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Anlegerschaden: Keine Zuständigkeit der österreichischen Gerichte

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

EuGVVO 2012: Art 7

Der in Österreich wohnhafte Anleger (Kl) begehrt von der in Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüferin Schadenersatz, weil sie ihre Pflichten als Wirtschaftsprüferin der W* AG verletzt habe. Hätte sie pflichtgemäß gehandelt und den von ihr geprüften Jahresabschlüssen den Bestätigungsvermerk versagt, hätte er die Aktien nicht gekauft und damit – wegen der kurz nach seinen Käufen von der W* AG beantragten Insolvenzeröffnung – keinen Schaden erlitten.

Keiner höchstgerichtlichen Korrektur bedürfen im vorliegenden Fall die Entscheidungen der Vorinstanzen, es fehle an hinreichenden „spezifischen Gegebenheiten“, die insgesamt zur Zuweisung der Zuständigkeit an die österreichischen Gerichte beitragen:

Dass der Kl die Aktienkaufpreise von seinem österreichischen Konto aus beglichen hat, führt noch nicht zur Zuständigkeit Österreichs. Anders wäre die Situation, wären zusätzlich auch die Wertpapiere in Österreich erworben worden. Der Kl hat aber die Aktien am deutschen Markt erworben (hier: Düsseldorf). Sein Hinweis darauf, dass er sie auch an der Wiener Börse kaufen hätte können, verfängt nicht, weil es sich dabei um ein hypothetisches Geschehen handelt. Die Bekl musste möglicherweise damit rechnen, von in Österreich ansässigen Personen, die an der Wiener Börse Aktien der von ihr geprüften deutschen AG kauften, in Österreich auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, nicht aber von in Österreich ansässigen Personen, die dies an einem deutschen Handelsplatz taten. Um die internationale Zuständigkeit zu begründen, hätte es für die Bekl vorhersehbar sein müssen, dass sich im Fall des Kl der Erfolgsort iSd Art 7 Nr 2 EuGVVO in Österreich befinden werde; dass bei Anlegern, die – anders als der Kl – W*-Aktien an der Wiener Börse kauften, der Erfolgsort vorhersehbar in Österreich liegen werde, reicht nicht hin. Die die internationale Zuständigkeit Österreichs begründenden „spezifischen Gegebenheiten“ müssen im Verhältnis zwischen den Streitparteien vorliegen.

OGH 25. 4. 2024, 8 Ob 39/24d

Hinweis:

Zum vergleichbaren Fall OGH 14. 12. 2021, 2 Ob 154/21t, siehe Rechtsnews 32185.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35576 vom 25.06.2024