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BFG: Angemessenheitsgrenze muss bei Elektro-PKW mit Vorsteuerabzug in Nettowert umgerechnet werden (= € 33.333,33)

Bearbeiter: Christian Knotzer

UStG 1994: § 1 Abs 1 Z 2 lit a, § 12 Abs 2 Z 2a

EStG 1988: § 8 Abs 6 Z 1, § 20 Abs 1 Z 2 lit b

PKW-Angemessenheitsverordnung: § 1

Abstract

Aufwendungen oder Ausgaben iZm der Anschaffung eines PKW sind gem § 20 Abs 1 Z 2 lit b EStG iVm § 1 PKW-AngemessenheitsVO nur insoweit angemessen, als die „Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer“ € 40.000,– nicht übersteigen. Bei Anschaffung eines Elektro-PKW steht dem Unternehmer gem § 12 Abs 2 Z 2a UStG zumeist der Vorsteuerabzug zu (wobei es §§ 1 Abs 1 Z 2 lit a und 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG zu beachten gilt). In der Literatur wurde in der Vergangenheit diskutiert, ob es sich bei der Angemessenheitsgrenze iHv € 40.000,– um einen Brutto- oder Nettowert handelt. Das BFG hat sich nun explizit der hA in der Literatur sowie der Meinung der Finanzverwaltung (EStR Rz 4771) angeschlossen und sieht die Grenze als Bruttowert. Für Elektro-PKW ist dieser Bruttowert daher auf einen Nettowert (€ 33.333,33) umzurechnen. Zudem mindern Gratisstrombezugsrechte (als Werbe- bzw Rabattaktionen) die steuerlichen Anschaffungskosten.

BFG 28. 9. 2022, RV/5101481/2019

Sachverhalt

Der Bf erwarb im Jahr 2017 einen Elektro-PKW (Tesla Model S) für das Betriebsvermögen. Der Kaufpreis betrug € 79.960,– (inkl USt). Dem Bf stand für diesen Erwerb gem § 12 Abs 2 Z 2a UStG der Vorsteuerabzug zu, wobei der Eigenverbrauch gem § 1 Abs 1 Z 2 lit a UStG entsprechend berücksichtigt wurde. Für die Angemessenheitsprüfung gem § 20 Abs 1 Z 2 lit b EStG iVm § 1 PKW-AngemessenheitsVO zog er Anschaffungskosten iHv € 40.000,– heran. Durch die Anwendung der gesetzlichen Mindestnutzungsdauer bei der Bemessung der Absetzung für Abnutzung (AfA) für PKW von acht Jahren (§ 8 Abs 6 Z 1 EStG) ergab sich in den streitgegenständlichen Jahren 2017 und 2018 eine (lineare) AfA iHv € 5.000,–.

In den Einkommensteuerbescheiden 2017 und 2018 anerkannte das FA die AfA allerdings nicht in dieser Höhe. Kann nämlich der Vorsteuerabzug für einen PKW geltend gemacht werden, ist die „Brutto-Grenze“ des § 1 PKW-AngemessenheitsVO (€ 40.000,–) in eine „Netto-Grenze“ (€ 33.333,33) umzurechnen. Die höchstmögliche AfA betrage daher lediglich € 4.166,67. Gegen diese Bescheide richtete sich die Beschwerde. Später ergänzte der Bf die Beschwerde, da er bei Erwerb des Elektro-PKW ein Gratisstrombezugsrecht von „Tesla Supercharger“ erwarb und der Wert dieses Rechts nicht zu den Anschaffungskosten des Elektro-PKW zähle.

Entscheidung des BFG

Die Frage, ob es sich bei Anschaffung eines Elektro-PKW bei der Angemessenheitsgrenze iSd § 1 PKW-AngemessenheitsVO um einen Brutto- oder Nettowert handelt, wurde in der Literatur bereits mehrfach diskutiert. Zunächst stellt das BFG die ua von Wolf (s Wolf, Der Steuerfall Tesla, SWK 2017, 934 ff) vertretene Meinung dar, wonach die Angemessenheitsgrenze iHv € 40.000,– bei Elektro-PKW einen Nettowert darstelle. Der Ausdruck „inklusive Umsatzsteuer“ sei lediglich ein Hinweis, dass bei fehlendem Vorsteuerabzugsrecht die Umsatzsteuer zu den Anschaffungskosten zähle. Diese Auslegung sei nach Wolf durch eine systematische und grammatikalische Auslegung des § 12 UStG sowie teleologische Überlegungen zu § 12 Abs 2 Z 2a UStG („maximale Förderung von Klima- und Umweltschutz“) gestützt. Demgegenüber vertreten zahlreiche andere Autorinnen und Autoren (zB Pfeiffer, Der „Steuerfall Tesla“ aus umsatzsteuerlicher Sicht, SWK 2017, 1044 ff, Obermayr/Raab, Der Sachbezug von steuerbegünstigten Elektro-KFZ in der Umsatzsteuer, taxlex 2016, 242 ff oder Weinhandl, Die Berechnung der Luxustangente von Elektroautos, SWK 2019, 501 ff) die entgegengesetzte Meinung, wonach es sich um einen Bruttowert handle. Dies entspricht – so das BFG – auch der in den UStR und EStR vertretenen Ansicht (Verweis auf UStR Rz 59 und 1985 und EStR Rz 4771) sowie der Rsp des BFG (BFG 13. 12. 2016, RV/7105869/2016). Insbesondere aufgrund einer grammatikalischen Interpretation des § 1 PKW-AngemessenheitsVO („Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer“) schließt sich das BFG dieser Meinung an. Die Angemessenheitsgrenze iHv € 40.000,– ist daher als Bruttogrenze zu verstehen und bei Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs auf einen Nettowert (€ 33.333,33) umzurechnen.

