Arbeitsrecht

„Pflegeurlaub“ gem § 16 Abs 3 UrlG: Recht oder Pflicht? Entscheidungsbesprechung zu 8 Ob A 201/95

Monika Drs

Durch das Arbeitsrechtliche Begleitgesetz - ArbBG2) (§ 16 Abs 3 UrlG) wurde den Arbeitnehmern (AN) eine weitere Möglichkeit3) des einseitigen Urlaubsantrittes - wegen der notwendigen Pflege des erkrankten Kindes (bis zum 12. Lebensjahr) - eröffnet. Mit diesem Problem hat sich der OGH nun erstmals im Erkenntnis 8 Ob A 201/95 auseinandergesetzt. Im Anlaßfall blieb eine AN bei ihrer aufgrund eines Unfalls pflegebedürftigen 5jährigen Tochter zu Hause. Der Arbeitgeber (AG) gewährte der AN 2 Wochen Pflegefreistellung und sprach unmittelbar im Anschluß an diese 2. Woche (am 22. 4. 1993) die Entlassung aus, obwohl die AN auf ihre Dienstverhinderung und auf § 8 Abs 3 AngG hingewiesen hatte. Das Erstgericht hielt die Entlassung für nicht gerechtfertigt, da die AN berechtigterweise einen Freistellungsanspruch nach § 16 UrlG und den restlichen Freistellungsanspruch nach § 8 Abs 3 AngG im Ausmaß von drei Wochen4) verbraucht habe. Das Berufungsgericht hielt eine über die 2. Woche hinausgehende Dienstfreistellung für nicht berechtigt, sodaß ab dem 22. 4. 1993 kein rechtmäßiger Dienstverhinderungsgrund iSd § 27 Z 4 AngG bestanden habe und somit die Entlassung zu Recht erfolgte. Der OGH hingegen verneinte die Berechtigung der Entlassung, stützte sich hiezu aber auf den durch das ArbBG eingeführten § 16 Abs 3 UrlG. Er ging von der Annahme aus, daß sich die AN irrtümlicherweise auf den falschen Paragraphen gestützt habe (statt auf § 16 Abs 3 UrlG auf § 8 Abs 3 AngG) und bejahte den rechtmäßigen Hinderungsgrund gem § 16 Abs 3 UrlG.

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Artikel-Nr.
RdW 1995, 428

01.11.1995
Heft 11/1995
Autor/in
Monika Drs

Mag. Dr. Monika Drs ist ao. Universitätsprofessorin am Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Sie beschäftigt sich in ihren Publikationen und Vorträgen ua auch immer wieder mit Fragen des Betriebspensionsrechts.

Publikationen (Auswahl):

Kommentierung diverser Paragraphen im „Zellern Kommentar zum Arbeitsrecht“2 (2011); „Allgemeiner Kündigungs- und Entlassungsschutz, Neuerungen durch die kleine ArbVG-Novelle BGBl I 2010/101“, in Resch, „Kündigungs- und Entlassungsschutz: Aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung“ (2012) 15 ff; „Arbeitsrechtliche Instrumentarien zur Beschäftigungssicherung“, in Resch, „Beschäftigungssicherung in der Wirtschaftskrise“ (2009) 17; Arbeits- und Sozialrecht, Lernen – Üben – Wissen (2009); Betriebspensionsrecht (Hrsg und Mitautorin, 2008).