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Abstract
Das BFG hatte über eine Beschwerde einer steuerlichen Vertreterin zu entscheiden. Die steuerliche Vertreterin hatte einen Antrag auf Rückzahlung des Guthabens am Abgabenkonto der von ihr vertretenen Abgabepflichtigen gestellt. Das FA kam dem Antrag auf Rückzahlung nach, jedoch war zu diesem Zeitpunkt die Vollmacht der Vertreterin bereits erloschen. In der Folge forderte das FA den ausbezahlten Betrag mittels Bescheid nach § 241a BAO zurück. Das BFG bejahte die Anwendbarkeit des § 241a BAO, da aufgrund der rechtswidrigen Zahlung an die frühere steuerliche Vertreterin die von § 241a BAO tatbestandsmäßig geforderte Zahlung ohne Rechtsgrund vorliege. Die Revision ließ das BFG nicht zu.
BFG 23. 1. 2023, RV/5100392/2021
Sachverhalt
Die Bf war steuerliche Vertreterin der Abgabepflichtigen und verfügte über eine Geldvollmacht iSd § 1008 ABGB. Am 13. 3. 2020 stellte die Bf einen Antrag auf Rückzahlung des am Abgabenkonto der Abgabepflichtigen erliegenden Guthabens. Am 16. 3. 2020 teilte die Bf der Behörde mit, dass die Vollmacht erloschen sei. Dennoch kam es am 23. 3. 2020 zur Auszahlung des Guthabens an die Bf, somit an die nunmehr frühere steuerliche Vertretung.
In der Folge teilte das FA der Bf zunächst in einem formlosen Schreiben mit, dass sie mangels Vollmacht die Rückzahlung nicht rechtmäßig erhalten habe, und forderte die Bf zur Rückzahlung auf. Diese Auffassung teilte die Bf jedoch nicht. Begründend führte sie aus, dass im Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollmacht bestanden habe und deshalb die Erledigung des Antrags durch Auszahlung des Guthabens zu Recht erfolgt sei. In der Folge forderte das FA den ausbezahlten Betrag mittels Bescheid nach § 241a BAO zurück. Über die anschließend erhobene Beschwerde hatte infolge eines Vorlageantrags das BFG zu entscheiden.
Entscheidung des BFG
Das BFG wies die Beschwerde mit folgender Begründung ab:
§ 241a BAO ist seit dem AbgÄG 2020 (BGBl I 2019/91) Bestandteil der BAO. Nach dieser Bestimmung sind Rückzahlungen oder Erstattungen zurückzuzahlen, wenn diese ohne Rechtsgrund erlangt wurden. Die Rückzahlung von Guthaben ist in § 239 BAO geregelt. Rückzahlungsanträge unterliegen der Entscheidungspflicht. Besteht die Entscheidung in einer Stattgabe, erfolgt diese durch die antragsgemäße Rückzahlung des Guthabens, andernfalls hat ein Bescheid zu ergehen (Hinweis auf VwGH 25. 6. 2020, Ro 2019/15/0001 mwN).
Zur Stellung eines Rückzahlungsantrags ist jener Abgabepflichtige berechtigt, auf dessen Namen das Abgabenkonto lautet (Hinweis auf Ritz/Koran, BAO7 § 238 Rz 3 mwN). Soll die Rückzahlung auf ein Konto erfolgen, das nicht dem Abgabepflichtgen gehört (zB einem Vertreter), so ist eine Geldvollmacht (§ 1008 ABGB) erforderlich (Hinweis ua auf Ritz/Koran, BAO7 § 239 Rz 6 mwN).
Vollmachten können nach §§ 1020 f ABGB widerrufen oder vom Machthaber aufgekündigt werden. Im vorliegenden Fall löschte die Bf am 16. 3. 2020 über FinanzOnline die von der Vollmacht umfassten Befugnisse und zeigte so die Beendigung des Vollmachtverhältnisses an. Somit war die Vollmacht im Außenverhältnis gegenüber dem Abgabengläubiger mit 16. 3. 2020 beendet. Die Rechtsansicht der Bf, es käme allein auf das Vorliegen einer Geldvollmacht im Zeitpunkt der Stellung des Rückzahlungsantrags an, ist „grundlegend verfehlt“. Vielmehr ist für eine behördliche oder verwaltungsgerichtliche Entscheidung nach der Rsp des VwGH die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung – und somit nicht der Antragstellung – relevant (Hinweis ua auf VwGH 19. 2. 2018, Ra 2015/07/0074 mwN).
Im Ergebnis lag somit im Zeitpunkt der Entscheidung über den Rückzahlungsantrag, am 23. 3. 2020, jedenfalls keine Geldvollmacht mehr vor. Richtigerweise wäre der Rückzahlungsantrag der Bf daher als „unzulässig geworden“ zurückzuweisen gewesen.
