News

Abänderungsantrag zum COVID-19-StMG (Änderungen im Ertragsteuerrecht und der BAO)

Bearbeiter: Pavel Knesl

EStG: §§ 6 und 7

KStG: § 12a

BAO: §323e

Abstract

Am 10. Dezember 2020 haben die Abgeordneten Kopf und Schwarz einen Abänderungsantrag zu ihrem Antrag 1109/A (COVID-19-StMG) im Nationalrat eingebracht. Der Abänderungsantrag wurde angenommen und das COVID-19-StMG wurde in der geänderten Fassung am selben Tag im Nationalrat beschlossen. Im Bundesrat wird das Gesetz am 17. Dezember 2020 verhandelt. Aus ertragsteuerlicher Sicht sind insbesondere die künftig zulässige Bildung von pauschalen Wertberichtigungen zu Forderungen, die Bildung von sonstigen pauschalen Rückstellungen sowie eine Ausnahme vom Zinsabzugsverbot bei Finanzierung von öffentlichen Infrastrukturprojekten zu nennen. In der Umsatzsteuer1 wurden mit dem Abänderungsantrag Übergangsbestimmungen iZm Brexit geschaffen und in die BAO wurde ein COVID-19-Ratenzahlungsmodell für gestundete Abgabenschuldigkeiten eingeführt.

Ertragsteuerliche Änderungen

Als Reaktion auf die COVID-19-Krise, in der die Thematik der Forderungswertberichtigung an Bedeutung gewonnen hat, wird das generelle Verbot der Bildung von pauschalen Wertberichtigungen gem § 6 Z 2 lit a EStG idF vor COVID-19-StMG abgeschafft. Im Unternehmensrecht war die Bildung von pauschalen Wertberichtigungen bereits jetzt möglich. In Wirtschaftsjahren, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen, dürfen auch steuerlich pauschale Wertberichtigungen von Forderungen gebildet werden. Die ertragsteuerliche Bildung erfolgt entsprechend den unternehmensrechtlichen Bestimmungen, damit wird ein Schritt zu der angestrebten Vereinheitlichung von Unternehmens- und Steuerrecht bei Gewinnermittlung gem § 5 Abs 1 EStG (Stichwort: Einheitsbilanz) getan. Die Ermittlung des Wertes der pauschalen Wertberichtigung ist in § 201 Abs 2 Z 7 UGB wie folgt normiert: „Ist die Bestimmung eines Wertes nur auf Basis von Schätzungen möglich, so müssen diese auf einer umsichtigen Beurteilung beruhen. Liegen statistisch ermittelbare Erfahrungswerte aus gleich gelagerten Sachverhalten vor, so sind diese zu berücksichtigen.“ Diese Vorgehensweise gilt aufgrund des Verweises in § 6 Z 2 lit a EStG idF COVID-19-StMG auf § 201 Abs 2 Z 7 UGB nun auch für das Steuerrecht.

Gem der Übergangsregelung in § 124b Z 372 lit c EStG idF COVID-19-StMG ist auch eine Nachholung der pauschalen Forderungswertberichtigung für diese „Forderungsaltbestände" möglich, diese ist jedoch über fünf Jahre verteilt (stufenweise Nachholung) vorzunehmen. Durch die Neuregelung wird für Unternehmen eine umfassende Möglichkeit geschaffen, für den krisenbedingt zu erwartenden erhöhten Wertberichtigungsbedarf auch steuerwirksam vorsorgen zu können.

Neben der Bildung von pauschalen Wertberichtigungen von Forderungen wird gem § 9 Abs 1 Z 3 EStG künftig die Bildung von pauschalen Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten, wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen, zulässig sein. Ebenfalls knüpft hier die steuerliche Bildung an die unternehmensrechtlichen Voraussetzungen gem § 201 Abs 2 Z 7 UGB an, dh auch hier kommt es zur Angleichung des Unternehmens- und Steuerrechts. Die Bildung von pauschalen Rückstellungen (wie schon oben zu pauschaler Wertberichtigung erläutert) hat basierend auf einer umsichtigen Beurteilung zu erfolgen; im Abänderungsantrag wird dazu erläutert: „liegen bei einem Unternehmen statistisch ermittelbare Erfahrungswerte der Vergangenheit aus gleich gelagerten Sachverhalten (zB bezogen auf bestimmte Produktkategorien) vor, sind diese bei der pauschalen Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten heranzuziehen. Die gebündelte Berücksichtigung einer Vielzahl einzelner, aber gleichartiger Einzelrisiken – wie sie insbesondere bei der Herstellung von Massenprodukten eine Rolle spielt – soll dadurch künftig auch steuerlich ermöglicht werden.“ Die Bestimmung des neuen § 9 Abs 3 EStG idF COVID-19-StMG ist erstmalig auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen, anwendbar. § 124b Z 372 lit b und c EStG enthält eine Bestimmung zur Nachholung von pauschalen Rückstellungen, für deren Bildung der Anlass vor dem 31. Dezember 2020 gelegen ist. Die Nachholung ist über fünf Jahre verteilt durchzuführen.

