Wirtschaftsrecht

Hinweispflicht des Handels bei Auslaufmodellen?

Christian Nowotny

Eine neue Entscheidung des BGH bejaht für bestimmte Produktgruppen eine Hinweispflicht des Handels bei Auslaufmodellen. Der Beitrag untersucht die österreichische Judikatur zu diesem Problemkreis.

Muss ein Elektrogerätehändler beim Verkauf einer voll funktionsfähigen Ware den Kunden darauf hinweisen, dass es sich um ein Auslaufmodell handelt? Nach einer Entscheidung des BGH ist dies keineswegs generell zu verneinen, sondern es müsse nach Warengruppen differenziert werden: „Während bei einzelnen Gegenständen, etwa bei Kraftfahrzeugen oder Computern, ein solcher Hinweis aus der Sicht des Verkehrs grundsätzlich unerlässlich erscheint, gibt es eine Fülle von Gegenständen, bei denen sich der Verkehr keine besonderen Gedanken darüber macht, ob die angebotene Ware vom Hersteller auch heute noch in dieser Form hergestellt und vertrieben wird. ... Bei Videorecordern und Autoradios handelt es sich um Geräte, bei denen der Verkehr zwar nicht (mehr) mit einem rasanten technischen Fortschritt, jedoch zumindest auf längere Sicht mit weiteren technischen Verbesserungen rechnet und daher tendenziell das neuere gegenüber dem älteren Gerät bevorzugt. Hinzu kommt, dass für derartige Geräte im Allgemeinen mehrere hundert Mark aufgewendet werden müssen und es sich für den jeweiligen privaten Endabnehmer um eine Kaufentscheidung handelt, die der Deckung eines nicht alltäglichen Bedarfs dient und die er in der Regel nicht spontan, sondern nach einiger Überlegung trifft, nachdem er sich über das zu erwerbende Produkt informiert hat.“ (BGH 3. 12. 1998 - I ZR 63/96, DB 1999, 1493.) Von einem neuen Modell könne im Übrigen, so der BGH, nur gesprochen werden, wenn der Modellwechsel für den Verbraucher - durch eine neue Bezeichnung oder auf andere Weise - erkennbar wird. Nehme hingegen der Hersteller technische Veränderungen vor, ohne dies durch einen Modellwechsel deutlich zu machen, gebe es keine an den Modellwechsel geknüpften Erwartungen des Verkehrs. Weiters sei die Hinweispflicht nicht gegeben, soweit der Händler Modelle anbietet, die er noch vor dem Modellwechsel als aktuelle Geräte bestellt hat und die er noch vor Erscheinen des Nachfolgemodells im Handel anbietet oder - falls es ein Nachfolgemodell nicht gibt - im Rahmen des üblichen Warenumschlages absetzt. Sind aber diese Ausnahmen nicht gegeben, so verstößt die unterlassene Aufklärung gegen § 3 dUWG (entspricht § 2 UWG).

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Artikel-Nr.
RdW 1999, 569

15.09.1999
Heft 9/1999
Autor/in
Christian Nowotny

em. o. Univ.-Prof. Dr. Christian Nowotny ist Professor am Institut für Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien; Mitglied des Fachsenats für Handelsrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und Mitglied des Prüfungsausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.