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Ärztebewertungsportal: Kein Verstoß gegen DSGVO und UWG

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

DSGVO: Art 6

Im vorliegenden Fall geht es um die Verarbeitung und Veröffentlichung der personenbezogenen Daten einer freiberuflichen Ärztin durch die bekl Betreiberin eines Ärztebewertungsportals, in das [möglichst] vollständig alle Ärzte aufgenommen werden. Die Daten der kl Ärztin (Titel, Name, Ordinationsanschrift, Fachrichtung, Telefonnummer und Ordinationszeiten) sind auch auf der Internetseite der Ärztekammer und auf ihrer eigenen Homepage veröffentlicht. Neben einem kostenlosen „Basisprofil“ (wie hier) bietet die Bekl auch kostenpflichtige Premium-Verträge (small, medium oder large), bei denen die Ärzte ua ihr Profil durch Bilder und weitere Informationen über ihre Leistungen aufwändiger gestalten können.

Auf dem Portal der Bekl können registrierte Benutzer die Ärzte in verschiedenen Kategorien nach einem Punktesystem (null bis fünf Punkte) bewerten und Erfahrungsberichte schreiben. Jeder Arzt kann gegen eine Bewertung eine Beschwerde an die Portalbetreiberin richten (mittels E-Mail oder Kontaktformular). Die Portalbetreiberin überprüft und entscheidet dann, ob diese Bewertung gelöscht wird oder nicht. Die extra abgegebenen Punktebewertung wird nur dann gelöscht, wenn der Patient „nachweislich gelogen“ hat. Zur Überprüfung der Bewertung wird mit dem Patienten Kontakt aufgenommen, der allfällige Nachweise wie E-Card-Auszug, Rechnung usw vorlegen muss. Bei bloßer Meinungsäußerung wird zwischen zulässiger und nicht zulässiger Äußerung unterschieden. Die Portalbetreiberin gibt dem bewerteten Arzt auch die Nutzerdaten des Bewerters heraus, falls sie dies für rechtlich zulässig erachtet.

Bei jedem Profil befindet sich unterhalb der Daten eines Arztes ein „Slider“, in dem andere Ärzte im Umkreis vorgestellt werden (gereiht nach Relevanz, Entfernung und Gesamtbewertung durch einen Algorithmus, der ua das Suchverhalten von Nutzern und die Anzahl an Bewertungen und Profilaufrufen berücksichtigt); bei Anklicken eines Fragezeichens (mit der Beschriftung „Hilfe“) im rechten oberen Eck des Sliders wird darauf hingewiesen, dass es sich bei Ärzten, die mit Portraitbild im „Slider“ angezeigt werden, um kostenpflichtige Premium-Einträge handelt.

Die Ärztin und die Ärztekammer begehren im Wesentlichen (1) die Löschung der veröffentlichten Daten der Erstkl sowie damit verknüpfter Bewertungen und Erfahrungsberichte von der Website der Bekl sowie die Unterlassung einer erneuten Aufnahme und Verarbeitung der Daten der Erstkl sowie der Daten der Mitglieder der Zweitkl ohne schriftliche Zustimmung sowie (2) die Unterlassung der Verwendung öffentlicher Daten der Erstkl und der auf dem Portal der Bekl gelisteten Ärzte im geschäftlichen Verkehr ohne deren schriftliche Zustimmung auf der Website der Bekl, um für andere Ärzte, die im direkten Wettbewerb mit diesen stehen, zu werben (hilfsweise die Unterlassung der Unterbreitung von Vorschlägen für andere Ärzte, ohne in derselben Einblendung darauf hinzuweisen, dass die aufscheinenden Ärzte ausschließlich bezahlte Premiumeinträge und auch andere Ärzte derselben Fachrichtung im Umkreis vorhanden sind).

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Ärztin ist gem Art 6 Abs 1 lit f DSGVO rechtmäßig und auch auf das UWG können die Ärztin und die Ärztekammer die geltend gemachten Ansprüche nicht stützen.

OGH 29. 8. 2022, 6 Ob 198/21t

Sachverhalt

Nach dem Vorbringen der Kl sorge die Bekl nicht ausreichend dafür, dass ein Missbrauch ihres Portals ausgeschlossen werde. Die Bekl fördere auch den Wettbewerb anderer Ärzte, indem unterhalb des automatisch erstellten kostenlosen Profils eines Arztes automatisch andere Ärzte des gleichen Fachgebiets vorgeschlagen werden, bei denen es sich um kostenpflichtige Premium-Profile handle, ohne dass dies als Werbung gekennzeichnet sei. Dabei handle es sich um eine irreführende Geschäftspraxis nach § 2 Abs 4 UWG. Mangels Einverständnisses der Erstkl oder der anderen Ärzte, die nicht Premium-Kunden sind, zu dieser Werbung für andere Ärzte liege auch ein Verstoß gegen § 1 UWG vor.

Es steht nicht fest, dass bei Premium-Profilen, anders als bei Basis-Profilen, der „Slider“ „weitere Ärzte im Umkreis“ erst ersichtlich wird, wenn man auf der jeweiligen Seite hinunterscrollt. Ebenso wenig steht fest, dass auf den Profilen von Ärzten mit Premium-Mitgliedschaft andere Ärzte im Gegensatz zu Basisprofilen an deutlich weniger prominenter Stelle angezeigt werden und von Nutzern der Website erst nach „hinunterscrollen“ wahrgenommen werden. Schließlich steht nicht fest, dass Einträge von Ärzten mit Premium-Profilen in den Suchergebnissen vorgereiht wurden bzw werden.

