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UGB 1994: § 189a Z 2
Abstract
Das BFG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei der Veräußerungserlösermittlung die Bewertung von einzelnen Aktien auf Basis der tatsächlichen Anschaffungskosten oder die Bewertung einer Beteiligung mit den durchschnittlichen Anschaffungskosten vorzunehmen ist. Während die Bf und ihre Rechtsvorgängerin vor der Verschmelzung eine Bewertung der einzelnen Aktien vornahmen, kam das BFG unter Berücksichtigung der Rsp des BFH zum Schluss, dass im Fall einer Veräußerung von Beteiligungen dem Veräußerungserlös als Abgang die anteiligen durchschnittlichen Anschaffungskosten gegenüberzustellen sind. Die Revision wurde zugelassen und bereits erhoben.
BFG 12. 11. 2024, RV/7100360/2023
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf), eine Kapitalgesellschaft, hat durch Verschmelzung das Vermögen der O GmbH auf Grundlage der Schlussbilanz zum 31. 12. 2015 als Gesamtrechtsnachfolgerin übernommen. Im Vermögensbestand der O GmbH befanden sich zum 31. 12. 2014 insgesamt 2.357.864 Stammaktien der P AG und 2.357.864 Stammaktien der X AG. Die Stammaktien wurden je nach Anschaffungsvorgang und Anschaffungspreis auf fünf Depotkonten bei der U AG als depotführende Stelle verwahrt. Die Anschaffungskosten der einzelnen erworbenen Aktienpakete durch die O GmbH waren daher für jede Tranche klar dokumentiert und eindeutig nachvollziehbar.
Mit Aktienkaufvertrag vom 12. 1. 2015 hat die O GmbH 171.888 Stück Stammaktien der P AG um 40,85 € je Aktie und 171.888 Stück Stammaktien der X AG um 6,90 € je Aktie verkauft (Gesamtverkaufspreis: 8.207.652 €). Der Kaufpreis entsprach dem aktuellen Börsenkurs der Aktien, die zum amtlichen Handel an der Wiener Börse zugelassen sind. Von welchem der fünf Depots die Aktienübertragung zu erfolgen hatte, wurde zwischen der O GmbH und der Käuferin nicht vereinbart. Die O GmbH erteilte daher an die Depotbank den Auftrag, die Aktien den Depotkonten ZX (110.000 Stück P-Stammaktien und 110.000 Stück X-Stammaktien) und ZZ (61.888 Stück P-Stammaktien und 61.888 Stück X-Stammaktien) zu entnehmen. Auf beiden Depotkonten waren die entnommen P-Stammaktien mit 29,31 € je Aktie und die X-Stammaktien mit 4,44 € je Aktie mit dem jeweils höchsten Buchwert pro Aktie bewertet. Die O GmbH setzte für die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes den Buchwert für die aus dem Depot ZX veräußerten Aktien in Höhe der fortgeschriebenen Anschaffungskosten von 3.712.500 € (P-Stammaktien: 29,31 € x 110.000 + X-Stammaktien: 4,44 € x 110.000) sowie den Buchwert für die aus dem Depot ZZ veräußerten Aktien iHv 2.088.720 € (P-Stammaktien: 29,31 € x 61.888 + X-Stammaktien: 4,44 € x 61.888) als Buchwertabgang an. Aus dem Aktienverkauf ergab sich daher ein Veräußerungsgewinn iHv 2.406.432 € (Gesamtverkaufspreis: 8.207.652 € – [Buchwerte ZX Depot: 3.712.500 € + Buchwerte ZZ Depot 2.088.720 €]).
