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Betriebsunterbrechungsversicherung: “Heilbehandlung nach Krankheit und Unfall“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

Der Versicherungsfall ist nach der Definition in Art 4.1 der Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung für freiberuflich und selbstständig Tätige (ABFT 2005) „die völlige oder teilweise Unterbrechung des versicherten Betriebs durch einen Sach- oder Personenschaden“. Art 4.2 ABFT 2005 legt den Beginn der Betriebsunterbrechung mit dem – hier interessierenden – Zeitpunkt des „Eintritts des Personenschadens“ und dessen Ende mit der „Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit“ fest. Als Personenschaden gilt nach Art 3.3 ABFT 2005 die „völlige (100 %ige) Arbeitsunfähigkeit der in der Polizze namentlich genannten, den Betrieb verantwortlich leitenden Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen gem Art 2.5 ABFT 2005“. Art 2.5 ABFT 2005 nimmt Bezug auf „Personenschäden durch Krankheit und Unfall“ und definiert in Art 2.5.1 die „Krankheit“, in Art 2.5.2 den „Unfall“ und in Art 2.5.3 die „Heilbehandlung (nach Krankheit und Unfall)“. Für den Fall, dass die Haftungszeit – wie hier unstrittig – in Abweichung von Art 6.2 ABFT 2005 sechs Monate beträgt, sieht die Klausel AT 025 für die Unfallspätversorgung eine Erweiterung der Haftungszeit auf 12 Monate vor.

Der Kl war nach einem Unfall von 9. 6. bis 1. 12. 2019 vollständig an der Betriebsausübung gehindert. Im Dezember 2020 wurden die implantierten Metallteile wieder entfernt. Strittig ist nun die weitere Betriebsunterbrechung aufgrund dieser Operation. Aus Art 2.5 ABFT 2005 folgt nicht, dass ein „Personenschaden wegen einer Heilbehandlung“ eine eigenständige versicherte Gefahr darstellte. Vielmehr versteht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer Art 2.5 ABFT 2005 iVm Art 4.1 ABFT 2005 dahin, dass Versicherungsfall ein Personenschaden ist, der durch eine Krankheit oder einen Unfall ausgelöst wird, und nicht die Heilbehandlung, die aus der Krankheit oder dem Unfall resultiert.

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 155/22b

Entscheidung

Zum einen stellt der Versicherungsfall der Betriebsunterbrechung nach dem Wortlaut ausdrücklich auf einen Personenschaden aus einem Unfall ab. Die „Heilbehandlung nach dem Unfall“ löst aber keinen Personenschaden aus, sondern bezweckt dessen Beseitigung.

Zum anderen würde das Auslegungsergebnis, wonach jede Heilbehandlung einen eigenen Versicherungsfall darstellt, die Anführung von Krankheit und Unfall obsolet machen, weil eine Heilbehandlung stets auf eine Krankheit oder einen Unfall zurückzuführen sein wird.

Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer sieht daher die Aufnahme der Definition der „Heilbehandlung nach Krankheit und Unfall“ in Art 2.5 ABFT als Klarstellung, dass auch die Heilbehandlung – als Folge des durch Krankheit oder Unfall ausgelösten Personenschadens – vom Versicherungsschutz umfasst ist, sie aber selbst keinen eigenständigen Versicherungsfall begründet.

Dies wird durch die Erweiterung der Haftzeit für Unfallspätfolgen (vgl Klausel AT 025) verdeutlicht. Auch eine solche Erweiterung erübrigte sich, wenn ohnedies jede Heilbehandlung einen eigenständigen Versicherungsfall darstellen würde.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33450 vom 28.12.2022