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Aberkennung der Befugnis zur Grunderwerbsteuerselbstberechnung

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

GrEStG: § 11 Abs 2

Abstract

Das BFG hatte sich in der vorliegenden Entscheidung damit auseinanderzusetzen, ob die Befugnis zur Grunderwerbsteuerselbstberechnung zurecht aberkannt wurde. Der Parteienvertreter nahm die Anmeldung sowie die Abfuhr der GrESt teilweise verspätet, fehlerhaft oder gar nicht vor. Das BFG kam zum Ergebnis, dass die Aberkennung der Befugnis zulässig war, weil der Parteienvertreter die Pflichten nach § 13 GrEStG verletzte und als Folge der Belehrungen durch das FA auch grob fahrlässig handelte.

BFG 16. 1. 2024, RV/5100683/2023

Sachverhalt

Die Bf ist eine Rechtsanwaltskanzlei, die im Zeitraum Juli 2018 bis März 2022 für insgesamt 34 Geschäftsfälle in 22 Zeiträumen eine Grunderwerbsteuerselbstberechnung (GrESt-SB) vornahm. Die Anmeldung der Selbstberechnung erfolgte für einen Zeitraum verspätet. Darüber hinaus entrichtete die Bf die Abgabe in 8 Geschäftsfällen verspätet. Überdies wurde in 10 Geschäftsfällen zu wenig sowie in drei Geschäftsfällen zu viel entrichtet und zwei Mal wurde ein nicht zuordenbarer Betrag zur Rückstandsabdeckung überwiesen. Das FA machte die Bf während des gesamten Zeitraums mehrmals telefonisch als auch schriftlich auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam und beriet sie hinsichtlich der Durchführung der GrESt-SB. Nachdem im Jahr 2023 wieder mehrere Geschäftsfälle selbst berechnet und nicht angemeldet wurden, drohte das FA am 5. 6. 2023 an, die Befugnis zur Selbstberechnung gem § 11 Abs 2 GrEStG mit Bescheid abzuerkennen.

In einer am 28. 6. 2023 übermittelten Stellungnahme führte die Bf aus, sie habe die GrESt-SB ordnungsgemäß erledigt. Da nach Ansicht des FA die GrESt-SB aber nicht korrekt erfolgte, erkannte es mit Bescheid vom 29. 6. 2023 die Befugnis zur Selbstberechnung für die Dauer von vier Jahren ab. Dagegen erhob die Bf Beschwerde.

Entscheidung des BFG

Erwerbsvorgänge sind gem § 10 GrEStG bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats beim Finanzamt mit Abgabenerklärung anzuzeigen. Alternativ dazu sind gem § 11 Abs 1 GrEStG innerhalb der in § 10 GrEStG genannten Frist Parteienvertreter zu einer Selbstberechnung befugt. Über diese Selbstberechnung ist dem zuständigen FA gem § 13 Abs 1 GrEStG eine Anmeldung vorzulegen. Wird ua die Bestimmung des § 13 GrEStG durch den Parteienvertreter vorsätzlich oder wiederholt grob fahrlässig verletzt, kann das FA die Befugnis zur Selbstberechnung mit Bescheid aberkennen.

Im vorliegenden Fall meldete die Bf die GrESt-SB bis März 2022 in einem von 22 Anmeldungszeiträumen verspätet an und entrichtete die GrESt in 8 von 34 Geschäftsfällen zu spät. Daneben wurde mehrmals zu wenig oder zu viel GrESt entrichtet und es wurden zur Rückstandsabdeckung nicht zuordenbare Saldobeträge überwiesen. Nach März 2022 erfolgte die GrESt-SB zwar richtig, die stufenweise Abwicklung auf elektronischem Wege wurde jedoch nicht korrekt vorgenommen. Die Bf verletzte ihre aus § 13 GrEStG resultierenden Pflichten nach Ansicht des BFG somit zweifelsfrei.

Im nächsten Schritt setzte sich das BFG damit auseinander, ob diese Verletzungen grob fahrlässig erfolgten. Grob fahrlässig handelt nach Ansicht des BFG, wer einen Fehler macht, der einem ordentlichen Menschen keinesfalls unterläuft. Grobe Fahrlässigkeit ist eine über die Menge der Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens hinausgehende, auffallende und ungewöhnliche Sorglosigkeit, welche einen Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar macht. Einem Parteienvertreter, der immer wieder die angefallenen Abgaben nicht zur Fälligkeit entrichtet, obwohl er auf die Möglichkeit der Aberkennung der Befugnisse nach § 11 Abs 2 GrEStG aufmerksam gemacht wurde, ist zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten (BFG 24. 8. 2023, RV/7102897/2021). Im vorliegenden Fall gab es mehrere Unterweisungen der Bf durch das FA und es kam dennoch immer wieder zu Verstößen gegen die Vorschriften der GrESt-SB, was auf eine auffallende Sorglosigkeit bei der Ausübung der Selbstberechnungsbefugnis hindeutet. Auch das Unterlassen der Anmeldung der Selbstberechnungen ab März 2022 zeugt von einer auffallenden Sorglosigkeit. Die Bf handelte im vorliegenden Fall nach Ansicht des BFG somit zumindest grob fahrlässig.

Bei der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des FA iSd § 20 BAO. Entscheidend für die Verletzung der Pflichten iSd § 13 GrEStG ist, ob der Parteienvertreter vertrauenswürdig und verlässlich die korrekte und reibungslose Abwicklung der GrESt-SB vornimmt. Im Bezug darauf ist der Bf nach Ansicht des BFG ihr beharrliches Ignorieren aller Hilfestellungen und Anweisungen des FA negativ anzulasten. Es ist daher von einer fehlenden Vertrauenswürdigkeit für die richtige und verlässliche Abwicklung der GrESt-SB auszugehen, die von einem rechtskundigen Parteienvertreter zu erwarten wäre. Es besteht daher ein öffentliches Interesse an der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung. Da es jedoch nur in einigen Fällen zu einer gravierenden Pflichtverletzung kam, ist das Aberkennen der Befugnis für drei Jahre ausreichend. Die Bf erhob gegen das Erkenntnis des BFG außerordentliche Revision.

Conclusio

Gem § 11 Abs 2 GrEStG kann bei Verletzung der Pflichten nach § 13 GrEStG eine Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung erfolgen. Der Parteienvertreter ist nach § 13 GrEStG ua zur Selbstberechnung, Anmeldung und Entrichtung verpflichtet. Für die Aberkennung bedarf es einer wiederholten, zumindest grob fahrlässigen Verletzung dieser Pflichten. Eine Wiederholdung wird dabei schon bei einer zweimaligen Verfehlung angenommen (Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG18§ 11 Tz 24). Grob fahrlässig handelt – wie vom BFG richtig festgehalten –, wer einen Fehler macht, der einem ordentlichen Menschen keinesfalls unterläuft. Nach der Rsp des BFG liegt eine grobe Fahrlässigkeit jedenfalls dann vor, wenn ein Parteienvertreter die angefallenen Abgaben immer wieder nicht zur Fälligkeit entrichtet, obwohl er auf die Möglichkeit der Aberkennung der Befugnisse aufmerksam gemacht wurde (BFG 25. 1. 2016, RV/7105091/2015; UFS 17. 2. 2010, RV/1294-L/09). Im Lichte der bestehenden Rsp des BFG überzeugen die Ausführungen somit.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35443 vom 21.05.2024