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Begründung der Wiederaufnahme mittels Verweis auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung

Bearbeiter: Yasmin Lawson

BAO: § 93; § 303 Abs 1 lit b

Abstract

In seiner Begründung der Wiederaufnahme verfasst das Finanzamt keine eigene Zusammenfassung der maßgeblichen neu hervorgekommenen Tatsachen, sondern verweist auf Tz 5 des Betriebsprüfungsberichts. Diese Tz enthält zwar selbst nur eine Berechnung, verweist jedoch weiter auf die Tz 3 und 4, die die relevanten tatsächlichen Umstände erörtert. Nach Ansicht des VwGH ergibt sich insgesamt deutlich, worauf sich das Finanzamt stützen wollte; die Wiederaufnahme war zulässig.

VwGH 22. 4. 2022, Ra 2020/13/0025-6

Sachverhalt

Nach einer Außenprüfung erließ das Finanzamt einen Wiederaufnahmebescheid betreffend der Körperschaftsteuerverfahren der geprüften Jahre. In der Begründung für diese Wiederaufnahme verwies das Finanzamt auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung und auf Textziffer 5 des Berichts über das Ergebnis der Außenprüfung. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf Beschwerde: Die Textziffer 5 beinhalte nur eine Berechnung, aber keine maßgeblichen Sachverhaltsumstände, ebenso wenig ließe sich der Sachverhalt der Niederschrift über die Schlussbesprechung entnehmen. Das BFG hob den Bescheid entsprechend diesem Vorbringen mangels Bekanntgabe der neu hervorgekommenen Tatsachen auf. Gegen dieses Erkenntnis richtete sich die außerordentliche Amtsrevision.

Entscheidung des VwGH

Gem § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl VwGH 26. 11. 2015, Ro 2014/15/0035). Die Abgabenbehörde hat zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind (VwGH 30. 9. 1987, 87/13/0006).

Es ist grundsätzlich zulässig, in der Begründung des Wiederaufnahmebescheides auf den Betriebsprüfungsbericht oder die Niederschrift zu verweisen (vgl VwGH 29. 1. 2015, 2012/15/0030; 22. 11. 2012, 2012/15/0172). Die Textziffer 5 des Betriebsprüfungsberichts enthält nicht nur eine Berechnung der Gewinnauswirkungen, sondern auch einen Hinweis auf die Textziffern 3 und 4. In diesen werden mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände dargelegt. Diese Sachverhaltsumstände sind Tatsachen im Sinne des § 303 BAO und können eine Wiederaufnahme begründen; dass sich das Finanzamt auf diese Umstände stützen wollte, wird aus dem Verweis in Textziffer 5 hinreichend klar. Da die Wiederaufnahme sohin ordnungsgemäß begründet war, war das Erkenntnis des BFG aufzuheben.

Conclusio

Nach stRspr ist es zulässig, in der Begründung eines Bescheides auf der Partei zugegangene Schriftstücke Bezug zu nehmen (Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 93 Rz 15 f) – allerdings muss dieser Verweis sich grundsätzlich tatsächlich auf jene Abschnitte der Schriftstücke, hier des Betriebsprüfungsberichtes, beziehen, die eine Wiederaufnahme begründen können. Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt das Glück, das in der im Bescheid genannten Tz ein Verweis auf die beiden richtigen und begründungstauglichen Tz enthalten war. Bereits mehrfach war das nach Ansicht der VwGH nicht der Fall: In VwGH 19. 9. 2007, 2004/13/0108 und VwGH 26. 1. 2011, 2007/13/0076 verwies das Finanzamt auf die Begründung zweier Prüfberichte, in denen die Prüfer/inn/en die Wiederaufnahme mit fälschlichen Rückverweisen (etwa statt Tz 13 auf Tz 19) begründet hatten. In den in der Begründung genannten Tz fanden sich keine neu hervorgekommenen Sachverhaltsumstände, sohin hatte auch die Behörde die Wiederaufnahme nicht ordnungsgemäß begründet.

Die Begründung der Wiederaufnahme kann daher mit Verweis auf einen Verweis im Prüfbericht gestützt werden – jedoch muss zumindest dieser Verweis im Prüfbericht dann richtig auf die Erörterung einer neu hervorgekommenen Sache verweisen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32916 vom 11.08.2022