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EStG: § 17 Abs 3a, § 124b Z 355 und Z 356
Abstract
Mit dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz (COVID-19-StMG) sollen ua Bestimmungen im Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) und Körperschaftsteuergesetz 1988 (KStG) geändert bzw neu eingeführt werden.
Am 20. 11. 2020 wurde der Antrag für ein COVID-19-Steuermaßnahmengesetz (COVID-19-StMG) eingebracht. Hinter dem Namen verbirgt sich, neben der Verlängerung von bereits eingeführten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Krise, die steuerliche Herbstlegistik. Die Änderungen ohne COVID-19-Bezug im Einkommensteuerrecht betreffen schwerpunktmäßig die teilweise Änderung der erst mit dem StRefG 2020 eingeführten Kleinunternehmerpauschalierung. Zu den Bestimmungen des neuen § 12a KStG betreffend die Zinsschranke siehe Rechtnews 29985 vom 24. 11. 2020; zu den sonstigen Änderungen im Körperschaftsteuergesetz siehe Rechtsnews 30007 vom 27. 11. 2020.
1. Ausgewählte Änderungen im EStG
1.1. Änderung der Kleinunternehmerpauschalierung
Vor dem Hintergrund der administrativen Vereinfachung1 wurde mit Art 1 Z 7 StRefG 20202 in § 17 Abs 3a eine neue Pauschalierung für Kleinunternehmer eingeführt. Ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 20203 stehen Kleinunternehmern somit neben der freiwilligen Buchführung gem § 4 Abs 1 EStG und der vollständigen E-A-R gem § 4 Abs 3 EStG zwei gesetzliche Pauschalierungsvarianten (Basispauschalierung und Kleinunternehmerpauschalierung) sowie ggf weitere Branchenpauschalierungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Anwendungsvoraussetzung der Kleinunternehmerpauschalierung ist bisher ua, dass die insgesamt erzielten Umsätze korrespondierend zur Kleinunternehmergrenze in § 6 Abs 1 Z 27 UStG4 im Veranlagungsjahr höchstens 35.000 € betragen. Für die Definition der für die Grenze beachtlichen Umsatzerlöse griff der Gesetzgeber bisher auf § 1 Abs 1 Z 1 UStG (Lieferungen und sonstige Leistungen im Inland) zurück, passte diesen Umsatzbegriff jedoch gleichzeitig an die Bedürfnisse des EStG an. Daher wurden einerseits Umsätze, die zu Einkünften führen, die nicht dem Anwendungsbereich der Pauschalierung unterliegen sowie Umsätze aus Entnahmen vom Umsatzbegriff ausgenommen, andererseits wurden Umsätze aus im Ausland ausgeführten Lieferungen und Leistungen aufgrund des Welteinkommensprinzips in den Umsatzbegriff der Kleinunternehmerpauschalierung einbezogen (§ 17 Abs 3a Z 2 EStG).Für alle anderen Umsätze war – unabhängig einer etwaigen Umsatzsteuerbefreiung – auf die Umsatzsteuerbarkeit iSd § 1 Abs 1 Z 1 UStG abzustellen, wohingegen iRd Kleinunternehmerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 27 Satz 3 UStG Umsätze aus Hilfsgeschäften oder Geschäftsveräußerungen sowie die meisten umsatzsteuerbefreiten Umsätze von der Umsatzgrenze ausgenommen sind.5
Zusätzlich umfassen die Umsätze iSd § 1 Abs 1 Z 1 UStG die darauf entfallende USt nicht, während bei der Berechnung der Kleinunternehmergrenze auf die Bemessungsgrundlage bei unterstellter Steuerpflicht abzustellen ist (somit von den relevanten Umsätzen die USt für die Berechnung der Grenze herauszurechnen ist6). Diesbezüglich hätten in der Praxis die folgenden Probleme auftauchen können: Trotz fast gleichlautendem Namen hätte es einerseits Fälle geben können, in denen zwar die Umsatzgrenze iSd Kleinunternehmerpauschalierung bereits überschritten ist, Steuerpflichtige jedoch weiterhin die Kleinunternehmerregelung iSd UStG in Anspruch nehmen können. Andererseits führten die Anpassungen des Umsatzbegriffs der Kleinunternehmerpauschalierung, insb die Einschränkung auf Umsätze aus Einkünften iSd §§ 22 und 23 EStG, dazu, dass Steuerpflichtige nicht unbedingt unter die Kleinunternehmerregelung iSd UStG fallen hätten müssen, um die Pauschalierung in Anspruch nehmen zu können7.
Wohl vor diesem Hintergrund entschied sich der Gesetzgeber dazu, die Anwendungsvoraussetzungen der Kleinunternehmerpauschalierung in Bezug auf die Umsatzgrenze weitestgehend mit der Kleinunternehmerregelung iSd UStG zu harmonisieren.8 Darüber hinaus sieht der Gesetzesentwurf Änderungen beim Betriebseinnahmen- sowie (pauschalen) -ausgabenbegriff der Pauschalierung vor. Im Konkreten werden § 17 Abs 3a Z 2-5 wie folgt geändert9:
Für die Umsatzgrenze des § 17 Abs 3a Z 2 ist gem Entwurf zukünftig rein auf die Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung gem § 6 Abs 1 Z 27 UStG (Kleinunternehmerregelung) abzustellen, wodurch der Anwendungsbereich in betraglicher Hinsicht breiter wird (siehe die Ausführungen zur Beachtung der USt oben).
