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Abänderungsbefugnis einer verbindlichen Zolltarifauskunft durch das BFG

Bearbeiter: Eric Coenen

VO (EU) 952/2013 (Unionszollkodex idF UZK): Art 22 Abs 4, Art 33 Abs 3, Art 34 Abs 6

BAO: § 279

Abstract

Das BFG hatte in der vorliegenden Entscheidung zu beurteilen, ob die im Rahmen einer verbindlichen Zolltarifauskunft vorgenommene zolltarifliche Einreihung einer Ware in die Kombinierte Nomenklatur durch das Zollamt zutreffend war. Die Einreihung hat anhand der objektiven Merkmale und der Eigenschaften der Ware zu erfolgen. Nach Ansicht des BFG war die vorgenommene Einreihung durch das Zollamt falsch, weshalb es eine Abänderung der verbindlichen Zolltarifauskunft vorgenommen hat. Dieser Abänderungsbefugnis steht Art 34 Abs 6 UZK auch nicht entgegen, wonach verbindliche Zolltarifauskünfte nicht abgeändert werden können, weil diese Bestimmung nur für rechtskräftige Auskünfte gilt.

BFG 28. 1. 2025, RV/7200064/2023

Sachverhalt

Das Zollamt hat auf Antrag der Beschwerdeführerin (Bf) eine verbindliche Zolltarifauskunft iSd Art 33 UZK erteilt, mit der die Ware in die Position 7307 1990 00 eingereiht worden ist. Die Bf hingegen begehrte in der Beschwerde die Einreihung in die Warennummer 8481 9000 der Kombinierten Nomenklatur. Die Ware war aus Stahlguss mit einer runden Öffnung, die nach spezifischen Vorgaben konstruiert und gefertigt wird. Diese wird sodann an einem Gehäuseteil angebracht, die wiederum gemeinsam einen integralen Bestandteil einer Armatur bilden. Das BFG hatte daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu prüfen, in welche Nomenklatur die Ware einzureihen war.

Entscheidung des BFG

Nach der stRsp des EuGH ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Position der Kombinierten Nomenklatur und den Erläuterungen zum harmonisierten System festgelegt sind. Die Position 7307 erfasst „Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke (z. B. Bogen, Muffen), aus Eisen oder Stahl“. Die Position 8481 hingegen erfasst „Armaturen und ähnliche Apparate für Rohr- oder Schlauchleitungen, Dampfkessel, Sammelbehälter, Wannen oder ähnliche Behälter, einschließlich Druckminderventile und thermostatisch gesteuerte Ventile“. Die Erläuterungen zu Position 8481 sehen vor, dass Armaturen den Durch-, Zu- oder Abfluss von strömenden Medien regeln. Dieser Verwendungszweck kann nach der Rsp des EuGH ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er sich aus der Natur des Erzeugnisses ergibt (EuGH 12. 12. 2013, C-450/12, HARK). Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat das BFG den Schluss gezogen, dass sämtliche Teile für das Funktionieren der Armatur unabdingbar sind. Insofern handelt es sich bei den einzelnen Teilen um Waren, die ausschließlich der Armatur dienen. Daher sind die Waren nach Ansicht des BFG entgegen der verbindlichen Zolltarifauskunft in die Warennummer 8481 zu tarifieren. Die vorliegenden Waren fallen auch deshalb nicht unter die Warennummer 7307, weil sie nicht dazu bestimmt sind, Rohre oder Rohrstücke miteinander zu verbinden. Vielmehr dienen sie dem Abschließen der im Gehäuseteil verbauten Kugel, um sie an ein Dichtelement zu pressen.

Darüber hinaus führt das BFG aus, dass die Bestimmung des Art 34 Abs 6 UZK, wonach verbindliche Zolltarifauskünfte nicht abgeändert werden können, keine Anwendung findet. Die Bindungswirkung von drei Jahren tritt nämlich erst dann ein, wenn nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde gegen die Auskunft erhoben wird. Insofern binden nur rechtskräftige verbindliche Zolltarifauskünfte die Zollbehörde und den Antragsteller für drei Jahre. Wird jedoch innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde erhoben, so ist das BFG berechtigt, die erteilte verbindliche Zolltarifauskunft aufzuheben oder abzuändern.

Conclusio

Interessant ist im vorliegenden Fall die Frage der Abänderungsbefugnis von verbindlichen Zolltarifauskünften durch das BFG im Rechtsmittelverfahren. Im Ergebnis ist dem BFG jedenfalls zuzustimmen, dass es bei fristgerecht erhobener Beschwerde auch berechtigt sein muss, die verbindliche Zolltarifauskunft in jede Richtung iSd § 279 BAO abändern zu können. Andernfalls würde die Rechtsschutzmöglichkeit gegen solche verbindlichen Zolltarifauskünfte untergraben, weil die Auskunft in weiterer Folge den Antragssteller und das Zollamt für drei Jahre bindet. Würde das BFG keine Abänderungsbefugnis besitzen, wäre der Antragsteller daher zwingend an die Auskunft gebunden und müsste entsprechend tarifieren, ohne dagegen vorgehen zu können.

Fraglich ist aber, ob die Bindungswirkung einer solchen verbindlichen Zolltarifauskunft tatsächlich erst mit deren Rechtskraft eintritt und somit erst ab diesem Zeitpunkt drei Jahre lang gültig ist. Der UZK scheint nämlich ein anderes Verständnis von der „Gültigkeit“ einer solchen Auskunft zu haben: Nach Art 33 Abs 3 UZK sind verbindliche Zolltarifauskünfte ab dem Zeitpunkt drei Jahre lang gültig, zu dem die Entscheidung wirksam wird. Die Entscheidung wird wiederum gem Art 22 Abs 4 UZK wirksam, sobald sie dem Antragsteller zugestellt wird bzw als ihm zugestellt gilt. Das bedeutet in weiterer Folge, dass die verbindliche Zolltarifauskunft nicht erst mit Verstreichen der Rechtsmittelfrist gültig wird, sondern bereits mit der Zustellung an den Antragsteller.

Diese Unterscheidung mag auf den ersten Blick nicht weiter relevant wirken. Doch diese zeitliche Unterscheidung kann erhebliche Rechtsfolgen nach sich ziehen: Wenn man von der Gültigkeit ab Zustellung ausgeht (Art 33 Abs 3 UZK), so ist der Antragsteller an die in der verbindlichen Zolltarifauskunft angeführte Einordnung in die Nomenklatur gebunden und muss sämtliche Tarifierungen bis zur reformatorischen Entscheidung des BFG entsprechend vornehmen. Geht man hingegen von keiner Gültigkeit der verbindlichen Zolltarifauskunft vor Eintritt der Rechtskraft aus – wie das BFG –, so wäre der Antragsteller frei, die Tarifierungen nach seinen Vorstellungen vorzunehmen und wäre daher nicht an die Auskunft gebunden. Letzteres dürfte aber wohl nicht dem Wortlaut des Art 33 Abs 3 UZK entsprechen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36946 vom 17.07.2025