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BFG: Abfertigungsrückstellung für freiwillige Abfertigungen von Vorstandsmitgliedern zulässig?

Bearbeiter: Philipp Schwarzinger

EStG 1988: § 14 Abs 1 Z 3, § 14 Abs 3 Z 1

KStG 1988: § 12 Abs 1 Z 8

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob eine Bildung von Abfertigungsrückstellungen für freiwillige Abfertigungszusagen an ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft gerechtfertigt ist. Gem § 14 Abs 3 Z 1 EStG darf eine Rückstellung für Abfertigungen nur gebildet werden, wenn der Gesamtbetrag der zugesagten Abfertigung einer gesetzlichen oder dem Dienst- bzw Anstellungsverhältnis entsprechenden kollektivvertraglichen Abfertigung nachgebildet ist. Das BFG hat die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass keine Vergleichbarkeit zwischen den freiwilligen Abfertigungszusagen an Vorstandsmitglieder und der gesetzlichen Abfertigung gegeben ist.

BFG 10. 12. 2024, RV/5101309/2018

Sachverhalt

In den Vorstandsverträgen mit Vorstandsmitgliedern wurde von einer Aktiengesellschaft vereinbart, dass das Vertragsverhältnis dem System der „Abfertigung neu“ unterliegt und bei Nichtverlängerung des Vorstandsvertrages zusätzlich eine der gesetzlichen „Abfertigung alt“ nachgebildete freiwillige Abfertigung ausbezahlt wird.

Für diese freiwilligen Abfertigungszusagen wurden Abfertigungsrückstellungen unter Berufung auf § 14 Abs 1 Z 3 EStG gebildet. Die Finanzverwaltung erkannte die Rückstellung jedoch mit der Begründung nicht an, dass die vertraglich zugesicherten freiwilligen Abfertigungen sowohl dem Grunde als auch im konkreten Fall der Höhe nach nicht mit einer gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Abfertigung vergleichbar sind. Daraufhin hat die Aktiengesellschaft (in der Folge Bf) Beschwerde beim BFG erhoben.

Entscheidung des BFG

Die mit dem BMSVG eingeführte „Abfertigung neu“ stellt eine gesetzliche Abfertigung dar, welche seit 1. 1. 2008 auch für Vorstandsmitglieder gilt. Gewährt der Arbeitgeber daneben eine freiwillige Abfertigung, so ist dafür nach dem BFG eine Rückstellungsbildung ausgeschlossen. Eine solche Abfertigungsvereinbarung ist nicht mit der gesetzlichen Abfertigung vergleichbar, weshalb eine Rückstellung gem § 14 Abs 1 Z 3 EStG nicht gebildet werden darf.

Weiters entschied das BFG über die Anrechnung der Vordienstzeiten. Werden Vordienstzeiten angerechnet, sind diese laut dem VwGH zwingend bei den Abfertigungsrückstellungen zu berücksichtigen (VwGH 6. 12. 1983, 83/14/1961). Hat das Dienstverhältnis mindestens drei Jahre gedauert, steht dem Arbeitnehmer gem § 23 AngG eine Abfertigung zu. Diese beträgt das Zweifache des letzten Monatsentgeltes, bis hin zum Zwölffachen nach 25 Dienstjahren. Da im vorliegenden Fall die fiktiven Ansprüche durch Verlängerung der Vorstandverträge aber deutlich über dem Ausmaß der gesetzlichen Ansprüche liegen, liegt für das BFG auch der Höhe nach keine Vergleichbarkeit zur gesetzlichen Abfertigung vor. Diese Vergleichbarkeit wäre gem § 14 Abs 3 Z 1 EStG aber notwendig, um eine Abfertigungsrückstellung bilden zu können.

Zudem ist das BFG der Auffassung, dass jene freiwilligen Abfertigungszusagen, die nach 2015 gebildet wurden, unter das Abzugsverbot des § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 8 EStG fallen. Freiwillige Abfertigungen stellen sonstige Bezüge gem § 67 Abs 6 EStG dar, die niemals dem begünstigten Steuersatz von 6 % unterliegen können und folglich vollständig unter das Abzugsverbot des § 12 Abs 1 Z 8 KStG fallen. Damit ist auch aus diesem Grund für die Jahre ab 2015 eine Rückstellungsbildung ausgeschlossen.

Im Ergebnis hat das BFG hat die Beschwerde mangels Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Abfertigung abgewiesen. Die Revision an den VwGH wurde für zulässig erklärt, jedoch von der Bf nicht erhoben.

Conclusio

Nach den Ausführungen des BFG ist die Rückstellung der Bf aufgrund § 14 Abs 3 Z 1 EStG steuerlich nicht anzuerkennen, da die vertraglich zugesicherten freiwilligen Abfertigungszusagen der Vorstandsmitglieder nicht mit einer gesetzlichen Abfertigung vergleichbar sind.

In der Literatur ist die Möglichkeit zur Bildung von Rückstellungen für freiwillige Abfertigungen ab der Einführung der Abfertigung „neu“ nach dem BMSVG umstritten. Das BFG hat sich im vorliegenden Erkenntnis der Meinung von Doralt (in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG [12. Lfg 2008] § 14 Rz 14) angeschlossen. Sowohl Mühlehner (Mühlehner in Hofstätter/Reichel [Hrsg], EStG Kommentar [58. Lfg 2015] § 14 Rz 4.1), Kanduth-Kristen (Jakom/Kanduth-Kristen, EStG18 [2025] § 14 Rz 8) als auch Winkler (in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 14 Rz 5 [Stand 1. 5. 2015, rdb.at]) sind jedoch anderer Auffassung: Nach deren Auffassung erfasst § 14 Abs 1 Z 3 EStG insb Personen, denen weder Gesetz noch Kollektivvertrag Abfertigungsansprüche einräumen. Unter Verweis auf diese Literatur vertrat die Bf daher, dass eine Rückstellungsbildung gem § 14 Abs 1 Z 3 EStG zulässig sei. Darüber hinaus argumentierte die Bf, dass die Sichtweise von Doralt zu einem systemwidrigen Ergebnis führe: Würde man Doralts Auffassung folgen, wonach für Arbeitnehmer, die dem System der „Abfertigung neu“ unterliegen, keine Rückstellungen für vertraglich zugesagte Abfertigungen gebildet werden dürfen, bliebe die durch das Budgetbegleitgesetz 2003 (BGBl I 2003/71) eingeführte Z 3 des § 14 Abs 1 EStG ohne Anwendungsbereich. Das BFG folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Es stellte klar, dass bspw Vorstandsverträge, die vor 2008 abgeschlossen wurden, von § 14 Abs 1 Z 3 EStG erfasst wären. Im Ergebnis schloss sich das BFG der Ansicht Doralts an, wonach eine Rückstellungsbildung nach § 14 Abs 1 EStG für neben der Abfertigung „neu“ freiwillig zugesagte weitere Abfertigungen ausgeschlossen ist. Dies bedeutet, dass der Aufwand für solche Abfertigungen erst im Jahr der Auszahlung der Abfertigung als Betriebsausgabe gem § 4 Abs 4 EStG abgezogen werden darf.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 37010 vom 04.08.2025