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Anonymitätsinteresse von Justizwachebeamten

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MedienG: § 7a

UrhG: § 78

Auch im Fall eines Justizwachebeamten, der im Rahmen seines Dienstes Begleitung und Überwachung eines Tatverdächtigen von der Justizanstalt zum Tatort eines Lokalaugenscheins vorzunehmen hat, gilt die stRsp zu Polizisten: Ist eine beanstandete Bildnisveröffentlichung geeignet den Erfolg von Amtshandlungen zu beeinträchtigen, die die abgebildete Person im Rahmen ihres Tätigkeitsbereichs als Justziswachebeamter (Polizist) durchzuführen hat, sind deren berechtigte Interessen durch eine identifizierende Bildberichterstattung, die sie in ihrem beruflichen Lebenskreis bei Ausübung einer Amtshandlung auf offener Straße zeigt, unabhängig davon verletzt, ob ihr Bildnis iZm einer Textberichterstattung über behauptete Missstände bei ihrer Dienststelle oder im Rahmen eines neutralen Artikels über die Arbeit der Polizei im Allgemeinen veröffentlicht worden ist.

Dieser stRsp lagen zwar jeweils Sachverhalte zugrunde, in denen die abgebildeten Polizeibeamten als verdeckte Ermittler bzw als Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos arbeiteten und es wurde in der Lit mit einer gewissen Berechtigung darauf hingewiesen, dass die Medien nicht wissen könnten, ob Polizeibeamte, die bei einem völlig harmlosen Routineeinsatz abgebildet werden, auch als verdeckte Ermittler tätig seien. Gerade diese Problematik kann aber nicht zu Lasten des abgebildeten Polizei- oder Justizwachebeamten, sondern muss zu Lasten des Mediums gehen, das dessen Abbildung ohne jede erkennbare Notwendigkeit verbreitet. Bereits die E 4 Ob 224/14s (= Rechtsnews 19023) hat darauf hingewiesen, dass die Darstellung von Routineeinsätzen durch ein Unkenntlichmachen der Gesichter nicht entscheidend beeinträchtigt wird und dass ein eigenständiger Informationswert mit der Erkennbarkeit im Regelfall nicht verbunden ist.

OGH 29. 1. 2021, 6 Ob 241/20i

Entscheidung

Bei einer Entscheidung nach § 78 UrhG ist iSd Einheit der Rechtsordnung auch auf die Wertung Bedacht zu nehmen, die in § 7a MedienG zum Ausdruck kommt; ganz allgemein ist zu sagen, dass Wertungen des Medienrechts jedenfalls dort, wo der gleiche Sachverhalt geregelt wird, bei der Auslegung des § 78 UrhG zu berücksichtigen sind.

§ 7a MedienG (Schutz vor Bekanntgabe der Identität in besonderen Fällen) setzt die Veröffentlichung des Namens, des Bildes oder anderer Angaben voraus, die geeignet sind, in einem nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis zum Bekanntwerden der Identität einer Person zu führen. Dem Medium ist generell jede Identifizierung eines Menschen zuzurechnen, die eine Erkennbarkeit des Betroffenen in seinem sozialen Umfeld – über den vorinformierten Familien- und Bekanntenkreis hinaus – bewirkt.

Ein Identifikationsmerkmal iSd § 7a MedienG ist ua ein Bild, wenn dieses die Identifikation ermöglicht. Ob eine Wort- oder Bildberichterstattung identifizierend wirkt, das heißt zu einem Bekanntwerden der Identität des Betroffenen führt, ist außerdem nach dem Gesamtzusammenhang der Veröffentlichung zu beurteilen, weshalb hier weiters zu berücksichtigen ist, dass sich dem Zeitungsbeitrag die Informationen entnehmen lassen, dass der Tatverdächtige aus der „Haftanstalt *****“ zum Tatort gebracht wurde, dies erkennbar bewacht von Justizwachebeamten dieser Justizanstalt.

Die Erkennbarkeit für eine breite Öffentlichkeit ist zwar grundsätzlich nicht Voraussetzung, § 7a MedienG verlangt allerdings speziell die Eignung zum Bekanntwerden der Identität in einem größeren Personenkreis. Ob es tatsächlich zu einer Identifikation durch einen größeren Personenkreis kommt, ist dabei somit nicht maßgeblich; es reicht bereits die bloße Eignung, also die Möglichkeit der Identitätsaufdeckung. Es kommt also nicht darauf an, dass – bei tatsächlich bestehender Möglichkeit der Identitätsaufdeckung aufgrund der veröffentlichten Abbildung – Feststellungen lediglich zu konkreten Personen getroffen wurden, die den Abgebildeten erkannten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30706 vom 06.04.2021