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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
EStG 1988: § 16 Abs 1 Z 8 lit d
GrundanteilV 2016: § 2 Abs 1, § 3 Abs 2
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, welcher Anteil einer Eigentumswohnung als Grund und Boden gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 anzusetzen ist. Die Bf behauptete ein offensichtlich erhebliches Abweichen von dem von der Behörde angewendeten Pauschalwert iHv 20 % gem § 2 Abs 1 GrundanteilV 2016. Die Glaubhaftmachung der Abweichung war durch Vorlage von Kaufverträgen, Grundbuchauszügen und Vergleichen mit anderen Grundstücken erfolgreich und das BFG setzte den Grundanteil mit 10 % fest.
BFG 11. 6. 2024, RV/5100286/2023
Sachverhalt
Die Bf erzielte Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung einer im Jahr 2020 erworbenen Wohnung. Die Liegenschaft wurde im Jahr 2019 von der Errichtergesellschaft selbst zu einem Preis von 185,00 €/m² gekauft. In der Einkommensteuererklärung wurde der Grundanteil mit 5 % angesetzt, was einem rechnerischen Quadratmeterpreis von etwa 237,00 € entspricht. In einem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021 wurde der Grundanteil der Anschaffungskosten gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 iVm § 2 Abs 1 Grundanteilverordnung 2016 mit einer Höhe von 20 % berücksichtigt, also rechnerisch rd 950,00 €/m². Die Wohnung befindet sich in einer Gemeinde mit weniger als 100.000 Einwohnern, in welcher der Quadratmeterpreis für baureifes Land weniger als 400,00 € beträgt. Die Bf vertrat in der Beschwerde gegen den Bescheid, dass es sich um eine offenkundige erhebliche Abweichung iSd § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 handelt. Eine Wertsteigerung von 200 % in den 18 Monaten seit dem Kauf sei nicht realistisch. Zudem legte die Bf eine Berechnung der Bauträgergesellschaft vor, in der ein Grundanteil von rd 7 % errechnet wurde. Im Ergebnis sei deshalb nicht auf den Wert der GrundanteilV 2016 zurückzugreifen, sondern auf maximal 10 %.
Entscheidung des BFG
Das BFG führt zunächst aus, dass gem § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 der Grundanteil im außerbetrieblichen Bereich grundsätzlich mit 40 % pauschal anzusetzen ist. Eine Abweichung auf weniger kann ohne entsprechenden Nachweis (bspw ein Gutachten) nur unter Beachtung der GrundanteilV 2016 stattfinden. Die gegenständliche Eigentumswohnung fällt unter § 2 Abs 1 GrundanteilV 2016, da diese sich in einer Gemeinde mit weniger als 100.000 Einwohnern befindet und der durchschnittliche Quadratmeterpreis für baureifes Land weniger als 400,00 € beträgt. Im Ergebnis beträgt der Anteil des Grund und Bodens also grundsätzlich 20 %. Nach stRsp des VwGH hat die Aufteilung des Kaufpreises einer bebauten Liegenschaft nach streng objektiven Maßstäben zu erfolgen, wobei der Verkehrswert des bloßen Grund und Bodens einerseits und des Gebäudes andererseits zu schätzen ist und der Kaufpreis dann im Verhältnis dieser Werte aufgeteilt wird (vgl VwGH 28. 5. 2015, 2012/15/0104). § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 und die GrundanteilV 2016 stellen eine Vermutung zum Verhältnis der Verkehrswerte auf, die mit einem Nachweis über den jeweiligen Verkehrswert widerlegt werden kann (vgl BFG 23. 10. 2019, RV/7105055/2019). Im vorliegenden Fall geschah dies durch Vorlage der Berechnung der Bauträgergesellschaft und von Kaufverträgen, die erheblich von der Berechnung in Anwendung der GrundanteilV 2016 abweichen.
Nach § 16 Abs 8 lit d EStG 1988 kann vom pauschalen Aufteilungsverhältnis abgewichen werden, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig abweichen, wobei § 3 Abs 2 GrundanteilV 2016 präzisiert, dass Erheblichkeit vorliegt, wenn der tatsächliche Anteil des Grund und Bodens um zumindest 50 % abweicht. Eine Abweichung ist offenkundig, wenn diese ohne ein besonderes Ermittlungsverfahren, besondere Fähigkeiten und ohne jede Schwierigkeit feststellbar ist. Die Anwendung des pauschalen Ansatzes bildet zwar den Regelfall, soll aber in besonders gelagerten Fällen ausgeschlossen sein (vgl BFG 23. 10. 2019, RV/7105055/2019). Im vorliegenden Fall war ein solches offenkundiges erhebliches Abweichen bereits durch einfache Abfragen des Richters erkennbar und wurde durch die Preisvergleiche klar herausgearbeitet.
