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BFG: Arbeitslohn von dritter Seite bei Stock Options von Konzernmuttergesellschaft

Bearbeiter: Simon Michael Schmidt

EStG 1988: § 78 Abs 1

FLAG 1967: § 41 Abs 3

ASVG: § 49 Abs 1

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob die Gewährung von Stock Options von Seiten der Konzernmutter an die Dienstnehmer der bf Konzerntochter auf Veranlassung bzw Einbindung der Bf erfolgt. Bejahendenfalls würde Entgelt von dritter Seite mit Arbeitslohncharakter vorliegen und die Pflicht der Bf zur Abfuhr von steuerlichen Lohnnebenkosten wäre gegeben. Zudem hatte das BFG die im 2. AbgÄG 2014 verankerte Neuregelung des § 78 Abs 1 EStG heranzuziehen und zu bestimmen, ob bereits aufgrund der dort geregelten Verpflichtung zur Lohnsteuereinbehaltung, eine Pflicht zur Abfuhr der steuerlichen Lohnnebenkosten gegeben ist.

BFG 28. 9. 2023, RV/2100781/2019

Sachverhalt

Die beschwerdeführende österreichische GmbH (Bf) ist ein verbundenes Unternehmen einer deutschen AG, welche wiederum ein Tochterunternehmen einer deutschen Konzern-Muttergesellschaft ist. Die Konzernmutter hatte im Zuge von Long-term Incentive (LTI) Plänen, verschiedenen Arbeitnehmern der Bf nicht übertragbare Optionen auf den Erwerb von Anteilen an ihr („Stock Options“) eingeräumt. Diese Stock Options wurden auf Basis eines positionsbezogen Aktienoptionsprogramm ausgeübt. Diesbezüglich legte der Vorstand der mittleren AG für den gesamten Konzern weltweit abstrakt fest, welchen nach Aufgaben- und Verantwortungsbereich abgegrenzten Positionen in welchem Ausmaß Aktienoptionen zugewiesen werden. Die finale Entscheidung über die Zuteilung traf anschließend der Vorstand der Konzernmutter. Die Arbeitnehmer veräußerten die Aktien in der Regel sofort nach Ausübung der Option. Dies hatte zur Folge, dass der Differenzbetrag zwischen Kauf und Verkauf sogleich an die Bf in Österreich monetär übermittelt wurde. Die Bf nahm jenen Betrag sodann in die Lohnverrechnung der Dienstnehmer auf und berücksichtigte diesen hinsichtlich der Lohnsteuer und Sozialversicherung.

Im Zuge einer Lohnabgabenprüfung wurde vom Finanzamt jedoch festgestellt, dass die Bezüge aus der Ausübung der Stock Options als Vorteil aus dem Dienstverhältnis zwar richtigerweise der Lohnsteuer, aber nicht den steuerlichen Lohnnebenkosten unterzogen wurden. Dieser Vorteil wurde vom Finanzamt als sonstige Vergütung der Bemessungsgrundlage der Lohnnebenkosten hinzugerechnet, wodurch die Bescheide für die Jahre 2015 und 2016 entsprechend berichtigt wurden und es folglich zu einer Abgabennachbelastung kam.

Entscheidung des BFG

Nach § 78 Abs 1 EStG idF des 2. AbgÄG 2014 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Als Lohnzahlungen gelten seit der im 2. AbgÄG 2014 verankerten Neuregelung auch „im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden.“ Diesbezüglich ist den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass als Erforderlichkeit für die Einbeziehung der Vergütung in die Lohnverrechnung, die Zahlung des Dritten ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis haben muss und daher wirtschaftlich dem Arbeitgeber zuzurechnen ist. Der Gesetzgeber forciert dadurch einen Gleichklang mit der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Arbeitslöhnen, welche im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährt werden (§ 49 Abs 1 ASVG; VwGH 15. 10. 2003, 2000/08/0044). Im Sinne der obigen Ausführungen soll die Neuregelung des § 78 Abs 1 EStG idF des 2. AbgÄG 2014 rein verfahrensrechtliche Auswirkungen mit sich bringen. Zudem findet sich im Erlass des BMF zum KommStG 1993 in Rz 58 bestätigend, dass „bei Entgelt von dritter Seite ohne Arbeitslohncharakter (somit nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers) … unabhängig von einer Lohnsteuerabzugsverpflichtung nach § 78 EStG keine Kommunalsteuerpflicht“ besteht. Aus diesen Gründen kam das BFG zum Schluss, dass die Änderung des § 78 Abs 1 EStG mit dem 2. AbgÄG 2014 keine Auswirkungen auf die Abfuhr der Lohnabgaben hat und somit die Rechtsprechung zur Abfuhr des DB und DZ vor Einführung des § 78 Abs 1 EStG idF des 2. AbgÄG 2014 weiterhin anwendbar ist.

