Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
UStG 1994: § 10 Abs 3 Z 8
UStG 1972: § 10 Abs 2 Z 18
Abstract
Nach § 10 Abs 3 Z 8 UStG ermäßigt sich die Steuer für Umsätze aus Zirkusvorführungen sowie Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller auf 13 %. Das BFG hatte zu beurteilen, ob Umsätze aus dem Betrieb von drei Escape-Rooms diesem begünstigten Steuersatz von 13 % oder dem Normalsteuersatz von 20 % unterliegen. Unter Verweis auf die zum UStG 1972 ergangene Rsp des VwGH (27. 7. 1994, 93/13/0263) hat das BFG entschieden, dass mangels Vielfalt an gebotenen Belustigungen beim Betrieb von drei Escape-Rooms der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden ist.
BFG 20. 11. 2024, RV/1100154/2022
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt drei Escape-Rooms, in welchen Krimi-/Rätselspiele für Kleingruppen von 2–6 Personen veranstaltet werden. Die Teilnehmenden haben 60 min Zeit, um ein Rätsel zu lösen und aus dem Escape-Room zu entkommen. Die Bf war der Auffassung, dass die Umsätze aus dem Betrieb der drei Escape-Rooms dem ermäßigten Steuersatz von 13 % gem § 10 Abs 3 Z 8 UStG unterliegen. Das Finanzamt (FA) folgte der Bf nicht und unterzog die Umsätze aus dem Betrieb der Escape-Rooms dem Normalsteuersatz von 20 %. Gegen den Bescheid des FA erhob die Bf Beschwerde vor dem BFG.
Entscheidung des BFG
Gem § 10 Abs 1 UStG beträgt die Steuer auf steuerpflichtige Umsätze grundsätzlich 20 % der Bemessungsgrundlage. Nach § 10 Abs 3 Z 8 UStG ist auf Umsätze aus Zirkusvorführungen sowie Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller der ermäßigte Steuersatz von 13 % anwendbar. Zunächst wurde vom BFG festgestellt, dass der Begriff „Schausteller“ weder im UStG noch in anderen Gesetzen definiert ist. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sollen darunter jedoch solche Personen verstanden werden, die gewerbsmäßig Jahrmärkte und Volksfeste mit Unterhaltungsangeboten beschicken. Das sich im Laufe der Zeit geänderte Berufsbild der Schausteller schließt nicht nur Unternehmer ein, die ihre Künste im Umherziehen („Fahrendes Volk“), auf dem Jahrmarkt oder im Tingeltangel ausübten, und seit dem 20. Jahrhundert meist im Zirkus, Varieté oder Entertainment auftreten, sondern auch Unternehmer, die nicht Künste, sondern Belustigungsgeschäfte, Schaustellungen und Fahrgeschäfte aller Art (wie etwa Schießbuden, Grotten- und Geisterbahnen, Ringelspiele, Schaukeln usw) anbieten und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um sesshafte oder nicht sesshafte Schausteller handelt.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 27. 7. 1994, 93/13/0263 zur Vorgängerbestimmung des § 10 Abs 2 Z 18 UStG 1972 ausgesprochen, dass für die Qualifikation als Schausteller entscheidend ist, ob die Leistungen auf Jahrmärkten, Volksfesten oder ortsgebundenen Rummelplätzen in Gemeinschaft mit anderen Schaustellern erbracht werden. Zur Beurteilung der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes ist daher die Art der Leistung nicht isoliert zu betrachten. Ein konstituierendes Merkmal schaustellerischerLeistung ist es, dass diese Leistung im örtlichen Umfeld anderer Schausteller angeboten wird. Erst die Vielfalt der gebotenen Schaustellungen, Belustigungen und Fahrgeschäfte aller Art erlaubt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.
Vor dem Hintergrund der VwGH-Rsp hält das BFG auch für die nunmehrige Rechtslage des § 10 Abs 3 Z 8 UStG zusammenfassend fest, dass es für die Subsumtion unter den Begriff „Tätigkeit als Schausteller“ grundsätzlich nicht schädlich ist, wenn nur ein Unternehmer Unterhaltungs- und Belustigungsleistungen anbietet. Es ist jedoch erforderlich, dass diese einen Umfang und eine Vielfalt erreichen, die einem Jahrmarkt oder Rummelplatz entsprechen.
Im vorliegenden Fall betreibt die Bf lediglich drei Escape-Rooms, womit es nach dem BFG an der vom VwGH geforderten Vielfalt an gebotenen Belustigungen mangelt. Im Ergebnis sind daher die Leistungen der Bf nicht als Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller zu qualifizieren, womit der ermäßigte Steuersatz von 13 % gem § 10 Abs 3 Z 8 UStG keine Anwendung findet.
Conclusio
Nach dem Erkenntnis des BFG ist der ermäßigte Steuersatz des § 10 Abs 3 Z 8 UStG auf den Betrieb von drei Escape-Rooms mangels Vielfalt an gebotenen Belustigungen nicht anwendbar. Der Entscheidung des BFG liegt das Erkenntnis des VwGH (27. 7. 1994, 93/13/0263) zur Vorgängerbestimmung (§ 10 Abs 2 Z 18 UStG 1972) zugrunde: Dem Erkenntnis des VwGH zufolge ist ein konstituierendes Merkmal schaustellerischer Leistungen, dass diese im örtlichen Umfeld anderer Schausteller angeboten werden. Erst die Vielfalt an gebotenen Schaustellungen aller Art erlaubt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Ausführungen, ob die Rsp des VwGH auch auf die Nachfolgebestimmung (§ 10 Abs 3 Z 8 UStG 1994) übertragen werden kann, finden sich in der rechtlichen Beurteilung des BFG nicht.
Zudem hat sich das BFG nicht mit der unionsrechtlichen Grundlage des § 10 Abs 3 Z 8 UStG in Art 98 iVm Anhang 3 Z 7 MwSt-SystRL auseinandergesetzt. Diese enthält die Ermächtigung der Mitgliedstaaten die Umsätze iZm der Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen etc einem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Ob das Unionsrecht auch eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den Betrieb von Escape-Rooms erfordert, behandelt das BFG nicht. Die Bf bringt mit Verweis auf die jüngere Rsp des VwGH (27. 11. 2014, 2011/15/0079) zur Anwendung der Ermäßigung des § 10 Abs 3 Z 8 UStG auf Indoorspielplätze vor, dass das Neutralitätsprinzip eine Anwendung der Begünstigung unabhängig davon erfordere, ob die Leistung allein oder im Verbund mit anderen angeboten wird (so auch Ruppe/Achatz, UStG6 [2024] § 10 Rz 183 oder Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG3 [2021] § 10 Rz 753). Unter Berücksichtigung des Neutralitätsprinzip und der jüngeren Rsp des VwGH könnte daher eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den Betrieb von Escape-Rooms geboten sein. Bedauerlicherweise hat sich das BFG in seinem Erkenntnis nicht mit dem Vorbringen der Bf zum unionsrechtlichen Hintergrund des § 10 Abs 3 Z 8 UStG befasst. Auch eine Klärung durch den VwGH ist nicht zu erwarten, da – soweit ersichtlich – die außerordentliche Revision nicht eingebracht wurde.