis zu 12 Stunden am Tag und 60 Stunden pro Woche bis dato nur innerhalb eines bestimmten Arbeitszeitmodells (zB Schichtarbeit) oder aufgrund einer Zulassung durch BV ("Sonderüberstunden" gemäß § 7 Abs 4 AZG) möglich war, ist dies ab 1. 9. 2018 bei jeglichem "erhöhten Arbeitsbedarf" erlaubt.
Legistisch wurde einerseits die Regelung des § 7 Abs 1 AZG (in der Neufassung ab 1. 9. 2018; in der Folge AZG nF) auf bis zu 20 Überstunden pro Woche und zwölf Stunden pro Tag ausgeweitet, anderseits sind die Höchstgrenzen der Arbeitszeit gemäß § 9 Abs 1 AZG ausgedehnt worden.
Es ist daher künftig ohne separate Formalismen (BV oder Einzelvereinbarung mit arbeitsmedizinscher Unbedenklichkeitsbescheinigung) möglich, eine Arbeitsleistung von bis zu zwölf Stunden pro Tag bzw 60 Stunden pro Woche zu erbringen. Allerdings wurde im Rahmen des Abänderungsantrags eine "Freiwilligkeitsgarantie" gesetzlich verankert.
Entgeltrechtlich kommt es trotz Ausdehnung der Höchstarbeitszeit zu keiner Änderung der Entlohnung der zusätzlichen Stunden. Diese sind (weiterhin) als zuschlagspflichtige Überstunden zu bezahlen.
Schon bisher durften Arbeitnehmer nur dann zur Überstundenarbeit herangezogen werden, wenn dieser "keine berücksichtigungswürdigen Interessen" entgegenstehen (§ 6 Abs 2 AZG). Zusätzlich kann der Arbeitnehmer künftig Überstunden "ohne Angabe von Gründen" ablehnen, wenn dadurch die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden bzw die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden würde.
Aus der Ablehnung dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen, insbesondere darf er nicht "hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung" benachteiligt werden (§ 7 Abs 6 AZG nF).
Sollte der Arbeitnehmer aufgrund der Ablehnung gekündigt werden, kann er die Auflösung "innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten " (§ 7 Abs 6 AZG nF). Weiters wird auf die sinngemäße Geltung des § 105 Abs 5 ArbVG verwiesen.
Der Gesetzgeber schafft mit dieser Regelung einen eigenen Anfechtungstatbestand.2 Eine entsprechende Kündigung wäre somit nicht als motivwidrige Kündigung gemäß § 105 Abs 3 ArbVG anzufechten, sondern aufgrund des eigenständigen Tatbestandes im AZG.
Der Verweis auf § 105 Abs 5 ArbVG bedeutet, dass eine Beweislasterleichterung3 eintritt, der Arbeitnehmer muss das verpönte Motiv bloß glaubhaft machen. Eine Klage ist aber dann nicht erfolgreich, wenn der Arbeitgeber ein anderes Motiv für die Kündigung glaubhaft macht und eine höhere Wahrscheinlichkeit für dieses Motiv spricht.
Für die zusätzlichen Arbeitsleistungen, nämlich "Überstunden, durch die die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird", besteht gemäß § 10 Abs 4 AZG nF ein einseitiges Wahlrecht des Arbeitnehmers bzgl der Abgeltung: Der Arbeitnehmer kann selbst bestimmen, ob er eine Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich verlangt. Das Wahlrecht ist "möglichst frühzeitig" auszuüben, "spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes".
Da gerade Überstunden oftmals zeitversetzt abgerechnet werden sowie individuelle Vergütungsvereinbarungen getroffen sein können, wird diese Bestimmung in der Praxis für gewisse Umsetzungsschwierigkeiten sorgen.
Schon bisher regelte § 9 Abs 4 AZG auf Basis der EU-Arbeitszeit-Richtlinie, dass in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden darf. Durch KV kann eine Verlängerung des Zeitraumes auf bis zu 26 bzw 52 Wochen zugelassen werden.
Die praktische Bedeutung war bis dato aufgrund der Höchstarbeitszeitgrenze von maximal 50 Stunden pro Woche sehr gering. Da nunmehr eine Höchstarbeitszeit von 60 Stunden möglich ist, gewinnt die Bestimmung an Bedeutung. Zusätzlich wurde in § 7 Abs 1 AZG nF ein expliziter Verweis auf den 48-Stunden-Schnitt in 17 Wochen aufgenommen.
