Mit seinem Buch "Der Aufsichtsratsvorsitzende", dem die Dissertation des Autors zugrunde liegt und das auf die Aktiengesellschaft zugeschnitten ist, bereichert Alexander Leonhartsberger die juristische Literatur in mehrfacher Hinsicht.
Zum einen befasst sich das Werk dem Titel entsprechend mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden als solchem, und zwar nicht nur mit dessen Stellung im Organ "Aufsichtsrat" (Kapitel 1.), sondern auch mit dessen Verhältnis zum Vorstand (Kapitel 2.) und zu den Aktionären der Gesellschaft (Kapitel 3.) sowie mit der Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden bei deren Vertretung (Kapital 4.). Daraus leitet Alexander Leonhartsberger in der Folge plakativ ab, welche Kenntnisse, Erfahrungen und sonstige Eigenschaften, insb Social Skills, dh welche Qualifikation eine ordnungsgemäße Erfüllung der Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden regelmäßig voraussetzt (Kapitel 6.). Schon mit diesem Zugang genießt "Der Aufsichtsratsvorsitzende" ein Alleinstellungsmerkmal. Zwar haben sich Leo W. Chini und Elisabeth Reiner in Kalss/Kunz, Handbuch Aufsichtsrat2 (2016) Rz 27, 879 ff, ebenfalls dem "Aufsichtsratsvorsitz" gewidmet, das vorliegende Buch behandelt das Thema jedoch naturgemäß in anderer Tiefe und Breite, so etwa, wenn die "Scharnierfunktion" des Aufsichtsratsvorsitzenden im Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat im Bereich der Informationsaufnahme und der dem Aufsichtsratsvorsitzenden zukommenden "Filterfunktion" dargestellt wird. Ein anderes Beispiel für die Dichte des Werks bildet das brisante Thema des Interessenkonflikts im Aufsichtsrat und die daraus für den Aufsichtsratsvorsitzenden und das einzelne Aufsichtsratsmitglied resultierenden Folgen bis hin zur umstrittenen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Aufsichtsratsmitglied von Informationen und der Teilnahme an einem Tagesordnungspunkt oder gar der gesamten Aufsichtsratssitzung ausgeschlossen werden kann und wer für einen solchen Ausschluss zuständig ist. Zu erwähnen ist ferner die Darstellung des gesamten Informationsregimes im Aufsichtsrat, dh insb der Berichte, die der Vorstand der Gesellschaft dem Aufsichtsrat aus wichtigem Anlass oder als Vorlagebericht, sei es regelmäßig oder auf Anfrage, zu erstatten hat; dabei wird auch auf das Berichtswesen Ausschüssen gegenüber eingegangen. Schließlich widmet sich Alexander Leonhartsberger breit der Frage, unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Themen und in welcher Tiefe der Aufsichtsratsvorsitzende mit Aktionären der Gesellschaft in einen Dialog eintreten darf. Mitberücksichtigt werden hier vor allem der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Frage, wann ein Abweichen vom Gleichbehandlungsgrundsatz sachlich gerechtfertigt ist. Die Thesen des Autors, der je nach Größe und Struktur der Gesellschaft eine Sonderbehandlung von Aktionären im Kommunikationsbereich schon bei sehr niedrigen Beteiligungsschwellenwerten von 1 % bzw 0,5 % für ausreichend hält, "um eine sachliche Rechtfertigung für eine informationelle Ungleichbehandlung annehmen zu können", werden gewiss noch für Diskussion in der Lehre sorgen. Ungeachtet dessen ist es verdienstvoll, dass der Autor hier mit klar begründeter Meinung "ausgespielt" hat und so deutlich macht, dass er sich dieser Diskussion stellt. Wertvoll sind weiters die praktischen Ausführungen zum Aufsichtsratsbüro und der Hinweis darauf, dass die pflichtgemäße Wahrnehmung der Aufsichtsratsfunktionen Personal- und Sachressourcen voraussetzt und dass es zumindest zweckmäßig, wenn nicht sogar geboten ist, das Aufsichtsratsbüro vom Vorstandssekretariat personell, vielleicht sogar räumlich zu trennen (Kapitel 5.). Abgerundet wird all dies durch die Befassung mit der Frage, ob und in welchem Umfang der Aufsichtsrat über ein eigenes Budget verfügen sollte.
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