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Änderung der Stiftungserklärung durch rechtsgeschäftlichen Vertreter des Stifters

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1006, § 1008

PSG: § 39

NO: §§ 52 ff, § 69

Die Änderung einer Stiftungserklärung ist wie die Errichtung einer Privatstiftung ein Geschäft, das für den Stifter typischerweise gefährlich, ungewöhnlich und wichtig ist. Auch für die rechtsgeschäftliche Vertretung bei einer Änderung einer Stiftungserklärung ist somit in analoger Anwendung des § 1008 Satz 2 ABGB eine Spezialvollmacht („Einzelvollmacht“) notwendig.

Das Erfordernis einer Spezialvollmacht ist nicht erfüllt, wenn die Vollmacht Rechtsgeschäfte – wie hier – nur abstrakt auflistet: Die gegenständliche Vollmacht listet Rechtsgeschäfte, die von ihr umfasst sein sollen, nämlich nur abstrakt der Art nach auf (hier ua „Ausübung sämtlicher Rechte des Vollmachtgebers gegenüber der Privatstiftung“ und „insbesondere auch [...] Änderung der Stiftungsurkunde gem § 33 PSG [...]“). Ein konkretes Geschäft, also im gegebenen Zusammenhang eine individualisierbare Erklärung über die Änderung der Stiftungsurkunde oder der Stiftungszusatzurkunde, lässt die Vollmacht im vorliegenden Fall hingegen nicht erkennen (Anm d Red: konkret sollten ua in der Stiftungsurkunde Regelungen über die Vorgangsweise bei einer Verlegung des Sitzes der Privatstiftung oder bei Verkauf von Gesellschaftsbeteiligungen eingefügt werden).

§ 39 Abs 1 PSG bindet sowohl die Errichtung als auch Änderungen der Stiftungserklärung durch den Stifter an die Form eines Notariatsakts (§§ 52 ff NO). Aus dem Umstand, dass die hier zu beurteilende Vollmacht in Notariatsaktsform errichtet wurde, ist für die Antragstellerin nichts zu gewinnen, denn gem § 69 Abs 1a NO bleibt davon das Erfordernis einer Spezialvollmacht unberührt.

OGH 20. 9. 2024, 6 Ob 162/23a

Entscheidung

Bisherige Rsp

Aus dem Wortlaut des § 1008 Satz 3 ABGB, insb aus der Stellung des dritten Satzes am Ende der gesamten Norm, folgern die Rsp (vgl zB 4 Ob 92/22s = Zak 2023/150, 5 Ob 214/09w oder 4 Ob 1502/94) und die ältere Lehre, dass dem Erfordernis der Einzelvollmacht dadurch Genüge getan werden kann, dass im Rahmen einer allgemeinen Vollmacht zumindest die Gattung des Geschäfts angeführt wird, für das an sich Einzelvollmacht gem § 1008 Satz 2 ABGB erforderlich wäre.

Ob diese Rsp angesichts der gegenteiligen Ansicht der jüngeren Lehre fortzuschreiben ist, stellt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht: Die vorgelegte Vollmacht bezieht sich ausdrücklich nur auf den engen Bereich der Rechte des Vollmachtgebers gegenüber der Stiftung. Auch der Revisionsrekurs räumt (an anderer Stelle) ein, dass von einer allgemeinen Vollmacht zur Vertretung in sämtlichen Angelegenheiten keine Rede sein könne. Eine Vollmacht iSv § 1008 Satz 3 ABGB liegt daher nicht einmal annähernd vor, sodass die vorgelegte Vollmacht schon deshalb eine Spezialvollmacht iSd § 1008 Satz 2 ABGB zur Änderung der Stiftungserklärung nicht ersetzen kann.

Mit GmbH nicht vergleichbar

Der Hinweis des Revisionsrekurses, wonach für die Änderung eines Gesellschaftsvertrags einer GmbH nach hM keine Spezialvollmacht erforderlich sei, steht dem nicht entgegen. Schon die dem gesetzlichen Grundkonzept entsprechende Erklärung des Stifters über die Änderung der Stiftungserklärung (vgl § 3 Abs 2 PSG) entspricht nicht jenem der Abstimmung in der Generalversammlung einer GmbH. Gleiches gilt für die besondere Individualität des Rechtsakts des Stifters. Dies findet auch Niederschlag in der dafür angeordneten Notariatsaktspflicht gem § 39 Abs 1 PSG (§§ 52 ff NO), während Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH gem § 49 Abs 1 GmbHG (jedenfalls im Regelfall) lediglich der notariellen Beurkundung iSd § 76 NO bedürfen (vgl Rauter/Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG 144. Lfg § 49 Rz 102).

Vollmacht in Notariatsaktsform nicht ausreichend

§ 39 Abs 1 PSG bindet sowohl die Errichtung als auch Änderungen der Stiftungserklärung durch den Stifter an die Form eines Notariatsakts (§§ 52 ff NO; Arnold, Privatstiftungsgesetz4 § 33 Rz 64 und § 39 Rz 2).

Aus dem Umstand, dass die hier zu beurteilende Vollmacht in Notariatsaktsform errichtet wurde, ist für die Antragstellerin nichts zu gewinnen, denn gem § 69 Abs 1a NO bleibt davon das Erfordernis einer Spezialvollmacht unberührt (D. Baumgartner/Weigand in Zib/Umfahrer, NO § 69 [Stand 1. 2. 2024, rdb.at] Rz 21 ff [zur Änderung der Stiftungserklärung Rz 23 aE]).

Gem § 69 Abs 1 NO müssen Vollmachten, die zur Errichtung eines Notariatsakts dienen, entweder öffentliche Urkunden sein – also idR ebenfalls Notariatsakte (D. Baumgartner/Weigand in Zib/Umfahrer, NO § 69 [Stand 1. 2. 2024, rdb.at] Rz 15) – oder solche Privaturkunden, auf denen die Unterschrift des Vollmachtgebers gerichtlich, notariell oder von einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland beglaubigt ist.

Eine Vollmacht nach § 69 Abs 1 NO genügt gem § 69 Abs 1a NO auch zum Abschluss aller Rechtsgeschäfte und zur Abgabe aller Rechtserklärungen, die zu ihrer Gültigkeit des Notariatsakts bedürfen, wenn in ihr sowohl der rechtsgeschäftliche Vorgang einzeln oder zumindest der Gattung nach angeführt ist (sofern nicht nach anderen Vorschriften eine auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht notwendig ist). Demnach muss der rechtsgeschäftliche Vorgang in der als Notariatsakt errichteten oder notariell beglaubigten Vollmacht genannt sein (vgl 4 Ob 19/01z = RS0037978; P. Bydlinski in KBB7 § 1005 ABGB Rz 2).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36069 vom 08.11.2024