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UGB 1994: § 142
GrEStG: § 1 Abs 1 Z 2, § 4 Abs 2
HaRÄG (BGBl I 2005/120)
Abstract
Der VwGH hatte in der vorliegenden Rechtssache (Rs) darüber zu entscheiden, ob ein Grundstück für Zwecke der Grunderwerbsteuer im Rahmen einer Anwachsung gem § 142 UGB von der Personengesellschaft selbst oder vom letzten ausscheidenden Gesellschafter erworben wird. Im Ergebnis kam der VwGH zu dem Schluss, dass Grundstücke bei einer Anwachsung gem § 142 UGB von der Personengesellschaft erworben werden. Aufgrund der Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften stehen die Grundstücke nämlich im Eigentum der Gesellschaft selbst und nicht im Miteigentum der Gesellschafter.
VwGH 4. 5. 2023, Ra 2020/16/0013
Sachverhalt/Verfahrensgang
An der im Jahr 1997 errichteten L OG waren die Revisionswerberin (Rw) zu 95 % und ihr Ehemann zu 5 % beteiligt. Das Vermögen der Gesellschaft bestand aus Wohnungseigentum an zwei Wohnungen und einem geringfügigen Bankguthaben. Mit Schenkungsvertrag vom 18. 12. 2015 übertrug der Ehemann der Rw seinen Anteil unentgeltlich an die Rw. Da diese nunmehr alleinige Gesellschafterin war, erlosch die L OG gem § 142 UGB und das Gesellschaftsvermögen ging im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Rw über. Das Finanzamt und idF auch das BFG vertraten die Ansicht, dass der Übergang des Gesellschaftsvermögens aufgrund des § 142 UGB den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG, nicht aber jenen des § 1 Abs 3 GrEStG erfülle. Aufgrund des Erwerbes von der Gesellschaft liege weiters kein begünstigter Erwerbsvorgang gem § 4 Abs 2 Z 1 GrEStG vor, sodass die Steuer von der Gegenleistung zu bemessen sei. Im Falle einer Übernahme gem § 142 UGB bemisst sich die Gegenleistung nach dem Wert der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des Wertes des bisherigen Gesellschaftsanteils des übernehmenden Gesellschafters, wobei diese Gegenleistung im Verhältnis des Grundstückes zu den sonstigen Aktiva prozentuell auf das Grundstück entfallend zu besteuern sei. Im vorliegenden Fall sei aufgrund der Schenkung und der fehlenden Gesellschaftsschulden und unter Außerachtlassung des geringfügigen Bankguthabens nur der Wert des bisherigen 95%igen Anteils als Gegenleistung heranzuziehen, der unter dem gemeinen Wert liege. Daher wurde die Steuer vom gemeinen Wert berechnet. Die Rw brachte in ihrer Revisionsbeantwortung vor, dass sie die Grundstücke von ihrem Ehemann und nicht von der Gesellschaft erworben habe und überdies bei der Berechnung der Gegenleistung ihr bisheriger 95 %-Anteil nicht berücksichtigt werden dürfe.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH hat sich im Kern mit der Frage auseinandergesetzt, ob bei Übergang des Gesellschaftsvermögens gem § 142 Abs 1 UGB vorhandene Grundstücke von der Gesellschaft oder vom zuletzt ausgeschiedenen Gesellschafter erworben werden. In einem früheren Erkenntnis vom 19. 3. 1981, 981/80 sprach der VwGH zwar erstmals aus, dass der Erwerb eines Grundstückes iZm einer Anwachsung unmittelbar vom ausgeschiedenen Gesellschafter erfolge. Diese Rechtsansicht erging allerdings noch zur Rechtslage vor dem HaRÄG (BGBl I 2005/120) und damit zum HGB als Vorgänger des heutigen UGB, in der Personengesellschaften noch keine Rechtspersönlichkeit zukam. Daher standen die Grundstücke im Miteigentum der Gesellschafter und eine Anteilsvereinigung durch Anwachsung wurde einem Erwerb vom ausscheidenden Gesellschafter gleichgestellt. Durch das HaRÄG wurde jedoch eine umfassende Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften geschaffen, wodurch die Gesellschaft unter anderem auch Zurechnungssubjekt des Gesellschaftsvermögens ist. Der VwGH schließt sich der Auffassung an, dass die Gesellschafter nur an der Gesellschaft, nicht aber am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind und das Vermögen damit allein der Gesellschaft gehört. Im Zuge einer Anwachsung gem § 142 UGB geht das Vermögen dementsprechend von der Gesellschaft auf den letzten verbleibenden Gesellschafter über, womit der Erwerbsvorgang von der Gesellschaft selbst und nicht vom ausscheidenden Gesellschafter erfolgt. Da der Übergang des Vermögens ex lege erfolgt, wird damit ein Erwerb gem § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG verwirklicht. Die Frage zur Berechnung der Gegenleistung beantwortet der VwGH in einem obiter dictum dahingehend, dass die gesamten Grundstücke zur Gänze von der Gesellschaft erworben wurden und damit eine Außerachtlassung des bisherigen 95 %-Anteils nicht in den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen Deckung findet. Konkrete Angaben zur Berechnung der Gegenleistung macht der VwGH jedoch nicht, da das BFG die Steuer zutreffend vom (unstrittig) höheren gemeinen Wert berechnet hat, wodurch die Annahme einer niedrigeren Gegenleistung keine Auswirkung auf die Festsetzung der Grunderwerbsteuer gehabt hätte.
Conclusio
Im vorliegenden Erkenntnis ging der VwGH von seiner bisherige Rsp zur Übertragung von Grundstücken im Rahmen einer Anwachsung gem § 142 UGB ab. Demnach werden Grundstücke nicht mehr vom zuletzt ausgeschiedenen Gesellschafter einer Personengesellschaft, sondern von der Gesellschaft selbst erworben. Diese Entscheidung kam durchaus nicht überraschend, da Personengesellschaften durch das HaRÄG eine umfassende Rechtsfähigkeit zugesprochen wurde. Während die Personengesellschaften nach der alten Rechtslage zivilrechtlich über kein „eigenes“ Vermögen verfügen konnten, ist dies seit Einführung des HaRÄG hingegen der Fall. Dadurch erfüllt der Übergang des Grundvermögens von der Personengesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG (so schon Leonov, GES 2020, 163; Mittendorfer/Riedl, ecolex 2020, 439; BFG 6. 7. 2017, RV/7101104/2016; 9. 5. 2022, RV/7101436/2013). Der Erwerb eines Grundstückes von der Gesellschaft selbst hat unter anderem zur Folge, dass zB das Verwandtschaftsverhältnis zum letzten ausscheidenden Gesellschafter für die Berechnung der Grunderwerbsteuer irrelevant ist (Bodis, SWK 2023, 773 [777]).
Offen bleibt, ob die Berechnung der Gegenleistung weiterhin vom Wert der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des Wertes des bisherigen Gesellschaftsanteils des übernehmenden Gesellschafters unter prozentueller Aufteilung auf das Grundstück und die sonstigen Aktiven der Personengesellschaft erfolgt (so noch die ständige Rsp zu § 142 HGB vor dem HaRÄG: VwGH 23. 1. 1986, 84/16/0155; 29. 1. 2009, 2008/16/0126; bejahend BFG 9. 5. 2022, RV/7101436/2013). Der VwGH äußerte sich zu dieser Frage nicht, da die Gegenleistung im vorliegenden Fall jedenfalls unter dem Grundstückswert lag und die Rw daher durch eine falsche Berechnung nicht beschwert wäre.