Zu beachten ist zunächst, dass kollektivvertragliche Verlängerungen des Durchrechnungszeitraumes unberührt bleiben. Dies wurde auch in den Erläuternden Bemerkungen klargestellt.4
Bis dato in der Literatur weitgehend unbeantwortet blieb die Frage der zeitlichen Lagerung des Durchschnittszeitraumes. Schrank präsentiert zunächst einen stets wandernden, nach vorne und zurück verschiebbaren Zeitraum, verweist allerdings dann auf die praktischen Probleme der Arbeitszeiteinteilung. Abschließend präferiert er die Anpassung des Zeitraumes an Arbeitszeiteinteilungen (zB Gleitzeitperioden, NAZ-Durchrechnungszeiträume etc).5 Grillberger sieht wiederum die Notwendigkeit, dass in jedem beliebigen Zeitraum der 48-Stunden-Durchschnitt eingehalten werden müsse.6
Dieser Punkt ist daher offen. ME kann nur die von Schrank aufgezeigte Variante in der Praxis umgesetzt werden, da alle anderen Vorgehensweisen nicht administrierbar wären.
Anmerkung der Red vom 4. 2. 2020: Siehe jedoch den mittlerweile ergangenen Erlass des BMASGK vom 13. 12. 2019, BMASGK 462.302/0007 VII/A/3/2019, zur Durchrechnung der Wochenarbeitszeit, mit dem das BMASGK alle Arbeitsinspektorate angewiesen hat, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit gemäß § 9 Abs 4 AZG verpflichtend rollierend durchzurechnen (siehe ausführlich ARD 6682/11/2020). Die Arbeitsinspektion hat daher fortan die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit rollierend zu prüfen, sodass der 48-Stunden-Schnitt somit in jedem beliebigen 17-Kalenderwochen-Zeitraum eingehalten werden muss.
Eine Überschreitung der allenfalls durch KV auf zB zehn Stunden beschränkten täglichen oder auf zB 55 Stunden beschränkten wöchentlichen Höchstarbeitszeit ist nicht nach § 28 Abs 2 Z 1 AZG strafbar, solange innerhalb der erlaubten Gesamtarbeitsgrenzen des AZG gearbeitet wird.7
Die Strafnorm stellt nur darauf ab, dass "Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit" hinaus eingesetzt werden. Da die Höchstgrenzen der Arbeitszeit gemäß § 9 Abs 1 AZG nF zwölf Stunden täglich bzw 60 Stunden wöchentlich betragen, liegt bei einer Arbeitsleistung innerhalb dieses Rahmens kein strafbarer Verstoß gegen die gesetzliche Regelung vor.
Weiters ist Mosler/Felten zu folgen, wonach öffentlich-rechtliche Regelungen nicht der kollektivvertraglichen Normsetzung gemäß § 2 Abs 2 ArbVG unterliegen.8 Eine allenfalls vom KV geschaffene Regelung zur Höchstarbeitszeit ist daher nicht als Norm zu werten, die eine öffentlich-rechtliche Strafsanktion nach sich ziehen kann.
Die Novelle schafft ausschließlich im Rahmen der gleitenden Arbeitszeit eine Möglichkeit zur Ausdehnung der täglichen bzw wöchentlichen Normalarbeitszeit. Die maximal tägliche Normalarbeitszeit beträgt zwar auch künftig grundsätzlich zehn Stunden, allerdings kann diese auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden, wenn die zwei nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind (siehe Pkt 3.1.1. und 3.1.2.).
Vorauszuschicken ist, dass in den Fällen der gleitenden Arbeitszeit die Ausdehnung der zulässigen Arbeitsleistung auf bis zu zwölf Stunden (Normalarbeitszeit) keines "erhöhten Arbeitsbedarfes" wie bei der Ausdehnung der Höchstarbeitszeit bedarf. Auch ist nochmals zu betonen, dass es sich dabei - bei Berücksichtigung aller Parameter - um zuschlagsfreie Normalarbeitszeit handeln kann.
Die Gleitzeitvereinbarung muss regeln, dass "ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann". Die Intention des Gesetzgebers ist laut den Erläuternden Bemerkungen zum Abänderungsantrag, dass die betroffenen Arbeitnehmer "einen entsprechenden Ausgleich durch längere zusammenhängende Freizeit erhalten".9
Der Gesetzestext sieht jedoch keine Anordnung vor, die Konsumation aller aufgrund einer erhöhten Arbeitsleistung entstandenen Zeitguthaben in Form von ganzen Tagen ermöglichen zu müssen. Die Wortfolge "ein Zeitguthaben" lässt sogar den Schluss nahe, dass bereits die Ermöglichung eines einzelnen ganzen Gleittages in der Gleitzeitperiode dem Gesetzestext entspricht. Die betriebliche Praxis wird hier wohl eine passende Lösung finden müssen.