Nach einer bei der Bf durchgeführten Außenprüfung wurde nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens ein neuer Körperschaftsteuerbescheid 2015 erlassen. Die belangte Behörde ging davon aus, dass im gegenständlichen Fall angesichts des Umfangs, Zweck und Dauer der Beteiligung der Bf an der P AG und X AG eine Beteiligung iSd § 228 UGB (seit 20. 7. 2015: § 189a UGB) vorliege. Daraus folgt, dass nicht die einzelne Aktie das bewertbare Wirtschaftsgut darstelle, sondern das Wirtschaftsgut „Beteiligung“ in der Gesamtheit der erworbenen Aktien Gegenstand der Bewertung sei. Beim Verkauf von Aktien aus einer im Anlagevermögen befindlichen, einheitlich zu bewertenden Aktienbeteiligung sei daher kein Raum für eine Einzelbewertung (Anwendung des Identitätspreisverfahrens wie von der O GmbH durchgeführt). Vielmehr sei der Durchschnittspreis pro Aktie aus sämtlichen Aktien des Beteiligungsbestandes als Buchwertabgang der veräußerten Aktien anzusetzen. Gegen den neu erlassenen Körperschaftsteuerbescheid 2015 erhob die Bf Beschwerde und argumentierte, dass nach den unternehmens- und steuerbilanzrechtlichen Bewertungsvorschriften der Grundsatz der Einzelbewertung maßgeblich sei. Die Beschwerde wurde antragsgemäß ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem BFG vorgelegt.
Entscheidung des BFG
Es ist strittig, ob bei der Veräußerungserlösermittlung die Bewertung von einzelnen Aktien auf Basis der tatsächlichen Anschaffungskosten oder einer Beteiligung mit den durchschnittlichen Anschaffungskosten vorzunehmen ist.
Nach § 6 Z 2a EStG sind im Betriebsvermögen gehaltene Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens und des Umlaufvermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, kann dieser angesetzt werden.
Liegt eine Beteiligung vor, dann verlieren die Anteile, aus denen sich die Beteiligung zusammensetzt, als Wirtschaftsgüter ihre Selbstständigkeit. Die Beteiligung ist als einheitliches Wirtschaftsgut auszuweisen (vgl Mayr/Fritz-Schmied in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG [24. Lfg 2024] § 34 Rz 185 [Stand 1. 1. 2024, rdb.at] mVa BFH 14. 2. 1973, I R 76/71, BStBl II 1973, 397). Beteiligungen iSd § 228 UGB (nunmehr § 189a UGB) sind Anteile an anderen Unternehmen, die dazu bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch eine dauernde Verbindung zu diesen Unternehmen zu dienen. Im vorliegenden Fall liegen angesichts des Umfangs, Zweck und Dauer der Anteile der O GmbH (nach der Verschmelzung der Bf) an der P AG und X AG Beteiligungen iSd § 228 UGB (nunmehr § 189a UGB) vor. Nach Rsp des BFH endet die Möglichkeit der Einzelbewertung dort, wo nicht mehr der Anteilsbesitz allein, sondern der Anteilsbesitz in seiner Häufung, als wirtschaftliche Einheit, also als Beteiligung die entscheidende Bedeutung hat (vgl BFH 14. 2. 1973, I R 76/71, BStBl II 1973, 397). Weiters wurde im Rahmen der Rsp des BFH geklärt, dass Aktien, die aus anderen Gründen aus einer Beteiligung herausgelöst werden (zB im Fall von eingezogenen Aktien), mit dem auf sie entfallenden anteiligen Buchwert der Beteiligung zu bewerten sind (BFH 10. 8. 2005 – VIII R 26/03, BStBl II 2006, 22). Unter Berücksichtigung der Rsp des BFH ist davon auszugehen, dass die Bewertungseinheit der Beteiligung an einer AG die Einzelbewertung von Aktien – wie von der Bf vertreten – nicht ausschließt, sobald die Aktien nicht mehr dazu bestimmt sind, eine dauernde Verbindung zu der AG herzustellen. Ebenso sind Aktien einzeln zu bewerten, wenn sie einzeln veräußert werden. Für den Fall der Veräußerung sind dem Erlös als Abgang dann aber die anteiligen durchschnittlichen Anschaffungskosten gegenüberzustellen.