Die Klage blieb in allen drei Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Rechtmäßige Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Ärztin

Weder in der Berufung noch in der Revision wendete sich die Zweitkl (Ärztekammer) gegen die Beurteilung der Vorinstanzen, ihr fehle als Verband die Aktivlegitimation für die Geltendmachung von Verletzungen von Persönlichkeitsrechten Dritter, darunter insb deren Recht auf Datenschutz; dies gelte auch, soweit solche als Rechtsbruch iSd § 1 UWG geltend gemacht werden (vgl 4 Ob 84/19k [ErwGr 1.4 und 3.3], RdW 2020/222).

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Erstkl ist gem Art 6 Abs 1 lit f DSGVO rechtmäßig: Sie ist zur Verwirklichung der berechtigten Interessen der Bekl und ihrer Nutzer erforderlich. Diese Berechtigten Interessen werden im vorliegenden Fall nicht von den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der Erstkl überwogen.

Zu einem überwiegenden Interesse der Erstkl am Unterbleiben der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten führt es ua nicht, dass die Bekl im Fall der Löschung eines unzulässigen (Freitext-)Erfahrungsberichts die vergebene Punktebewertung nur löscht, wenn der Ersteller der Bewertung nachweislich gelogen hat.

Dass der Portalbetrieb auch der Gewinnerzielung der Bekl dient, mit der sie eigene berechtigte Interessen wahrnimmt, führt ebenfalls nicht per se zum Überwiegen der Interessen der Erstkl.

Der Umstand, dass in jedem Arztprofil andere Ärzte im Umkreis mittels eines „Sliders“ angezeigt werden, führt nicht zu einer Benachteiligung der Erstkl (eine Vorreihung der bezahlten Premium-Profile oder deren Bevorzugung durch eine Anzeige des „Sliders“ an deutlich weniger prominenter Stelle wurden nicht festgestellt). Ein solcher Hinweis auf weitere Ärzte, die für den Nutzer möglicherweise interessant sind, entspricht grds der Funktionsweise eines Arztsuchportals. Eine Benachteiligung der Erstkl gegenüber konkurrierenden Ärzten, insb durch „Umleitung“ präsumtiver Patienten zu zahlenden Kunden der Bekl (vgl BGH VI ZR 30/17 Rn 18 f [Ärztebewertung III]), ergibt sich daraus nicht.

Dass zahlenden Ärzten in größerem Umfang als der (nichtzahlenden) Erstkl die Möglichkeit eingeräumt wird, auf ihrem Profil ihr Leistungsangebot anzugeben, führt im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nicht dazu, dass die Interessen der Erstkl am Unterbleiben der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten die Interessen der Bekl und ihrer Nutzer an dieser Datenverarbeitung überwiegen (vgl auch BGH VI ZR 489/19 [Ärztebewertung V] Rn 50 ff). Daran würde auch der Umstand nichts ändern, dass die Rubrik „beliebte Leistungen“ nur bei den Premiumprofilen besteht und dort vor dem „Slider“ mit den anderen Ärzten im Umkreis angeordnet ist.

Kein Anspruch nach UWG

Auch auf das UWG können die Kl die geltend gemachten Ansprüche nicht stützen:

Da eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Erstkl nicht vorliegt, scheidet auch ein diesbezüglicher Rechtsbruch (§ 1 UWG) aus.

Entgegen der Ansicht der Revision mangelt es der vorliegenden Einblendung eines „Sliders“ mit konkurrierenden Ärzten der Vergleichbarkeit mit der Konstellation, die der E 4 Ob 1/13w (= RdW 2013/213) zugrunde lag (Werbung unmittelbar im Geschäftslokal eines Mitbewerbers): Wie bereits das BerufungsG hervorgehoben hat, basierte die Annahme unlauterer Werbung gem § 1 Abs 1 Z 1 UWG qua Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch dort auf der Verletzung des Hausrechts, das gegenständlich nicht berührt ist. Weshalb einem kostenlosen Profil eines Arztes auf ihrem Portal eine vergleichbare Qualität zukommen sollte, legt die Revision nicht nachvollziehbar dar.

Dass das Portal der Bekl die Werbebeschränkungen des § 53 ÄrzteG iVm § 5 Abs 1 und 2 der Werberichtlinie der ÖÄK verletzt, etwa durch konkret unsachliche, unwahre oder das Standesansehen beeinträchtigende Informationen iS einer wiederholten auffälligen reklamehaften Namensnennung, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen (vgl auch 4 Ob 84/19k [ErwGr 2.9.] zu einem Verzeichnis der Psychotherapeuten, RdW 2020/222).

Im vorliegenden Fall besteht für den Durchschnittsadressaten kein Zweifel daran, dass es sich bei den aufwändiger gestalteten Einträgen im Portal der Bekl um bezahlte Einschaltungen handelt. Daraus kann eine Irreführung der Nutzer iSd § 2 Abs 4 Z 2 UWG – etwa dahin, dass dies fachliche oder sonst objektive Gründe hätte – nicht abgeleitet werden (vgl 4 Ob 84/19k [ErwGr 4.4. ff], RdW 2020/222).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33045 vom 15.09.2022