Die zweite Voraussetzung ist, dass in der Gleitzeitvereinbarung "ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist". Auch mit dieser Vorgabe soll der Intention nach längeren zusammenhängenden Freizeitblöcken Rechnung getragen werden (siehe oben).
Diese Bestimmung verlangt - im Gegensatz zum ganzen Gleitzeittag - keine ausdrückliche Regelung der Möglichkeit einer Inanspruchnahme iZm einer wöchentlichen Ruhezeit. Es darf vielmehr nur nicht in der Gleitzeitvereinbarung ausgeschlossen werden. Eine bestehende bzw künftige Vereinbarung, die überhaupt nichts bzgl dieses Punktes regelt, wäre somit jedenfalls rechtskonform.
Die wöchentliche Normalarbeitszeit bei Gleitzeit war bis dato mit 50 Stunden beschränkt. Dies war jedoch nicht explizit in § 4b AZG geregelt, sondern wurde von der Lehre10 unstrittig aus der Obergrenze des § 9 Abs 1 AZG abgeleitet. Auch weiterhin findet sich keine explizite Bestimmung zur maximalen wöchentlichen Normalarbeitszeit bei Gleitzeit.
Liegen daher künftig die Voraussetzungen für eine tägliche Normalarbeitszeit von zwölf Stunden vor, ergibt sich gemäß § 4b Abs 4 AZG nF iVm § 9 Abs 1 AZG nF eine wöchentliche Normalarbeitszeit von bis zu 60 Stunden.
Gemäß § 32c Abs 10 AZG nF bleiben bestehende Gleitzeitvereinbarungen aufrecht, ebenso werden Regelungen in KV und BV, die für die Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen vorsehen, nicht berührt.
Dies bedeutet einerseits, dass allfällig bereits vorliegende Gleitzeitvereinbarungen auf ihre Kompatibilität mit den Voraussetzungen des § 4b AZG für eine zwölfstündige tägliche Normalarbeitszeit zu prüfen sind. Gibt es dazu widersprechende Regelungen, muss zur Umsetzung der erweiterten Grenzen eine neue Gleitzeitvereinbarung abgeschlossen werden. Dies ist weiters dann notwendig, wenn die Vereinbarung die tägliche Normalarbeitszeit auf zehn Stunden beschränkt. Fehlt etwa nur die Erlaubnis zur Konsumation von ganzen Gleittagen, ist wohl auch ein Zusatz zur bestehenden Gleitzeitvereinbarung ausreichend. Werden die zuvor genannten Punkte nicht abgeändert, bleibt es bei der maximalen Höchstgrenze der Normalarbeitszeit von zehn bzw 50 Stunden.
Andererseits sind auch aus dem KV allfällige Beschränkungen des Ausmaßes der täglichen Normalarbeitszeit zu beachten. Sehr oft finden sich KV-Bestimmungen, wonach die tägliche Normalarbeitszeit bei Gleitzeit zehn Stunden betragen darf.11 In vielen Fällen ist damit das Höchstausmaß der Normalarbeitszeit faktisch limitiert.
In einigen KV wird die Historie der Bestimmung noch zu interpretieren sein. § 4b AZG idF BGBl I 1994/446 ermöglichte die zehnstündige tägliche Normalarbeitszeit nur durch KV-Zulassung. Erst seit der AZG-Novelle 2008 regelte § 4b AZG idF BGBl I 2007/61, dass auch ohne KV-Zulassung jedenfalls eine zehnstündige tägliche Normalarbeitszeit möglich ist. Zu hinterfragen ist somit, ob die KV-Bestimmung bloß der Zulassung einer alten Rechtslage geschuldet und somit vermutlich schon seit 1. 1. 2008 nicht mehr anwendbar ist oder ob die Übernahme der ge-
setzlichen Regelung (ohne Zulassungswirkung) eine tatsächliche Beschränkung auf zehn Stunden tägliche Normalarbeitszeit bewirkt.
Schrank führte dazu im Hinblick auf die AZG-Novelle 2008 aus, dass "bei Altregelungen aus der Zeit vor 2008 im Zweifel davon auszugehen [sei], dass der Kollektivvertrag nur auf den damaligen Gesetzeszustand verwies [...], nicht aber zu unterstellen sei, dass er die großzügigere neue Regelung einschränken wollte. Solche Altregelungen werden daher im Zweifel nicht mehr anwendbar sein."12 Mit dem Verweis auf das Ordnungsprinzip des ArbVG wird eine derartige Auslegung von Klein13 abgelehnt, der "im Zweifel die Kollektivvertragsnorm als zweiseitig zwingend" ansieht und somit jedenfalls eine Deckelung durch KV als gegeben erachtet.
