Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im Binnenmarkt (Richtlinie UGP)2 könnte auch Auswirkungen auf das Zugaberecht haben. Derzeit liegen dem EuGH mehrere Vorabentscheidungsersuchen vor.
In der österreichischen Literatur ist man bislang davon ausgegangen, dass die Richtlinie UGP nur die Bereiche der §§ 1 und 2 UWG erfasst, alle anderen Bestimmungen des UWG - insb auch das Zugabeverbot - aber unberührt bleiben. Dies könnte sich nun insofern ändern, als die Generalanwältin Trstenjak in ihren Schlussanträgen zu zwei belgischen Vorabentscheidungsersuchen,3 in denen es um das belgische Koppelungsverbot geht, zu dem Schluss kommt, dass dieser Regelung sowohl die Richtlinie UGP als auch die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (Art 49 EG) entgegenstehen. Das belgische Koppelungsverbot4 sieht vor, dass - von taxativ aufgezählten Ausnahmen abgesehen - Verbrauchern keine Koppelungsgeschäfte angeboten werden dürfen, wobei ein Koppelungsgeschäft gegeben ist, wenn der entgeltliche oder kostenlose Erwerb von Waren, Dienstleistungen, sonstigen Vorteilen oder von Scheinen, die zu ihrem Erwerb berechtigten, an den Erwerb sonstiger, selbst identischer Waren oder Dienstleistungen gebunden ist. Insofern geht das belgische Koppelungsverbot über das österreichische Zugabeverbot des § 9a UWG hinaus, weil eine Zugabe nur bei Unentgeltlichkeit vorliegt, entgeltliche Koppelungsgeschäfte werden aber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen5 - zumindest bislang - über § 1 UWG als sogenannte Vorspannangebote erfasst. Die belgische Regierung brachte vor, dass Koppelungsangebote vom Kommissionsvorschlag für eine Verordnung über Verkaufsförderung im Binnenmarkt6 erfasst gewesen wären und aus der Rücknahme dieses Vorschlags nun nicht der Schluss gezogen werden könne, dass dieser Bereich nunmehr vom sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie UGP abgedeckt werde. Dem tritt die Generalanwältin mit dem Argument entgegen, dass sich die belgische Regierung "nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen"7 könne, da es sich hiebei nur um einen Vorschlag gehandelt habe, der nie in Kraft getreten ist. Vielmehr hätte die belgische Regierung spätestens zum Zeitpunkt der Rücknahme des Kommissionsvorschlags prüfen müssen, "inwiefern der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29 sich auch auf bisher von der geplanten Verordnung abgedeckte Bereiche erstrecken würde". Die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens hätte nahegelegen, da die Richtlinie UGP ihrem ursprünglichen Konzept zufolge dazu bestimmt war, zum einen allgemeine, subsidiäre Regelungen im Bereich des Verbraucherschutzrechts der Gemeinschaft einzuführen, und zum anderen eine Vollharmonisierung der mitgliedstaatlichen Regeln über unlautere Geschäftspraktiken zu erreichen.8 Der belgische Gesetzgeber hätte sein nationales Recht fristgemäß anpassen müssen. Diese Ausführungen der Generalanwältin haben Wiltschek in der jüngsten Ausgabe der ÖBl zu der Frage veranlasst, wozu Kommission und Europäisches Parlament noch notwendig sind. "Wenn diese es nicht schaffen, eine gemeinschaftsweit gültige Vorschrift durchzusetzen, dann kann doch einfach der EuGH einspringen."9
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