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Besteuerung einer Abgangsentschädigung

Bearbeiter: Franz Wallig

EStG: §§ 62 Z 1-3, 67 Abs 8 und 10

Väter-Karenzgesetz: § 8f

Abstract

Das BFG hatte sich im vorliegenden Fall mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Vergleichszahlung unter die Begünstigungen des § 67 Abs 8 lit a oder b EStG fällt, wenn sie für die vorzeitige Auflösung eines Dienstverhältnisses geleistet wird. Obwohl § 67 Abs 8 lit a EStG explizit Zahlungen aus außergerichtlichen Vergleichen umfasst, sprach sich das BFG gegen die Anwendung der Begünstigung aus. Nach dem Willen des Gesetzgebers und der stRsp des VwGH seien Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume bewusst von der Begünstigung ausgenommen und unterliegen gem § 67 Abs 10 EStG dem regulären Lohnsteuertarif.

BFG 2. 4. 2024, RV/7100346/2019.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) war von 3. 1. 2011 bis zum 31. 8. 2016 unselbständig beschäftigt. Im Frühjahr 2016 wurde der Bf von seinem Dienstgeber auf Zustimmung zur Kündigung geklagt, weil er sich in Elternteilzeit befand und gem § 8f Väter-Karenzgesetz besonderen Kündigungsschutz genoss. Am 19. 8. 2016 wurde eine Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum 31. 8. 2016 geschlossen. Die Vergleichssumme in Höhe von EUR 30.000,- wurde dem Bf gleichzeitig mit dem Augustgehalt ausbezahlt. Daraufhin wurde das Verfahren zur Zustimmung zur Kündigung ruhend gestellt. Der Dienstgeber behandelte die Zahlung als Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume, weil der Bf diese erhalten hat, um einer vorzeitigen Kündigung zuzustimmen. Es handle sich um eine Abgangsentschädigung, welche gem § 67 Abs 10 EStG zum Tarif zu versteuern ist. Der Bf argumentierte hingegen, dass ein außergerichtlicher Vergleich vorlag, der zur Inanspruchnahme der Vergünstigungen in § 67 Abs 8 lit a EStG berechtige.

Entscheidung des BFG

Gem § 67 Abs 8 lit a EStG sind auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen gem § 67 Abs 10 EStG im Monat der Zahlung zum progressiven Tarif zu erfassen. Dabei ist aber nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge iSd § 62 Z 3, 4 und 5 EStG ein Fünftel steuerfrei zu belassen (höchstens aber die neunfache monatliche Höchstbeitragsgrundlage gem § 108 ASVG) und für Zeiträume, in denen ein Anspruch auf eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht, bis zu EUR 7.500,- mit dem festen Steuersatz von 6 % zu versteuern. Selbes gilt mit Ausnahme der Besteuerung von EUR 7.500,- mit dem fixen Steuersatz von 6 % gem § 67 Abs 8 lit b auch für Kündigungsentschädigungen. Sonstige Bezüge, die nicht unter § 67 Abs 1 bis 8 fallen sind gem § 67 Abs 10 in voller Höhe zum Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen.

Das BFG stuft die Entschädigung des Dienstgebers weder als Vergleichssumme noch als Kündigungsentschädigung ein. Stattdessen wurde die Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistungen geleistet. Darunter versteht man eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers, um den Arbeitnehmer zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses zu bewegen (VwGH 18. 3. 1991, 90/14/0053; 29. 10. 2003, 2000/13/0028; 15. 9. 2011, 2007/15/0231). Der Bf führt selbst aus, dass die Vergleichszahlung von EUR 30.000,- als „Gegenleistung“ für die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses vor Ablauf des Kündigungsschutzes gewährt wurde.

Zahlungen im Zusammenhang mit der einvernehmlichen vorzeitigen Auflösung eines Dienstverhältnisses waren als „Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume“ von der begünstigenden Bestimmung des § 67 Abs 8 lit b EStG (idF BGBl I 2000/142) erfasst, soweit die Auszahlungen bis zum 28. 2. 2014 erfolgten (§ 124b Z 256 EStG). Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 wurde die Begünstigung des § 67 Abs 8 lit b EStG auf Kündigungsentschädigungen eingeschränkt. Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sollten dezidiert nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr erfasst werden (vgl ErlRV 24 BlgNR 25. GP 9). Solche Zahlungen sind nunmehr von der begünstigten Besteuerung ausgenommen und gem § 67 Abs 10 EStG im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats zu besteuern (vgl VwGH 19. 4. 2018, Ra 2017/15/0073; 7. 12. 2020, Ro 2020/13/0013). Aus diesem Grund wurde im vorliegenden Fall auch die Vergleichssumme von EUR 30.000,- korrekt dem laufenden Lohnsteuertarifs des Monats August 2016 unterworfen.

Conclusio

Die Entscheidung des BFG folgt der stRsp des VwGH zu Zahlungen des Arbeitgebers, um den Arbeitnehmer zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses zu bewegen. Wie das BFG richtig ausführt, sind solche Zahlungen nicht mehr von § 67 Abs 8 lit b EStG umfasst und fallen daher grds in die Auffangbestimmung des § 67 Abs 10 EStG. Fraglich ist aber, ob die Zahlung im vorliegenden Fall nicht unter § 67 Abs 8 lit a EStG als lex specialis zu § 67 Abs 10 EStG subsumiert werden könnte, weil sie in Form eines außergerichtlichen Vergleichs erfolgte. Das BFG erläutert, dass ein Vergleich eine unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte ist (vgl VwGH 24. 9. 2002, 99/16/0310; 21. 3. 2021, 2011/16/0122). Zweifelhaft ist ein Recht also dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Das BFG prüfte aber nicht, ob der Vergleich diesen Voraussetzungen gerecht wurde. Eine erfolgreiche Klage auf Zustimmung zur Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitgeber nachweisen kann, dass die begehrte Teilzeitbeschäftigung aus betrieblichen Erfordernissen verweigert wird. Im vorliegenden Fall wird wohl keine klare betriebliche Notwendigkeit der Kündigung vorgelegen haben, ansonsten hätte der Arbeitgeber keinen Vergleich geschlossen. Es könnte daher durchaus argumentiert werden, dass sich der Bf und dessen Arbeitgeber über den Umfang des Rechts auf Ausübung der Teilzeitbeschäftigung uneinig waren und der Vergleich die Voraussetzungen des § 67 Abs 8 lit a EStG erfüllt. Daher ist es zumindest überraschend, dass sich das BFG nicht näher mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35454 vom 23.05.2024