Unstrittig ist jedenfalls, dass eine - wie auch immer auszulegende - Beschränkung der Normalarbeitszeit allenfalls entgeltrechtliche Wirkung haben kann, allerdings nicht zur Strafbarkeit des Arbeitgebers führt, wenn noch innerhalb der erlaubten Gesamtarbeitsgrenzen des AZG gearbeitet werden.14
Das Wesen der gleitenden Arbeitszeit besteht in der Selbstbestimmung des Arbeitnehmers zur "flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit".15 Im vereinbarten Rahmen besteht das grundsätzliche Recht des Arbeitnehmers, "die Einteilung der Normalarbeitszeit unter Beachtung auch der jeweiligen Gleitzeitperiode samt Übertragbarkeitsstunden selbst vornehmen zu können".16
Dabei sind aber betriebliche Erfordernisse (wie etwa die Wahrnehmung von Terminen oder die Mindestbesetzung einer Abteilung) zu berücksichtigen sowie eine allfällige Notwendigkeit der Abstimmung mit Arbeitskollegen.17 Zusätzlich ist es nach der Lehre unstrittig möglich, Kern- oder Blockzeiten, die eine zwingende Anwesenheit des Arbeitnehmers während gewisser Zeiträume oder Tageszeiten bedingen, zu vereinbaren. Ob die Konsumation von Zeitausgleich im Einzelfall einseitig möglich ist, ist daher immer anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Die Konsumation des ganzen Gleittages muss in der Vereinbarung grundsätzlich ermöglicht werden, es kann aber weder von einem Rechtsanspruch auf die Konsumation eines ganzen Gleittages ausgegangen werden noch von der Möglichkeit des einseitigen Antritts eines Gleittages. Eine Bindung der Konsumation von Gleittagen an die Einwilligung des Arbeitgebers ist zulässig.18
Klargestellt wurde im neuen § 4b Abs 5 AZG nF, dass angeordnete Arbeitsleistungen, die über eine tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden hinausgehen, als Überstunden gelten.
Die grundsätzliche Aussage, dass auch innerhalb des Gleitzeitrahmens bei expliziter Anordnung Überstunden anfallen können, wurde schon bis dato von der Lehre so beurteilt. Allerdings ist nochmals auf das oben angeführte Wesen der Gleitzeit, nämlich die Selbstbestimmung des Arbeitnehmers, einzugehen. Der Arbeitnehmer teilt sich den Zeitpunkt der Arbeitsleistung innerhalb gewisser Grenzen selbst ein. Selbst wenn zB eine Arbeit bis zu einem vorgegebenen Termin finalisiert werden muss, obliegt es dem Arbeitnehmer, dies durch ein längeres Tätigwerden am Tag 1 oder einen früheren Beginn am Tag 2 zu bewerkstelligen. Üblicherweise wird daher in einer gleitenden Arbeitszeit keine Überstunde anfallen.
BGBl I 2018/53, ausgegeben am 14. 8. 2018, siehe ARD 6611/4/2018.
Vergleichbar zB mit dem Motivkündigungsschutz bei gewissen Formen der Elternteilzeit gemäß § 15n Abs 2 MSchG.
Wolligger in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) § 105 ArbVG Rz 250.
Schrank, AZG4 § 9 AZG Rz 12.
Grillberger, AZG-Kommentar3 § 9 AZG Rz 8.
Schrank, AZG4 § 4b AZG Rz 106; so auch (bzgl einer kollektivvertraglichen Einschränkung des Ausmaßes der Rufbereitschaften) Graf-Schimek, Rufbereitschaft nach dem IT-Kollektivvertrag, ASoK 2017, 322.
Mosler/Felten in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht (2015) § 2 ArbVG Rz 54.
Abänderungsantrag zu IA 303/A vom 14. 6. 2018 (26. GP) zu B.
Bspw Schrank, Arbeitszeit Kommentar4 (2017) § 4b AZG Rz 104.
Bspw § 4 Abs 4 SWÖ-KV: "Bei gleitender Arbeitszeit kann die tägliche Normalarbeitszeit auf zehn Stunden, die wöchentliche Normalarbeitszeit auf 50 Stunden ausgedehnt werden."
Schrank, AZG4 § 4b AZG Rz 106.
Klein in Heilegger/Klein, Arbeitszeitgesetz4 §§ 3 bis 4c Rz 51.
Schrank, AZG4 § 4b AZG Rz 106.
Klein in Heilegger/Klein, Arbeitszeitgesetz4 §§ 3 bis 4c Rz 50.
Schrank, AZG4 § 4b AZG Rz 4.
Pfeil in ZellKomm3 §§ 3 bis 4c AZG Rz 44.
Schrank, AZG4 § 4b AZG Rz 21.