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Aufzeichnungspflichten Plattformen

Bearbeiter: Birgit Bleyer

UStG: § 18 Abs 11 und Abs 12

Der gegenständliche Erlass regelt die Handhabung der in § 18 Abs 11 und Abs 12 UStG definierten Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Übermittlungspflichten für Plattformen und andere elektronische Schnittstellen.

BMF vom 28. 9. 2020, 2020-0.621.001

Aufzeichnungspflichten Plattformen

Mit der Einführung neuer Aufzeichnungsverpflichtungen (samt Haftungsregelung) müssen ab 2020 Unternehmen, die über eine elektronische Schnittstelle (zB Plattform oder Online-Marktplatz) Umsätze im Inland unterstützen und nicht selbst die Umsatzsteuer dafür schulden, relevante Informationen für die Abgabenerhebung aufzeichnen und elektronisch übermitteln (vgl § 18 Abs 11 und Abs 12 UStG idF des AbgÄG 2020, BGBl I 2019/91, und die Sorgfaltspflichten-UStV, BGBl II 2019/315, Rechtsnews 28196, sowie die VO BGBl II 2019/377, Rechtsnews 28369. Der gegenständliche Erlass regelt nun die Handhabung dieser Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Übermittlungspflichten.

Mit dem Begriff Plattformen werden Unternehmer bezeichnet, die mittels Plattformen oder anderen elektronischen Schnittstellen gewisse Umsätze im Inland unterstützen (§ 18 Abs 11 UStG).

Bei den Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Übermittlungspflichten für die Plattformen handelt es sich um ein EU-weites System, in das die Plattformen eingebunden sind. Die Plattformen kennen ihre Pflichten und wurden umfassend informiert.

1. Aufzeichnungen gem § 18 Abs 11 UStG

Ab 1. 1. 2020 haben Plattformen und andere elektronische Schnittstellen gem § 18 Abs 11 UStG Aufzeichnungen über bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen zu führen.

Die Aufzeichnungspflicht betrifft Lieferungen, wenn

-die Lieferungen an die in Art 3 Abs 4 UStG genannten Personen ausgeführt werden,
-die Beförderung oder Versendung im Inland endet und
-die Plattform die Lieferungen unterstützt, ohne dadurch selbst zum Steuerschuldner zu werden.

Sonstige Leistungen sind von der Aufzeichnungspflicht erfasst, wenn

-die sonstigen Leistungen an einen Nichtunternehmer erbracht werden,
-der Leistungsort im Inland liegt und
-die Plattform die sonstigen Leistungen unterstützt, ohne dadurch selbst zum Steuerschuldner zu werden.

Die Plattformen müssen die Aufzeichnungen für alle oben angeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen, die über die Plattform vermittelt werden, ab dem 1. 1. 2020 führen, auch wenn eine Übermittlung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt (siehe Punkt 2.2.).

Die Details zu den Aufzeichnungen sind in der Sorgfaltspflichten-Umsatzsteuerverordnung (Sorgfaltspflichten-UStV), BGBl II 2019/315, Rechtsnews 28196, und in Art 54c Abs 2 der VO (EU) 282/2011 geregelt.

2. Verpflichtungen der Plattformen gem § 18 Abs 12 UStG

2.1. Aufbewahrung

Die Aufzeichnungen sind vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren (siehe § 18 Abs 12 UStG).

2.2. Elektronische Übermittlung

Die Plattformen haben die Aufzeichnungen elektronisch - über eine technische Schnittstelle - zur Verfügung zu stellen.

Die Details zur Übermittlung sind in der Verordnung des BMF über die elektronische Übermittlung von Aufzeichnungen gem § 18 Abs 12 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl II 2019/377, Rechtsnews 28369, geregelt.

Hinweis: Die technische Schnittstelle wurde am 6. 5. 2020 produktiv gesetzt. Seit diesem Zeitpunkt kann eine Übermittlung der Daten an die Finanzverwaltung erfolgen.

2.2.1. Übermittlungspflicht jeweils bis zum 31. 1. des Folgejahres

Übersteigt der Gesamtwert der Umsätze, für die eine Aufzeichnungspflicht besteht, insgesamt 1.000.000 Euro pro Kalenderjahr, hat die Plattform diese Aufzeichnungen bis zum 31. 1. des Folgejahres (Fallfrist) elektronisch zu übermitteln.

