Wirtschaftsrecht

Nochmals: Warnpflichten bei unwirksamer Kündigung des Versicherungsnehmers

Martin Schauer

1. Bereits seit mehreren Jahrzehnten judiziert der OGH1), daß ein Versicherer verpflichtet sei, unwirksame Kündigungen des Versicherungsnehmers zurückzuweisen. Auf den Grund der Unwirksamkeit kommt es dabei nicht an: Es kann sich um eine verspätete2), verfrühte3) oder formwidrige4) Kündigung, um die von der „falschen“ Person - also nicht vom Versicherungsnehmer - erklärte Kündigung5) oder um eine außerordentliche Kündigung handeln, bei der es am wichtigen Grund fehlt6). Die Rechtsgrundlage der Zurückweisungspflicht leitet der OGH zum einen aus Treu und Glauben her7): Beim Versicherungsvertrag habe der Versicherungsnehmer ein besonderes Interesse an Klarheit über die Wirksamkeit seiner Auflösungserklärung. Die Folge einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zurückweisung sei es, daß der Versicherer sich nicht mehr auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen könne; mit anderen Worten: Die Kündigung wird so wirksam, wie dies dem Willen des Versicherungsnehmers entspricht. Zum Teil argumentiert das Höchstgericht auch mit einer rechtsgeschäftlichen Konstruktion der Vertragsauflösung: Die nicht rechtzeitige Zurückweisung der unwirksamen Kündigung sei als Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung und als Verzicht auf die Geltendmachung der aus der Unwirksamkeit abzuleitenden Rechtsfolgen anzusehen8). Nicht recht klar wird dabei aber, wie sich die Vertragsauflösung qua Rechtsgeschäft zu der auf Treu und Glauben gestützten Begründung verhält.

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Artikel-Nr.
RdW 1995, 92

01.03.1995
Heft 3/1995
Autor/in
Martin Schauer

Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer forscht und lehrt am Institut für Zivilrecht der Universität Wien. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Privatwirtschaftsrecht, Vertragsrecht, Versicherungsvertragsrecht, Erb- und Stiftungsrecht, Erwachsenenschutzrecht.