News

Ausbildungskosten: Keine Pflicht zum Rückersatz bei Vereinbarung der Details erst nach Beginn der Ausbildung

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

AVRAG: § 2d

Soll der Arbeitnehmer zum Rückersatz von Ausbildungskosten verpflichtet werden, muss darüber noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen werden, aus der auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgeht. Auch wenn dem Arbeitnehmer die Höhe der Ausbildungskosten bekannt und die Ausbildung zeitlich fixiert war, besteht keine Pflicht zum (anteiligen) Rückersatz der Ausbildungskosten, wenn die Modalitäten über den Rückersatz erst nach Beginn der Ausbildung festgelegt werden.

OGH 28. 6. 2023, 9 ObA 48/23h

Notwendige Vereinbarung vor Ausbildungsbeginn

Die Arbeitgeberin begehrte mit ihrer Klage aufgrund einer mit dem Arbeitnehmer nach Beginn der Ausbildung des Arbeitnehmers abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung den Rückersatz von ihr entrichteter Ausbildungskosten. Der OGH bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen und führte dazu aus:

Der Arbeitgeber kann nur dann vom Arbeitnehmer Ausbildungskosten zurückverlangen, wenn darüber noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien geschlossen worden war. Aus dieser muss auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgehen. Der OGH begründet diese enge Auslegung des § 2d Abs 2 AVRAG mit dessen Zweck, für den Arbeitnehmer Transparenz über die Bedingungen für den Rückersatz der Kosten seiner Ausbildung zu schaffen. Ihm soll ersichtlich sein, auf welche Verpflichtungen er sich künftig einlässt, weil er nur so die finanzielle Tragweite der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in jenem Zeitraum ermessen kann, für den eine Kostentragungspflicht vereinbart wurde. Nur so kann eine sittenwidrige Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers vermieden werden.

Im vorliegenden Fall war dem beklagten Arbeitnehmer zwar die Höhe der Ausbildungskosten bekannt und die Ausbildung war auch zeitlich fixiert, die Modalitäten über einen allfälligen Rückersatz wurden zwischen den Parteien aber erst in der nach Beginn der Ausbildung abgeschlossenen Vereinbarung über den Ausbildungskostenrückersatz festgelegt. Das Gesetz selbst gibt in § 2d Abs 3 Z 3 AVRAG nur einen Mindestrahmen für eine zwingende Aliquotierung vor. Auch wenn man davon ausginge, dass dem Arbeitnehmer schon vor Beginn der Ausbildung bekannt sein musste, dass die Arbeitgeberin ihre Erklärung zur Übernahme der Ausbildungskosten an eine (erst abzuschließende) Vereinbarung über den Rückersatz dieser Kosten knüpfte, so würde auch dies dem Gesetzeszweck nicht gerecht werden, dem Arbeitnehmer eine selbstbestimmte Entscheidung, sich auf eine Ausbildung einzulassen, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Ausbildungskostenrückersatz führen kann, zu überlassen.

Mit der bloßen Behauptung der Arbeitgeberin, der Arbeitnehmer wolle eine geringfügige Verzögerung bei der Präzisierung der Rückerstattungsvereinbarung ausnützen, um die eindeutig vereinbarte Rückzahlungsvereinbarung „auszuhebeln“, wird auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers ausreichend dargetan.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34385 vom 16.08.2023