2.2.2. Unterjährige Übermittlungspflicht

Zusätzlich kann die Finanzverwaltung jederzeit die Übermittlung von Aufzeichnungen verlangen.

Achtung: Dem Unternehmer ist für diese unterjährige Übermittlung jedenfalls eine Frist von einem Monat einzuräumen.

3. Befugnisse der Finanzverwaltung - Anforderung von Aufzeichnungen

Die Finanzverwaltung ist jederzeit berechtigt, Aufzeichnungen zu verlangen.

Dies umfasst sowohl die Anforderung unterjähriger Daten bei einem Gesamtumsatz über 1.000.000 Euro, als auch Aufzeichnungen von Plattformen mit einem Gesamtumsatz unter 1.000.000 Euro.

3.1. Anforderung von Gesamtdaten

3.1.1. Standardisierte Übermittlung der Gesamtdaten von Plattformen mit über 1.000.000 Euro Gesamtumsatz

Die Datenübermittlung der Plattformen zum 31. Jänner des Folgejahres ist bei Überschreiten des Gesamtumsatzes von 1.000.000 Euro der Standardfall.

3.1.2. Unterjährige Anforderung von Gesamtdaten von Plattformen mit über 1.000.000 Euro Gesamtumsatz

Abweichend von der in Punkt 3.1.1. angeführten Übermittlung der Gesamtdaten einer Plattform sind unterjährige Daten-Anforderungen für bestimmte Zeiträume dann zulässig, wenn dies für Maßnahmen der Betrugsbekämpfung notwendig erscheint.

Die in § 18 Abs 12 UStG geregelte Anforderung von Aufzeichnungen bezieht sich immer auf eine zentrale Abfrage aller Plattform-Daten bzw Daten für bestimmte Zeiträume und nicht auf Einzelanfragen zu einzelnen Anbietern auf einer Plattform.

3.1.3. Anforderung von Gesamtdaten von Plattformen unter 1.000.000 Gesamtumsatz

Bei Plattformen mit Gesamtumsätzen unter 1.000.000 Euro ist gesetzlich keine verpflichtende Übermittlung der Gesamtdaten zu einem bestimmten Stichtag vorgesehen.

Eine Daten-Anforderung kann jedoch für Maßnahmen der Betrugsbekämpfung erforderlich sein.

3.2. Anforderung von Daten im Einzelfall

Bis zur automatischen jährlichen Übermittlung von Plattform-Daten ist bei der Prüfung von Anbietern auf Plattformen wie folgt vorzugehen:

3.2.1. Prüfungszeiträume bis 31. 12. 2019

Daten, die für die Prüfung eines Einzelfalles für die Jahre bis 31. 12. 2019 benötigt werden, können von der Prüferin/dem Prüfer angefordert werden.

3.2.2. Prüfungszeiträume ab 1. 1. 2020

3.2.2.1. Anbieter auf Plattformen mit Gesamtumsatz über 1.000.000

Für Prüfungszeiträume ab 1. 1. 2020 sollten die Daten der Nutzer einer Plattform, die insgesamt einen Gesamtumsatz von mehr als 1.000.000 Euro vermittelt, verfügbar sein. Dies unabhängig vom Umsatz der einzelnen Nutzer.

3.2.2.2. Unterjährige Daten von Anbietern auf Plattformen mit Gesamtumsatz über 1.000.000

Im Einzelfall kann auch für Zeiträume ab 1. 1. 2020 unterjährig die Übermittlung von Daten angefordert werden.

3.2.2.3. Anbieter auf Plattformen mit Gesamtumsatz unter 1.000.000

Ist der Nutzer auf einer Plattform mit einem Gesamtumsatz unter 1.000.000 Euro tätig, gilt die gleiche Vorgangsweise wie bei Prüfungszeiträumen bis 2019 (siehe 3.2.1.).

Ergeben sich Anhaltspunkte, dass mehrere österreichische Nutzer relevante Einkünfte erzielen, wird eine Anforderung der Gesamtdaten von dieser Plattform zu initiieren sein.

Den Volltext des Erlasses finden Sie unter Eingabe obiger GZ in der FinDok.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29743 vom 01.10.2020