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BFG: Abgabenerhöhung nach § 29 Abs 6 FinStrG auch dann, wenn die Selbstanzeige schon vor Ankündigung der Außenprüfung vorbereitet wurde

Bearbeiter: Julian Mauerhofer

FinStrG: § 29 Abs 6

Abstract

Das BFG hatte zu beurteilen, ob die Ankündigung einer Außenprüfung auch dann eine Abgabenerhöhung iSd § 29 Abs 6 FinStrG zur Folge hat, wenn die Selbstanzeige bereits vor der Ankündigung vorbereitet wurde. Nach Ansicht des BFG soll eine Abgabenerhöhung nur dann nicht zu entrichten sein, wenn die Selbstanzeige vor Ankündigung der Prüfungsmaßnahme bereits tatsächlich erstattet worden ist. Etwaigen Vorbereitungshandlungen kommt demnach keine Relevanz zu. Die Revision ließ das BFG zu.

BFG 1. 12. 2023, RV/2100533/2023

Sachverhalt

Am 8. 11. 2021 stellte die Beschwerdeführerin (Bf) fest, dass sie in den Jahren 2016–2018 zu wenig Körperschaftsteuer entrichtet hatte. Daraufhin wurde eine Selbstanzeige vorbereitet und diese am 3. 12. 2021 an die zuständige Vorständin zur Freigabe übermittelt. Die Behörde kündigte am 6. 12. 2021 eine Außenprüfung bei der Bf für die Jahre 2015–2019 an. Die Bf erstattete daraufhin am 7. 12. 2021 Selbstanzeige. Da die Selbstanzeige erst nach Ankündigung der Prüfungsmaßnahme erstattet wurde, setzte das FA eine Abgabenerhöhung gem § 29 Abs 6 FinStrG fest.

Dagegen erhob die Bf Beschwerde mit der Begründung, dass die Selbstanzeige bereits seit 8. 11. 2021 vorbereitet wurde und aus diesem Grund die Ankündigung der Prüfungsmaßnahme nicht kausal für die Erstattung der Selbstanzeige war. Gegen die abweisende BVE erhob die Bf einen Vorlageantrag.

Entscheidung des BFG

Die Selbstanzeige hat durch das FinStrGNov 2014 (BGBl I 2014/65) einen neuen Inhalt bekommen. Die Änderung erschwert es, eine strafbefreiende Wirkung für grob fahrlässig oder vorsätzlich begangene Finanzvergehen zu erlangen, wenn diese „anlässlich“ einer Ankündigung einer finanzbehördlichen Prüfungsmaßnahme erstattet werden. Zwar ist die Selbstanzeige laut der Bf nicht aufgrund der Anzeige der Überprüfungsmaßnahmen erfolgt, jedoch ist der Begriff „anlässlich“ des § 29 Abs 6 FinStrG eng zu interpretieren. Mit der Einführung des § 29 Abs 6 FinStrG in der Fassung der FinStrG-Novelle 2014 ist es Ziel des Gesetzgebers, dass jegliche Selbstanzeigen, welche nach erfolgter Ankündigung von Prüfungshandlungen erstattet werden, mit einer Abgabenerhöhung belegt werden. Das Wort „anlässlich“ nimmt keine Einschränkung auf den Prüfungszeitraum und die im Prüfungsauftrag genannten Abgaben vor (VwGH 26. 3. 2019, 2019/16/0033). Ist also die Ankündigung einer Prüfungshandlung erfolgt, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ohne eine Abgabenerhöhung nicht mehr möglich.

Die zugrundeliegenden Tatsachen für die gegenständliche Selbstanzeige waren der Bf bereits am 8. 11. 2021 ersichtlich. Bis zum Einreichen der Selbstanzeige am 7. 12. 2021 verging aber fast ein Monat. Das Abwarten der Einreichung widerspricht dem Gedanken des Gesetzgebers, die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit vor der Ankündigung von Ermittlungen der Behörde zu fördern.

Mangels Rsp des VwGH zur Frage, ob die Präposition „anlässlich“ in § 29 Abs 6 FinStrG so zu interpretieren ist, dass nach der Bekanntgabe einer finanzbehördlichen Prüfungsmaßnahme, eine strafbefreiende Selbstanzeige ohne Abgabenerhöhung nicht mehr möglich ist, ist die Revision für zulässig zu erklären.

Conclusio

Die Frage, wann eine Selbstanzeige „anlässlich“ einer Betriebsprüfung erstattet wird, lässt verschiedene Auslegungsergebnisse zu. Mit Blick auf den Wortlaut ist argumentierbar, dass die Ankündigung der Prüfung kausal für die Erstattung der Selbstanzeige gewesen sein muss, um die Abgabenerhöhung zu bejahen. Erst wenn der Steuerpflichtige die Selbstanzeige deshalb erstattet, weil er prüfungsbedingt mit einer erhöhten Entdeckungswahrscheinlichkeit rechnet, sollte ein anderer Maßstab gelten. Da im vorliegenden Fall ein redlicher Steuerpflichtiger die Erstattung der Selbstanzeige geplant hat und diese unmittelbar bevorstand, wäre demnach keine Abgabenerhöhung zu verhängen gewesen. Das Telos der Bestimmung scheint diese Auslegung zu stützen: So soll der redliche Steuerpflichtige Straffreiheit erlangen, ohne eine Abgabenerhöhung entrichten zu müssen (vgl A. Lang in Althuber/Lang/Twardosz [Hrsg], Handbuch Selbstanzeige, Rz 16.9).

Die Gesetzesmaterialien legen demgegenüber ein anderes Auslegungsergebnis nahe: Demnach ist das Erstatten der Selbstanzeige jedenfalls dann als „anlässlich“ einer Prüfungsanmeldung anzusehen, wenn letztere bereits angekündigt war (ErläutRV 177 BlgNR 25. GP 1). Diese Auslegung könnte jedoch zu eng sein: Die Anmeldung oder sonstige Bekanntmachung einer abgabenbehördlichen Prüfungshandlung ist ohnedies eine Voraussetzung für eine Abgabenerhöhung, weshalb der Begriff „anlässlich“ im Gesetzestext unnötig wäre (vgl A. Lang in Althuber/Lang/Twardosz [Hrsg], Handbuch Selbstanzeige, Rz 16.9). Die für zulässig erklärte Revision wurde von der Bf nicht erhoben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35166 vom 08.03.2024