Nach herrschender Lehre und Rsp sind die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben oder Aufwendungen grundsätzlich über Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung der Offenlegungspflicht nach Art und Umfang nachzuweisen oder, wenn dies unzumutbar ist, zumindest glaubhaft zu machen. Mangels Belegen kann in freier Beweiswürdigung der Abzug versagt werden, sollte der Abgabenpflichtig seine Behauptungen nicht glaubhaft machen können (vgl Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19 [2017] § 4 Tz 269 f mwN). Nach dem in § 167 Abs 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat die Abgabenbehörde sich unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze Klarheit über den Sachverhalt zu verschaffen. Von mehreren Möglichkeiten ist jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar Gewissheit für sich hat (vgl VwGH 5. 4. 2011, 2010/16/0168; 23. 5. 2012, 2011/17/0308; 25. 4. 2013, 2012/15/0135; siehe auch Ritz, BAO6 [2017] § 167 Tz 6 ff).
Im vorliegenden Fall kann in Anbetracht der vorgelegten Kaufverträge, Preisvergleiche und veröffentlichten Grundstückswerte angenommen werden, dass der von der Behörde angesetzte Quadratmeterpreis von 950,00 € keinesfalls realistisch ist. Der Grundanteil beträgt maximal 10 % oder sogar weniger. Der Bescheid wird daher dahin gehend abgeändert, dass dem Alternativvorschlag der Bf, also der Festsetzung des Grundanteils iHv 10 % (470,00 €/m²), gefolgt wird. Die ordentliche Revision wurde mangels einschlägiger Rsp des VwGH zugelassen.
Conclusio
Die Aufteilung einer Liegenschaft in Grund und Boden einerseits und das Gebäude andererseits ist für die Berechnung der AfA relevant, weil die Anteile des Bodens nicht abnutzbar sind (vgl Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 [2024] § 16 Rz 158). Ein geringer Anteil an Grund und Boden, der insb bei Einheiten mit vielen Wohnungen auf mehreren Etagen vorliegt, ist entsprechend vorteilhaft für den Stpfl, da die Bemessungsgrundlage der AfA dadurch erhöht wird. Die Aufteilung hat nach objektiven Maßstäben zu erfolgen, wobei der Verkehrswert im Zeitpunkt des Erwerbs auf den jeweiligen Anteil zugewiesen wird (vgl VwGH 28. 5. 2015, 2012/15/0104; 19. 12. 2013, 2012/15/0033; 23. 5. 2007, 2004/13/0091).
§ 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 sieht grundlegend eine pauschale Aufteilung von 40 % als Grund und Boden vor. Dies wird jedoch durch § 2 Abs 1 GrundanteilV 2016 modifiziert, nach der die Pauschalaufteilung uU auf bis zu 20 % reduziert wird, wobei hierbei nach Einwohnerzahl, Baulandpreis und Anzahl der Einheiten pro Gebäude differenziert wird. Als Alternative kann gem § 3 Abs 1 GrundanteilV das tatsächliche Aufteilungsverhältnis nachgewiesen werden, bspw durch ein Gutachten eines Sachverständigen oder wenn es durch Berechnung gem § 2 Abs 2 und 3 GrWV glaubhaft gemacht wird (vgl Mayr, Grund- und Boden-Anteil bei vermieteten Gebäuden, RdW 2016, 328 [420]). Bei einer Berechnung nach der GrWV wird ein Pauschalwertmodell angewandt, um das Verhältnis von Grundwert zu Gebäudewert zu ermitteln (kritisch zur Beweisqualität der Berechnung nach GrWV BFG 30. 11. 2018, RV/2101083/2018).
Generell steht eine offenkundige erhebliche Abweichung der Anwendung des Pauschalsatzes entgegen. Weicht das tatsächliche Verhältnis um mehr als 50 % vom pauschalen Wert ab, ist der konkret ermittelte Wert maßgeblich (vgl Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 16 Rz 163).
Eine eben solche Abweichung lag in diesem Sachverhalt vor, wurde jedoch nicht durch Berechnung nach § 2 Abs 2 oder 3 GrWV, sondern durch Berechnung auf Basis von Unterlagen der Bauträgergesellschaft, den dazugehörigen Erläuterungen, Kaufverträgen und Grundbuchsauszügen glaubhaft gemacht, was das BFG für ausreichend erachtete.