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Berufsunfähigkeitsversicherung: Arglistige Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 870

VersVG: § 22, § 163, § 178

Wegen der gleichgelagerten Interessenlage wie in der Lebens- und Krankenversicherung sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung die §§ 163, 178 VersVG analog anzuwenden. Danach kann der Berufsunfähigkeitsversicherer wegen einer Verletzung der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers beim Abschluss des Vertrags vom Vertrag nicht mehr zurücktreten, wenn seit dem Abschluss drei Jahre verstrichen sind, außer die Anzeigepflicht ist arglistig verletzt worden.

Ob die Voraussetzungen für die Annahme von Arglist vorliegen, ist eine Tatfrage. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass ein Versicherungsnehmer, der Antragsfragen bewusst unrichtig beantwortet, regelmäßig auch mit Arglist in Bezug auf die Willensbildung des Versicherers gehandelt hat. Vielmehr erfordert Arglist iSd § 22 VersVG, dass der Versicherungsnehmer durch die Falsch- oder Nichtbeantwortung auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen wird, wenn er (vollständig) die Wahrheit sagt. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 870 ABGB erfüllt sind, kommt es maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an.

Im Rahmen der Judikatur hält sich die Rechtsansicht des BerufungsG, dass der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag nicht zu Recht bestehe, weil der Versicherungsnehmer arglistig einen Gefahr erhöhenden Umstand nicht angegeben habe: Nach den Feststellung hat der Versicherungsnehmer die Fragen zu seinem früheren Drogenkonsum und der psychischen Erkrankung deshalb unrichtig beantwortet, weil ihm bewusst war, dass die wahrheitsgemäße Beantwortung Einfluss auf den Abschluss des Versicherungsvertrags haben kann. Er unterließ also bewusst jeden Hinweis auf früheren Drogenkonsum und die psychische Krankheit, damit der Versicherer den Versicherungsantrag nicht ablehnt oder nur unter erschwerten Bedingungen annimmt. Er verschwieg damit einen Gefahr erhöhenden Umstand, von dem er wusste, dass er Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers haben würde, den Versicherungsantrag in dieser Form anzunehmen.

OGH 24. 1. 2024, 7 Ob 218/23v

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35295 vom 09.04.2024