Zur Beurteilung des Gratisstrombezugsrechts führt das BFG aus, dass Treibstoffkosten idR in voller Höhe abzugsfähig sind, da der Treibstoffverbrauch bei einem luxuriös ausgestalteten PKW nicht überproportional hoch ist (Verweis auf VwGH 27. 7. 1994, 92/13/0175). Daher sind auch die Stromkosten bei Elektro-PKW voll abzugsfähig. Aufgrund „umfangreicher Internetrecherchen“ geht das BFG davon aus, dass das Gratisstrombezugsrecht von „Tesla Supercharger“ eine Werbe- bzw Rabattaktion zur Ankurbelung des Absatzes war und daher mit einem bestimmten Wert in die Preiskalkulation eingeflossen ist. Demnach ist in dem vom Bf bezahlten Preis ein Betrag für die Nutzung von Gratisstrom enthalten. Dies wird auch durch den Umstand untermauert, dass das Recht zur Nutzung der „Tesla Supercharger“ vom Hersteller später auch als kostenpflichtige Option angeboten wurde. Der Wert dieses Vorteils wurde im vorliegenden Fall im Schätzungswege durch das BFG ermittelt.

Conclusio

Das BFG sieht die Angemessenheitsgrenze iSd § 1 PKW-AngemessenheitsVO als Bruttowert an, der bei Vorsteuerabzugsberechtigung – diese steht bei Elektro-PKW aufgrund § 12 Abs 2 Z 2a UStG zumeist zu – in einen Nettowert (€ 33.333,33) umzurechnen ist. Durch die gesetzliche Mindestnutzungsdauer bei Bemessung der AfA für PKW gem § 8 Abs 6 Z 1 EStG (8 Jahre) beträgt die höchstmögliche lineare AfA somit € 4.166,67 jährlich. Bei Elektro-PKW kann die steuerliche AfA auch degressiv vorgenommen werden (§ 7 Abs 1a Z 1 lit a EStG). In diesem Fall beträgt die höchstmögliche AfA bei erstmaliger Berücksichtigung rd € 10.000,– wobei bei der Gewinnermittlung nach § 5 Abs 1 EStG die Maßgeblichkeit des UGB mitbedacht werden muss (gem § 124b Z 356 EStG kann für vor dem 1. 1. 2023 angeschaffte Wirtschaftsgüter die degressive AfA noch unabhängig von der im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss vorgenommenen Abschreibung in Anspruch genommen werden).

Der Entscheidung des BFG ist zuzustimmen, da Elektro-PKW durch den aus ökologischen Gründen gewährten Vorsteuerabzug nicht weniger repräsentativ werden (vgl Haselwallner/Hofbauer/Dziurdz, Elektrofahrzeuge im Ertrag- und Umsatzsteuerrecht, SWK 2022, 701 f). Die geringeren höchstmöglichen AfA-Beträge sind letztlich darauf zurückzuführen, dass die Umsatzsteuer für den Steuerpflichtigen nicht zum Kostenfaktor wird und daher gem § 6 Z 11 EStG auch nicht zu den Anschaffungskosten gehört. Die Entscheidung des BFG steht in diesem Punkt im Einklang mit der hA in der Literatur und den EStR (Rz 4771), wurde höchstrichterlich allerdings noch nicht bestätigt. Auch aus diesem Grund ließ das BFG die ordentliche Revision zu. Wohl aufgrund einer abweichenden Rechtsansicht zur Beurteilung des Gratisstrombezugsrechts wurde diese vom Finanzamt auch bereits erhoben. In dieser Sache ist daher nun der VwGH am Zug.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33549 vom 18.01.2023