Im Bereich der Körperschaftsteuer wird mit dem neuen Abs 9 im § 12a KStG idF COVID-19-StMG (Zinsschranke; siehe Rechtsnews 29985 vom 24. 11. 2020) das im Art 4 Abs 4 lit b ATAD den Mitgliedstaaten eingeräumte Wahlrecht umgesetzt, Zinsen aus Finanzierung von langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekten aus dem Anwendungsbereich der Bestimmungen der Zinsschranke auszunehmen. Zinsen die aus Darlehen stammen, die nachweislich und ausschließlich zur Finanzierung von langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekten innerhalb der Europäischen Union von allgemeinem öffentlichen Interesse verwendet werden, bleiben bei Ermittlung des Zinsüberhangs gem § 12a Abs 3 KStG idF COVID-19-StMG außer Ansatz, dh Zinsaufwendungen aus diesen Projekten unterliegen nicht der Abzugsbeschränkung des § 12a KStG idF COVID-19-StMG und sind unabhängig von ihrer Höhe zur Gänze abzugsfähig. Analog zu dieser Ausnahme bleiben auch die aus diesen Projekten stammenden Einkünfte bei Ermittlung des steuerlichen EBITDA gem § 12a Abs 4 KStG idF COVID-19-StMG außer Ansatz. Ausgenommen von dieser Befreiung sind allerdings Zinsen aus Darlehen zur Finanzierung von Atomkraftwerken und klimaschädlichen Infrastrukturprojekten. Der Bundesminister für Finanzen wird zwecks Konkretisierung der Voraussetzungen ermächtigt, im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dies in einer Verordnung festzulegen.

Änderungen der BAO

Seit dem Ausbruch der COVID-19-Krise war es zwecks Verbesserung der Liquidität der Unternehmer möglich, die nach dem 15. März 2020 fällig gewordenen Abgaben stunden zu lassen. Diese Maßnahme hat jedoch zur Aufstauung von erheblichen Abgabenbeträgen geführt, deren Abbau unter den regulären Vorgaben des § 212 BAO nicht oder nur mit unzumutbaren Auswirkungen möglich wäre. Aus diesem Grund ist für die bis 31. März 2021 aufgelaufenen Abgabenschuldigkeiten in § 323e BAO (COVID-19-Ratenzahlungsmodell) ein Sonderregime vorgesehen, das aus zwei Phasen besteht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das neue COVID-19-Ratenzahlungsmodell konkurrierend zu den Bestimmungen des § 212 BAO steht, dh bei Inanspruchnahme des Ratenzahlungskonzepts gem § 323e BAO kann eine Ratenzahlung gem § 212 BAO nicht in Anspruch genommen werden. Der Ratenzahlungszeitraum darf insgesamt längstens sechsunddreißig Monate dauern und die Zinsen betragen zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr.

In der ersten Phase kann die Ratenzahlung für Abgabenschuldigkeiten beantragt werden, die überwiegend zwischen dem 15. März 2020 und dem 31. März 2021 fällig geworden sind, einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen-oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind. Mit der Formulierung „überwiegend“ soll zu Ausdruck gebracht werden, dass der Rückstand im Ausmaß von mehr als 50 % aus Rückständen aus dem Zeitraum nach dem 15. März 2020 bestehen muss. Der Antrag kann ab dem 4. März 2021 bis 31. März 2021 eingebracht werden; der Ratenzahlungszeitraum endet am 30. Juni 2022 und umfasst fünfzehn Monate (ab April 2021). Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung noch nach der Anfechtungsordnung angefochten werden.

Hat der Abgabenpflichtige in dem ersten Ratenzahlungszeitraum die Abgabenschuldigkeiten nicht vollständig aber zumindest im Ausmaß von 40 % entrichtet und ist kein Terminverlust eingetreten, kann er für die verbleibenden Abgabenschuldigkeiten eine Ratenzahlung in der Phase 2 beantragen. Für Ratenzahlungen in der Phase 2 ist der Antrag vor 31. Mai 2022 einzubringen und der Ratenzahlungszeitraum beträgt längstens einundzwanzig Monate. Bei Antragstellung in der Phase 2 hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, dass er den aus der Phase 1 verbliebenen Abgabenrückstand zusätzlich zu den laufend zu entrichtenden Abgaben innerhalb des beantragten Ratenzahlungszeitraumes der Phase 2 entrichten kann. Hinsichtlich der Form der Glaubhaftmachung enthält § 323e Abs 4 BAO eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Finanzen. In beiden Phasen kann der Abgabenpflichtige jeweils einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

1

Auf die Änderungen in der Umsatzsteuer wird in diesem Beitrag nicht näher eingegangen.


Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30107 vom 16.12.2020