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Der Anspruch gegen eine juristische Person (hier iZm Abgas-Manipulationen bei Fahrzeugen) verjährt erst in 30 Jahren, wenn deren Organ einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung iSd § 1489 ABGB schädigt. Bei einer schädigenden Handlung vor Inkrafttreten des VbVG gilt dies jedenfalls dann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der strafbaren Handlung im Vermögen der juristischen Person eingetreten ist. Anders als bei der Haftung für Erfüllungsgehilfen gem § 1313a ABGB oder für Repräsentanten geht es beim Handeln eines Organs für die juristische Person nicht um das Einstehen-Müssen für fremdes Verhalten, sondern um Eigenhandeln der juristischen Person selbst (6 Ob 92/21d, RdW 2022/22; 7 Ob 113/21z, RdW 2022/23).
Auch ohne strafgerichtliche Verurteilung – oder bei Verurteilung wegen eines geringfügigeren Delikts – steht es einem Geschädigten offen, im nachfolgenden Zivilverfahren das Vorliegen einer qualifizierten strafbaren Handlung iSd § 1489 Satz 2 zweiter Fall ABGB zu behaupten und zu beweisen.
Entscheidung
Im vorliegenden Fall wären die Ansprüche dann nicht verjährt, wenn der Kl der Nachweis gelingt, dass der vorgebrachte Schaden aus einer Handlung eines Organs der Bekl entstanden ist, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Für diese Beurteilung reicht der festgestellten Sachverhalt noch nicht aus, da sich daraus nicht ergibt, für welche konkreten strafbaren Handlungen welcher Repräsentanten die Bekl als Verband verantwortlich gemacht werden soll. Es werden daher nach Erörterung mit den Parteien und allfälliger Ergänzung ihres Vorbringens konkrete Feststellungen dazu zu treffen sein, welchen Organen der Bekl die Kl welches strafbare Verhalten vorwirft, wie dieses allenfalls strafrechtlich zu qualifizieren ist und ob bereits ein strafgerichtliches Urteil vorliegt. Sollte der Kl aufgrund der Ergebnisse des ergänzenden Verfahrens der Beweis der Voraussetzungen des § 1489 Satz 2 ABGB gelingen, wären die gesamten Klagsforderungen noch nicht verjährt.
Nicht zu folgen ist dem Argument der Revision, dass die eingeklagten Schadenersatzansprüche auch auf einen Verstoß der Bekl gegen kartellrechtliche Bestimmungen gestützt worden seien (fünfjährige Verjährung; § 37h Abs 1 KartG). Weder hat die Kl einen konkreten Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen behauptet, noch unternimmt sie auch nur den Versuch, einen schlüssigen Kausalzusammenhang zwischen dem unbekannten Verstoß und dem behaupteten Schaden darzulegen. Das diesbezügliche Klagsvorbringen ist auch nicht mangels substantiierter Bestreitung durch die Bekl als zugestanden zu behandeln.
Zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 1489 Satz 2 ABGB hat der OGH der Revision der Kl iSd gestellten Aufhebungsantrags Folge gegeben. Vom OGH nicht beanstandet wurde hingegen die Rechtsansicht des BerufungsG, dass die Privatbeteiligtenanschlüsse mit pauschalen Schadenersatzbeträgen von je 5.500 € samt Zinsen eine Unterbrechung der Verjährung iSd § 1497 ABGB bis zu dieser Höhe bewirkt haben.