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Aktiengesellschaft: Verschmelzung - gemeinsamer Vertreter

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AktG § 225f

UGB: § 271, § 271a

Bei einer Verschmelzung ist zur Wahrung der Rechte der Aktionäre, die keinen Antrag auf Überprüfung des Umtauschverhältnisses bzw der Angemessenheit der Barabfindung gestellt und auf ihre Ansprüche nicht verzichtet haben, von Amts wegen pro beteiligter Gesellschaft ein Rechtsanwalt, Notar oder Wirtschaftsprüfer als „gemeinsamer Vertreter“ zu bestellen (§ 225f AktG). Der gemeinsame Vertreter hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Er hat die Interessen der nichtantragstellenden Aktionäre zu wahren und entscheidet dabei nach pflichtgemäßem Ermessen. Er handelt damit weisungsfrei und unabhängig.

Der gemeinsame Vertreter muss vom Antragsgegner unabhängig sein, soll aber auch eine von den Antragstellern unabhängige Position haben: Nach § 225f Abs 6 AktG hat der gemeinsame Vertreter nämlich das Verfahren (auch) nach Rücknahme sämtlicher Anträge von Aktionären weiterzuführen, soweit nach seiner pflichtgemäßen Beurteilung ein Erfolg seines Antrags zu erwarten ist. Gerade im Fall des Wissens und/oder des Verdachts eines „Auskaufs“ der anderen Antragsteller wird er das Verfahren weiterführen müssen. Es ist daher ausgeschlossen, einen Vertreter (Verfahrensbevollmächtigten) eines Antragstellers zum gemeinsamen Vertreter zu bestellen.

OGH 27. 9. 2016, 6 Ob 31/16a

Entscheidung

Zur erforderlichen Unabhängigkeit des gemeinsamen Vertreters weist der OGH weiters darauf hin, dass nur sie die sinngemäße Anwendung der §§ 271, 271a UGB gewährleistet, wie sie § 225f Abs 3 Satz 2 AktG anordnet (vgl auch ErläutRV 467 BlgNR 23. GP 37). Befangenheit ist nach Ansicht des OGH schon dann zu besorgen, wenn bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Abhängigkeit besteht, sodass es nicht darauf ankommt, dass der Prüfer tatsächlich möglicherweise unabhängig ist.

Vor dem Hintergrund, dass der gemeinsame Vertreter auch von den Antragstellern unabhängig sein soll, hält der OGH die Auffassung jedenfalls für vertretbar, dass es bei einem objektiven Dritten Zweifel an der Unvoreingenommenheit des gemeinsamen Vertreters erwecken kann, wenn die Rechtsanwaltschaftsgesellschaft, deren Gesellschafter der gemeinsame Vertreter ist, einen Antragsteller des gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung zwar nicht in diesem Verfahren vertritt, wohl aber in einem Streitverfahren gegen den Antragsgegner, das in einem hinreichenden Zusammenhang mit dem Überprüfungsverfahren steht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22660 vom 23.11.2016