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Anspruch auf Pendlerpauschale trotz Dienstfahrzeug?

Bearbeiter: Stefanie Gombotz, LL.M. (WU)

§ 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988

Wird dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt und leistet der Arbeitnehmer einen Kostenbeitrag in Höhe des aus lohnsteuerrechtlicher Sicht anzusetzenden Sachbezugs, so ist für die Ermittlung, ob das Pendlerpauschale trotz § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988 zusteht, darauf abzustellen, ob dem Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug zu Bedingungen überlassen wurde, wie sie auch ohne Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses üblich wären.

VwGH 21. 10. 2020, Ro 2019/15/0185-4

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses wurde ihm von Arbeitgeberseite ab April 2016 ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt. Dieses Kraftfahrzeug konnte er sowohl für seine dienstlichen als auch privaten Fahrten nutzen. Der Steuerpflichtige war im Zuge eines Kostenbeitragsmodells zur Leistung eines monatlichen Kostenbeitrags in Höhe von EUR 394,35 verpflichtet. Der Kostenbeitrag des Arbeitnehmers entsprach dem lohnsteuerrechtlich anzusetzenden Sachbezug, wodurch es zu keiner Besteuerung des Sachbezugs kam. Der Arbeitgeber übernahm uA die Kosten für die Wartung, Verschleißreparaturen, Kraftstoff sowie für die Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung. Der Steuerpflichtige beantragte für das Jahr 2016 ab Mai das große Pendlerpauschale sowie den Pendlereuro, was von der Abgabenbehörde nicht gewährt wurde.

Entscheidung des VwGH

Gegen den von der Abgabenbehörde erlassenen Steuerbescheid erhob der Steuerpflichtige Beschwerde beim BFG. Im Wesentlichen berief er sich dabei auf die Verletzung seiner verfassungsmäßig gewährten Gleichheitsrechte, da er durch seinen Kostenbeitrag in Höhe des Sachbezugswerts einem Arbeitnehmer ohne arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug gleichzustellen sei. Das BFG stimmte im Ergebnis dem Steuerpflichtigen zu und befand § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988 für nicht anwendbar. Regelungszweck der Bestimmung sei der Ausschluss der Geltendmachung des Pendlerpauschale durch jene Steuerpflichtige, denen solche Kosten nicht tatsächlich erwachsen. In verfassungskonformer Auslegung ist daher § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988 nicht anzuwenden, wenn dem Steuerpflichtigen wie im gegenständlichen Fall durch den von ihm geleisteten Kostenbeitrag kein entgeltlicher Vorteil iSd § 15 Abs 2 EStG zukommt und ihm dadurch sehr wohl Kosten für den Arbeitsweg entstehen (vgl VwGH 9. 5. 1995, 92/14/0092). Die Abgabenbehörde brachte daraufhin Amtsrevision ein und stützte sich insbesondere auf den zu niedrig angesetzten Sachbezugsbetrag, der bei korrekter Berechnung im Kostenbeitrag des Steuerpflichtigen jedenfalls keine Deckung gefunden hätte.

Im vorliegenden Fall ist laut VwGH im Zuge der verfassungskonformen Interpretation des § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG auf die Wortfolge „Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges“ abzustellen. Unter Beachtung des Wortlauts des Gesetzes als Grenze der verfassungskonformen Interpretation (vgl VwGH 29. 9. 2011, 2009/16/0261) kann die Leistung eines den lohnsteuerrechtlichen Bestimmungen für die Berechnung des Sachbezugs entsprechenden Kostenbeitrags des Steuerpflichtigen noch nicht zur Nichtanwendung der besagten Bestimmung führen. Es kommt dabei vielmehr darauf an, ob die Zurverfügungstellung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges an den Steuerpflichtigen zu jenen Konditionen erfolgt, die auch ohne Bestehen eines Arbeitsverhältnisses üblich wären. Der VwGH stimmt weiters der Abgabenbehörde dahingehend zu, dass das Kostenbeitragsmodell des Arbeitgebers und des Steuerpflichtigen nicht darauf abzielen, den geldwerten Vorteil, der dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zugutekommt, auszuschließen. Die vom BFG vorgenommenen verfassungsrechtlichen Erwägungen stehen überdies im Widerspruch zur Rsp des VfGH, der einer ähnlichen Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg einräumt, da auf Basis einer durchschnittlichen Betrachtung angenommen werden kann, dass Arbeitnehmern, welchen ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zu Verfügung gestellt wird, geringere Aufwendungen erwachsen als jenen Arbeitnehmern, welchen kein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt wird (vgl VfGH 9. 6. 2016, E 110/2016). Somit war das angefochtene Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Conclusio

Der VwGH stellt klar, dass § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988 vom Bestehen eines im Arbeitsverhältnis gelegenen Vorteils ausgeht, der durch eine bloß anteilige Kostentragung durch den Steuerpflichtigen nicht beseitigt wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30083 vom 11.12.2020