Mangels aufrechter Geldvollmacht liegt im vorliegenden Fall sohin eine rechtswidrig erfolgte Rückzahlung vor. Es bedarfkeiner weiteren Erörterung“, dass eine solche Rückzahlung den Tatbestand einer „ohne Rechtsgrund erlangten Rückzahlung“ iSd § 241a BAO erfüllt: Nach dem „klaren Wortlaut“ der Bestimmung zählen dazu nämlich alle Rückzahlungen, die ohne Rechtsgrund (hier: kein Vorliegen einer aufrechten Geldvollmacht) erlangt wurden. Somit sind die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 241a BAO erfüllt.
Die Revision ließ das BFG nicht zu, da „die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend“ durch die zitierte Rsp des VwGH geklärt sind.
Conclusio
§ 241a BAO ist seit Oktober 2019 (AbgÄG 2020, BGBl I 2019/91) Bestandteil der BAO. Bislang existieren – neben der vorliegenden Entscheidung – nur zwei weitere Erkenntnisse zu dieser Bestimmung (BFG 9. 1. 2023, RV/7101097/2022 und die aufhebende Folgeentscheidung VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012). Bislang befassten sich Rsp und Lit mit der Anwendung des § 241a BAO auf Fälle, in denen es ohne Erlassung eines Bescheides zur Mehrfacherstattung von KESt gekommen war. Viele der Fragen, die sich in der aktuellen Diskussion rund um § 241a BAO stellen, sind somit im vorliegenden Fall nicht relevant (etwa die rückwirkende Anwendbarkeit des § 241a BAO oder die Verjährung von Rückforderungsansprüchen, siehe dazu Gleiss/Hubmann, AVR 2023, 78 [81 ff]).
Unstrittig am Inhalt der vorliegenden Entscheidung scheint die Aussage des BFG zu sein, wonach für die Frage, ob eine Berechtigung zum Empfang der Rückzahlung besteht, auf das Vorliegen einer Vollmacht im Zeitpunkt der Erledigung (und somit nicht im Zeitpunkt der Antragstellung) abzustellen ist. Da im vorliegenden Fall an eine nicht (mehr) bevollmächtige Person geleistet wurde, liegt eine rechtswidrige Zahlung vor. Fraglich ist jedoch, ob deshalb auch von einer Zahlung „ohne Rechtsgrund“ auszugehen ist, die § 241a BAO tatbestandsmäßig voraussetzt. Das BFG hat diese Frage bejaht: Es bedürfe „keiner weiteren Erörterung“, dass eine rechtswidrige Rückzahlung den Tatbestand der „ohne Rechtsgrund erlangten Rückzahlung“ erfüllt, weshalb § 241a BAO anwendbar sei.
Entgegnet könnte der Anwendung des § 241a BAO wohl die Aussage des VwGH in dessen erster Entscheidung zu § 241a BAO werden: Nach VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012 können Rückforderungsbescheide nach § 241a BAO nämlich erst dann ergehen, wenn im KESt-Rückerstattungsverfahren geklärt ist, ob die Rückerstattung zustand (siehe dazu im Detail Gleiss/Hubmann, AVR 2023, 239 [240 ff]). Dies hat mit Bescheid zu erfolgen. Solange die Erstattungsanträge jedoch noch unerledigt sind, kommt eine Rückforderung nicht in Betracht. Überträgt man diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall, so müsste wohl zunächst über den Rückforderungsantrag (§ 239 BAO) mit Bescheid abgesprochen werden, bevor die Frage nach einer Rückforderung iSd § 241a BAO beantwortet werden kann. Dies folgt daraus, dass infolge des Rückzahlungsantrags nach § 239 BAO nämlich kein Bescheid erging, sondern der Betrag schlicht ausbezahlt wurde. Soweit einem solchen Antrag nämlich nicht entsprochen wird, ist darüber mittels Bescheid abzusprechen (siehe zB Ritz/Koran, BAO7 § 239 Rz 14 mwN). Dies wird wohl, auch in Anbetracht der jüngsten Aussagen des VwGH in dessen Entscheidung zu § 241a BAO (VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012), auch dann zu gelten haben, wenn dem Rückzahlungsantrag nach § 239 BAO nachträglich nicht (mehr) entsprochen werden soll und es zu einer Rückforderung nach § 241a BAO kommt. Mit einer baldigen Klärung durch den VwGH ist nicht zu rechnen, da die Revision nicht für zulässig erklärt wurde und – soweit in der FINDOK ersichtlich – keine ao Revision erhoben wurde.