Beispiel10: A erzielt Einnahmen als Fachschriftsteller iHv 21.000 € sowie Einnahmen als Musiker iHv 15.000 €. Die für die Kleinunternehmergrenze iHv 35.000 € relevanten Umsätze berechnen sich wie folgt: 21.000/1,2 = 17.500 € + 15.000/1,1 = 13.636,4 €. Insgesamt betragen die relevanten Umsätze 31.136,4 € und die Kleinunternehmerregelung sowie die Pauschalierung sind demnach anwendbar.
Dabei ist es unerheblich, ob die Kleinunternehmerregelung tatsächlich in Anspruch genommen wird. Ist die Kleinunternehmerregelung nur deshalb nicht anwendbar, weil auch Umsätze erzielt werden, die nicht von der Pauschalierung erfasst werden (zB aus VuV), ist dies für die Anwendung der Pauschalierung weiterhin unschädlich. 11
Beispiel12: B ist nicht selbständig tätig, daneben ist er als Vortragender tätig und erzielt daraus Einnahmen iHv 41.0o0 €, außerdem erzielt er Einnahmen aus einer Vermietung iHv 24.000 €. Für die Anwendung der Pauschalierung in Bezug auf die Einkünfte aus der Vortragstätigkeit bleiben die Vermietungsumsätze unberücksichtigt. Insgesamt betragen die relevanten Umsätze 41.000 €/1,2 = 34.166,67, die Pauschalierung ist demnach anwendbar.
Die Planungsunsicherheit in Bezug auf das Abstellen der Anwendungsvoraussetzungen auf das Veranlagungsjahr besteht weiterhin. Diesbezüglich sah § 17 Abs 3a Z 2 EStG schon bisher eine Toleranzregelung in Form einer einmaligen Überschreitung von bis zu 5.000 € vor. Nunmehr schlägt die Toleranzregelung des § 6 Z 27 UStG (einmalige Überschreitung um bis zu 15 % innerhalb eines Betrachtungszeitraums von 5 Jahren) unmittelbar auf die Pauschalierung durch.13 Wenngleich die Toleranzregelung damit betraglich etwas weiter wurde, stellt dies insgesamt eine Einschränkung dar, da gem dem alten Wortlaut auch ein mehrmaliges Überschreiten innerhalb einer 5-Jahresbetrachtung denkbar war.
Im Gegensatz zur Basispauschalierung wird iRd Kleinunternehmerpauschalierung nicht nur die pauschale Ermittlung der Betriebsausgaben, sondern die Ermittlung des pauschalen Gewinns im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung normiert.14 Das Abstellen des Betriebseinnahmenbegriffs des § 17 Abs 3a Z 3 EStG idgF auf den Umsatzbegriff aus Vereinfachungsgründen15 führte jedoch zum Nichteinbezug gewisser einkommensteuerlich relevanter Einnahmen bei der Gewinnermittlung, worauf bereits in der Literatur kritisch hingewiesen wurde.16 Dies betraf insb die Folgerechtsvergütungen gem § 16b UrhG oder die Reprographie- sowie Speichermedienvergütung gem § 42b UrhG.17 Aus diesem Grund sieht die Neufassung der Z 3 zukünftig ein Abstellen auf die Betriebseinnahmen nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen vor. Insofern unterscheidet sich die Pauschalierung nunmehr nicht mehr von einer normalen E-A-R.18 Zusätzlich wurde die iRd der Basispauschalierung bestehenden Durchlauferregelung für Reise- und Fahrtkosten auch in § 17 Abs 3a Z 3 aufgenommen.19 Für die Gewinnermittlung soll aus Vereinfachungsgründen nunmehr gesetzlich die Nettoverrechnung vorgesehen werden, das Betriebsausgabenpauschale bemisst sich stets von den Nettobetriebseinnahmen (unabhängig davon, ob eine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht oder nicht).20
In § 17 Abs 3a Z 4 wurde eine Deckelung des Betriebsausgabenpauschales eingeführt, die die Höchstgrenze der pauschalen Betriebsausgaben unabhängig von den tatsächlichen Betriebseinnahmen sicherstellen soll, weil es aufgrund der neuen Anwendungsvoraussetzungen zu Abweichungen zwischen Umsatzgrenze und Betriebseinnahmen kommen kann.21 Die Deckelung bezieht sich auf 45 bzw 20 % der Kleinunternehmergrenze zzgl USt iHv 20 % und beträgt daher 18.900 (35.000*1,2*0,45) bzw 8.400 (35.000*1,2*0,2).
§ 17 Abs 3a Z 5 muss aufgrund der Änderung der Basis des Betriebsausgabenpauschales modifiziert werden. Für die branchenbezogene Einordnung und damit der Höhe des Pauschalsatzes bei Mischbetrieben ist demnach künftig die Tätigkeit maßgeblich, aus der die höheren Betriebseinnahmen stammen.