Da zur Frage, ob bei Veräußerungen von einzelnen Aktien aus einer Beteiligung als Buchwertabgang die Buchwerte der tatsächlich veräußerten Depotbestände anzusetzen oder ob die veräußerten Aktien mit ihrem Anteil am gesamten Buchwert der Beteiligung zu bewerten sind, keine Rsp vorliegt, ist die Revision zulässig.
Conclusio
Die Entscheidung des BFG, wonach es sich beim Halten von Aktienpaketen wie im vorliegenden Fall um eine Beteiligung als einheitliches Wirtschaftsgut handelt, überzeugt. Die O GmbH als Rechtsvorgängerin der Bf hielt zum 31. 12. 2014 einen Anteil von 16,21 % am Grundkapital der P AG und einen Anteil von 16,13 % am Grundkapital der X AG. Angesichts des Umfanges sowie Zweck und Dauer der Beteiligung der O GmbH an der P AG und X AG ist von einer Beteiligung iSd § 228 UGB (nunmehr § 189a UGB) auszugehen. Übereinstimmend waren auch beide Verfahrensparteien dieser Auffassung.
Beim Ergebnis des BFG, wonach im Fall der Veräußerung dem Erlös als Abgang die anteiligen durchschnittlichen Anschaffungskosten gegenüberzustellen sind, bezieht sich das BFG auf Entscheidungen des BFH sowie das deutsche Fachschrifttum. Nach Auffassung des BFG geht aus der BFH Entscheidung 10. 8. 2005 – VIII R 26/03, BStBl II 2006, 22 hervor, dass für den Fall der Veräußerung von einzelnen Aktien für die Ermittlung des Veräußerungserlöses als Abgang die anteiligen durchschnittlichen Anschaffungskosten maßgeblich sind. In dieser Eindeutigkeit zugunsten des Durchschnittspreisverfahrens anstelle der Einzelbewertung (Anwendung des Identitätspreisverfahrens) muss man die Entscheidung des BFH nicht zwingend lesen; zumal der 1. Leitsatz des BFH (BFH 10. 8. 2005 – VIII R 26/03, BStB II 2006, 22) wie folgt lautet: „Die Bewertungseinheit der Beteiligung an einer AG schließt die Einzelbewertung von Aktien nicht aus, sobald sie nicht mehr dazu bestimmt sind, eine dauernde Verbindung zu der AG herzustellen“. Dh, selbst wenn von einer Beteiligung auszugehen ist, können die darin befindlichen Aktien wohl einzeln bewertet werden, wenn sie nicht mehr dazu bestimmt sind, eine dauernde Verbindung zu der AG herzustellen. Weiters schließt das BFG die Übertragung der BFH Entscheidungen vom 11. 12. 2013, IX R 45/12 und vom 4. 2. 2020, IX R 18/19 auf den vorliegenden Fall aus. In diesen Entscheidungen kam der BFH zum Ergebnis, dass bei Veräußerung von zu unterschiedlichen Anschaffungskosten erworbenen Aktien für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns die tatsächlichen Anschaffungskosten der veräußerten Aktien maßgebend seien, sofern der Steuerpflichtige die veräußerten Aktien identifiziere. Eine Bewertung mit dem durchschnittlichen Anschaffungspreis komme nur subsidiär in Betracht. Nach Ansicht des BFG können beide Entscheidungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, weil es in beiden Fällen um Veräußerungen von Anteilen aus dem steuerlichen Privatvermögen ging. Da bereits Revision erhoben wurde, bleibt abzuwarten, ob der VwGH den Ausführungen des BFG folgt oder sich für eine Einzelbewertung der Aktien anhand der tatsächlichen Anschaffungskosten bei Veräußerung von einzelnen Aktien aus einer Beteiligung ausspricht.