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Wird Rechtshilfe im Strafverfahren nur unter einem Fiskalvorbehalt geleistet, dürfen Ergebnisse aus dem Rechtshilfeersuchen nicht im Abgabenfestsetzungsverfahren verwendet werden. Der VwGH hat in der gegenständlichen Entscheidung erkannt, dass ein solches Beweisverwertungsverbot auch im Abgabensicherstellungsverfahren (§ 232 BAO) wirkt.
VwGH 8. 10. 2020, Ra 2020/13/0044
Sachverhalt
Gegen den Revisionswerber war ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber (X AG) anhängig. Die X AG schloss sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter an und begehrte den Ersatz des vom Revisionswerber verursachten Schadens in Höhe von € 2,9 Mio. Über ein Amtshilfeersuchen an die verfahrensführende Staatsanwaltschaft (WKStA) erlangte die Abgabenbehörde von dem Anspruch der X AG Kenntnis, wobei die WKStA ihre Informationen wiederum über ein Rechtshilfeersuchen an eine Schweizer Staatsanwaltschaft erhalten hatte. Die Rechtshilfe wurde nur unter der Bedingung geleistet, dass die Informationen nicht im Abgabenverfahren verwendet werden dürfen („Fiskalverbot“ oder „Fiskalvorbehalt“).
Im Zuge einer Außenprüfung beim Revisionswerber überreichte dieser eine Stellungnahme, in welcher er offenlegte, in der Schweiz über Vermögenswerte zu verfügen und in welcher er die legale Herkunft dieser Vermögenswerte glaubhaft machen wollte.
Gestützt auf die Informationen aus der Privatbeteiligtenanschlusserklärung sowie auf die Offenlegung des Revisionswerbers ordnete die Abgabenbehörde die Sicherstellung von Einkommensteuer in Höhe von € 1,5 Mio wegen Gefährdung der Einbringlichkeit an. Es sei der Zugriff der X AG auf das Vermögen des Revisionswerbers zu befürchten.
Entscheidung des VwGH
Dem Verfahren zur Abgabenerhebung nach den Bestimmungen der BAO ist ein Beweisverwertungsverbot grundsätzlich fremd (vgl VwGH 1. 9. 2015, Ro 2014/15/0023). Ein Beweisverwertungsverbot kann sich aber insbesondere aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen gesetzesergänzenden Inhaltes ergeben (vgl VwGH 22. 1. 1992, 90/13/0237; 13. 9.2006, 2002/13/0190).
Im Rahmen des Abgabenverfahrens durften im Hinblick auf den formulierten Vorbehalt die aus dem Rechtshilfeverfahren (im Rahmen des Strafverfahrens) mit der Schweiz gewonnenen Beweismittel – jedenfalls ohne Einholung einer allfällig ergänzenden Zustimmung der Schweizerischen Behörden – nicht verwendet werden. Da auch im Rahmen eines Sicherstellungsverfahrens ein konkreter Sachverhalt festzustellen ist und hiezu Beweise zu würdigen und damit zu verwerten sind, gilt das Beweisverwertungsverbot auch im Rahmen dieses Verfahrens.
Denjenigen, der aufklärungsbedürftige Geschäfte tätigt, die ihre Wurzeln in einem Land haben, in dem die österreichischen Abgabenbehörden keine Sachverhaltsermittlungen durchführen können, trifft aber eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Es liegt an diesem Abgabepflichtigen, die Geschäftsbeziehungen vollkommen offen zu legen (vgl VwGH 28. 10. 2010, 2006/15/0326; 4. 9. 2019, Ro 2019/13/0024). Auch dann, wenn – wie hier – Auskünfte etwa aus einem Rechtshilfeverfahren in Strafsachen aus einem derartigen Land einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, obliegt es mangels Möglichkeit der Abgabenbehörden zur eigenständigen Sachverhaltsermittlung dem Abgabepflichtigen, den Sachverhalt offen zu legen.
Werden Informationen (iZm einem Rechtshilfeverfahren) durch den Steuerpflichtigen freiwillig offengelegt, unterliegen diese schon deshalb keinem Verwertungsverbot (vgl Kotschnigg/Pohnert in Kotschnigg, Beweisrecht BAO § 166 Rz 52).
Conclusio
Wurde Rechtshilfe der Behörden eines anderen Staates nur unter der Bedingung geleistet, dass die Ergebnisse nicht im Abgabenverfahren verwendet werden dürfen („Fiskalverbot“), gilt – wie der VwGH hier erstmals zu entscheiden hatte – ein solches Beweisverwertungsverbot nicht nur im Abgabenfestsetzungsverfahren, sondern auch im Sicherstellungsverfahren nach § 232 BAO. Insoweit der Steuerpflichtige den Sachverhalt jedoch selbst offenlegt (etwa durch eine Selbstanzeige zur Abwendung finanzstrafrechtlicher Folgen), kann er sich nicht auf ein Verwertungsverbot berufen.