Der Entwurf sieht die Wirksamkeit der Änderungen ab dem Veranlagungsjahr 2021 vor. Für das Veranlagungsjahr 2020 bleibt daher die alte Rechtslage anwendbar. Abzuwarten bleibt die Verordnung des BMF auf Basis des § 17 Abs 3a Z 5, die die branchenbezogene Einordnung eines Betriebes als Dienstleistungsbetrieb regeln soll.
1.2. Verlustrücktrag (§ 124b Z 355 EStG)
In § 124b Z 355 lit a EStG wird im Satz „Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, im Wege einer Verordnung festzulegen, dass eine Verlustberücksichtigung im Rahmen der Veranlagung 2019 sowie 2018 bereits vor Durchführung der Veranlagung 2020 erfolgen kann, um bei den Steuerpflichtigen früher positive Liquiditätseffekte herbeizuführen“ die fett markierte Wortfolge gelöscht. Dies ist zu begrüßen, da so sichergestellt wird, dass der Liquiditätseffekt des Verlustrücktrags bereits vor Durchführung der Veranlagung 2019 eintreten kann.
1.3. Degressive AfA (§ 124b Z 356 EStG)
In die Bestimmung zur degressiven AfA wird folgender Satz angefügt: “Für vor dem 1. Jänner 2022 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter kann die degressive Absetzung für Abnutzung nach Maßgabe des § 7 Abs 1a in der Fassung BGBl. I Nr. 96/2020 unabhängig von der im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss vorgenommenen Abschreibung in Anspruch genommen werden.“ Dies löst etwaige Probleme iZm der Maßgeblichkeit, um den primären Zweck der Investitionsförderung und Konjunkturbelebung bestmöglich zu verwirklichen.22
1.4. Sonstige Änderungen im EStG
Die sonstigen Änderungen im EStG betreffen einerseits die Verlängerung der zur Bewältigung der COVID-19-Krise eingeführten steuerlichen Maßnahmen bis Ende März 2021. Dies betrifft bspw die weitere Gewährung des Pendlerpauschales und steuerfreie Behandlung von Zulagen und Zuschlägen trotz Home-Office, Quarantäne oder Kurzarbeit; die pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen an Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer sowie die Begünstigungsvorschrift für Ärzte iSd § 36b Ärztegesetz.23
Andere Maßnahmen betreffen die Verhinderung von steuerlichen Nachteilen iZm dem Jahressechstel, die Verlängerung der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen zum Zweck der ertragsbringenden Vermögensausstattung an eine gemeinnützige privatrechtliche Stiftung, die Lockerung der 10%-Grenze iZm der Abzugsfähigkeit von Spenden für die Veranlagungen 2020 und 2021, die Lohnsteuerabzugsverpflichtung für ausländische Arbeitgeber ohne inländische Betriebsstätte, die Aktienmindestquote in der Zukunftsvorsorge, die Senkung der Steuersätze auch für den vorläufigen Lohnsteuerabzug in besonderen Fällen gem § 69 aufgrund der Senkung des Eingangssteuersatzes im KonStG 2020 sowie die steuerliche Behandlung der auf § 2 Abs 2 Z 7 ABBAG-Gesetz bzw auf das Härtefallfondsgesetz gestützten Maßnahmen.
IA StRefG 2020, 984/A 26. GP, Begründung 35.
Vgl § 124b Z 343 EStG.
Vgl IA StRefG 2020, 984/A 26. GP, Begründung 39.
Vgl Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), UStG5 § 6 Rz 450.
Vgl UStR 1994 Rz 996.
Vgl Stauber/Hager, Darstellung der neuen Pauschalierung gem § 17 Abs 3a EStG, in Hirschler/Kanduth-Kristen/Zinnöcker, SWK-Spezial Einkommensteuer 2020, 23.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung 14.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Art 1 Z 1, 1 f.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1 und Z 21, 16.
Vgl § 17 Abs 3a Z 2 TS 1-2 idF COVID-19-StMG.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1 und Z 21, 17.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1 und Z 21, 17.
Vgl § 17 Abs 3a Satz 1 idgF.
Vgl IA StRefG 2020, 984/A 26. GP, Begründung 39.
Vgl Brameshuber/Halder/Mayr in D/K/M/Z, EStG21 § 17 Rz 71; Hochhauser, SWK 2019, 1306 (1312).
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1 und Z 21, 18; siehe zu anderen betroffenen Betriebseinnahmen auch Brameshuber/Halder/Mayr in D/K/M/Z, EStG21 § 17 Rz 71.
IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1, 18.
Zur Behandlung für das Veranlagungsjahr 2020 siehe Brameshuber/Halder/Mayr in D/K/M/Z, EStG21 § 17 Rz 71.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1 und Z 21, 18.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 1 und Z 21, 18.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung zu Art 1 Z 19, 21.
Vgl IA COVID-19-StMG, 1109/A 27. GP, Begründung, 14.