Die österreichischen Gerichte sind mit einer großen Zahl von Verfahren als Folge der verschiedenen "Affären" der letzten Jahre im Zusammenhang mit Kapitalanlagen befasst. Die dabei auftretenden Rechtsprobleme haben freilich in aller Regel mit Kapitalmarktrecht wenig zu tun. Sie führen unmittelbar in Grundfragen des Vertragsrechts und der Rechtsgeschäftslehre hinein. Im Vordergrund stand bisher die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anleger den Vertrag über den Erwerb der Kapitalanlage wegen eines Willensmangels anfechten kann;1 ferner die schadenersatzrechtliche Haftung2 des Veräußerers3 und des Anlageberaters4 sowie die Gewährleistung5. In einer Fallgruppe, in der eine Bank eine bestimmte Kapitalanlage als Aktien beworben, tatsächlich aber die Aktien vertretende Zertifikate geliefert hatte, wurde kürzlich ein neuer Topos in die Diskussion eingeführt. Wilhelm erwähnte jüngst im ecolex-Editorial, er "getrau[e] sich im Moment nicht endgültig zu entscheiden, ob Z. [sc: das Zertifikat, Anm] nicht überhaupt ein aliud sei".6 Als weniger zurückhaltend zeigte sich das HG Wien in einer aktuellen Entscheidung7, in der es dezidiert aussprach, dass die Zertifikate ein Aliud zur Aktie darstellen. Die Folgen dieser Ansicht sind weitreichend: Handelt es sich bei den Zertifikaten tatsächlich um eine Andersleistung, so könnte die sich hieraus ergebende Leistungsstörung - Verzug oder Unmöglichkeit - von den Käufern der Papiere womöglich ohne besondere (Verjährungs-)Frist geltend gemacht werden.8 Im vorliegenden Beitrag9 soll untersucht werden, ob der Ansicht des HG Wien zu folgen ist.
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