Wirtschaftsrecht

Vorsorge gegen freie Rechtsfindung durch Schiedsgerichte

Martin Karollus

Bei der Abfassung internationaler Verträge sollte man sich von vornherein darüber im klaren sein, welche Rechtsordnung auf den Vertrag zur Anwendung kommen wird, und den Vertrag auf diese Rechtsordnung abstimmen. Hat man nun allerdings auch eine Schiedsklausel vereinbart, um damit in den Genuß der Vorzüge der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit zu gelangen, so könnte dies im Streitfall zu unliebsamen Überraschungen führen: Schon mehrfach wurden Parteien eines Schiedsverfahrens unversehens mit der Auffassung konfrontiert, auf den Vertrag passe gar kein bestimmtes nationales Recht, sondern es sei vielmehr nach den anerkannten Grundsätzen des internationalen Handels („lex mercatoria“) zu entscheiden. Überraschende Auslegungsergebnisse, die alle Überlegungen zum Zusammenspiel von Vertragswerk und erwarteter Rechtsordnung hinfällig werden lassen, sind damit vorprogrammiert. Dies umso mehr, als die „lex mercatoria“ - ein „Weltrecht fraglicher Geltung“1) - in ihrem Kern nicht kodifiziert ist und wohl wenig mehr an gesichertem Bestand aufweist denn Gemeinplätze wie “good faith" oder “pacta sunt servanda" (die noch dazu gerade gegenläufig sind, wenn es etwa um Veränderungen der Geschäftsgrundlage geht)2). Der Schiedsrichter hat damit aber in den entscheidenden Detailfragen wohl nicht weniger Gestaltungsfreiheit, als wenn er von vornherein nach „Billigkeit“ zu entscheiden hat3).

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Artikel-Nr.
RdW 1992, 331

01.10.1992
Heft 10/1992
Autor/in
Martin Karollus

o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Martin Karollus ist stellvertretender Vorstand des Instituts für Unternehmensrecht an der Johannes Kepler Universität Linz. Er ist Autor von über 250 Publikationen, vor allem zum Zivilrecht, Unternehmensrecht und Gesellschaftsrecht.

Publikationen:
Kommentierung des EKEG, in: Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht Kommentar. Erster Zusatzband, 2009; Kommentierung zu den unionsrechtlichen Vorgaben für das Aktienrecht, zu § 1, zu § 47a, zu § 48, zu §§ 65–66a AktG, zu § 254 AktG, zu §§ 259-273 AktG, in Artmann/Karollus, Kommentar zum Aktiengesetz, 6. Aufl (ab 2018); Kommentierung zu §§ 38–40 UGB, in Artmann, Kommentar zum UGB, 3. Aufl (2019); Beitrag zu Gesellschaftsformen für Ärzte und Zahnärzte, in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl (2020).