Diesbezüglich hatte der VwGH judiziert, dass sich die Lohnsteuerhaftung nicht auf jene Lohnzahlungen erstreckt, welche nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers gewährt werden, sondern sich lediglich auf solche Lohnzahlungen beschränkt, die unter Einbindung und daher auf Veranlassung des Arbeitgebers vorgenommen werden (VwGH 24. Juli 2007, 2007/14/0028). Dies gilt entsprechend für die Verpflichtung zur Entrichtung der steuerlichen Lohnnebenkosten. Daran ändere sich nach Ansicht des VwGH auch nichts, wenn der Dritte und der Arbeitgeber kapitalmäßig verflochten sind (VwGH 1. 9. 2015, Ro 2014/15/0029).

Das Finanzamt führte jedoch in einem Ergänzungsschreiben aus, dass bei den von der Konzernmutter eingeräumten Stock Options kein Entgelt von dritter Seite ohne Arbeitslohncharakter vorliegt, sondern die Gewährung der Stock Options auf Veranlassung und Einbindung des Arbeitgebers, somit der Bf, erfolgte. Die Arbeitnehmer, denen Optionsrechte eingeräumt wurden, seien unter Berücksichtigung eines Mitsprache- und Vorschlagrechts bzw unter Einbindung der Bf ausgewählt worden.

Zu diesem Vorbringen führte das BFG inhaltlich aus, dass die Vergabe der Stock Options entsprechend eines positionsbezogenen Programms anhand weltweit abstrakter Entscheidungskriterien für jede relevante Position erfolgte, um Einheitlichkeit und Fairness zu garantieren. Diesem Programm konnte nach Ansicht des BFG jedenfalls nicht entnommen werden, dass der Bf gegenständlich ein Mitsprache- und Vorschlagsrecht zugekommen ist. Ungeachtet dessen ist das BFG der Ansicht, dass auch trotz allfälligem Mitsprache- bzw Vorschlagsrecht der Bf eine Veranlassung dieser für die Auszahlungen der Aktienoptionen nicht möglich wäre, da die endgültige Entscheidung des Vorstands diese jedenfalls relativieren würde.

Die Finanzverwaltung führt weiters an, dass die Gewährung von Aktienoptionen an Mitarbeiter der Bf ausschließlich unter der Einbindung der Bf möglich wäre, da die Konzernmutter ansonsten gar nicht wissen könne an wen die Stock Options ausgegeben werden können. Diesbezüglich repliziert das BFG, dass bei einer kapitalmäßigen Verflechtung Abfragen wirtschaftlicher und personeller Daten nicht ungewöhnlich seien, insbesondere in Hinblick auf die strategische Ausrichtung eines Konzerns. Demzufolge kann aus der Mitwirkung der Bf an der Übermittlung der Daten nicht abgeleitet werden, dass es sich um einen Arbeitslohn von dritter Seite auf Veranlassung des Bf handelt.

Letztlich führt das Finanzamt noch aus, dass die Arbeitnehmer in keinem direkten Dienst- oder anderen Vertragsverhältnis zur Konzernmutter standen. Somit würden die Stock Options unstrittigerweise nur aufgrund des Dienstverhältnisses zur Bf zugewiesen werden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass gerade beim Arbeitslohn von dritter Seite mit demjenigen, der diesen Lohn gewährt, kein direktes Arbeitsverhältnis besteht und es wird auch nicht bestritten, dass die Gewährung der Stock Options ihre Wurzel im Dienstverhältnis zur Bf haben. Jedenfalls liegt nach Ansicht des BFG keine Veranlassung der Bf und damit verbunden kein Entgelt von dritter Seite unter Einbindung des steuerlichen Arbeitgebers vor, wonach für die Bf keine Verpflichtung zur Abfuhr des DB und DZ bestünde.

Conclusio

Die gegenständliche Entscheidung steht in Einklang mit der gefestigten Rsp des VwGH betreffend die Abfuhr von Lohnnebenkosten aufgrund gewährten Entgelts von dritter Seite (VwGH 24. 7. 2007, 2007/14/0028). Die Verpflichtung des Dienstgebers zur Abfuhr der steuerlichen Lohnnebenkosten bestehe lediglich dann, wenn Entgelt von dritter Seite auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet werde und somit Entgelt mit Arbeitslohncharakter vorliegt.

Das BFG ist aufgrund des vorliegenden Sachverhalts zum Ergebnis gekommen, dass angesichts der Ausgestaltung des Stock-Option-Programmes und der letztendlichen Entscheidungsmacht auf Ebene des Vorstands der Konzernmuttergesellschaft keine ausreichende Veranlassung der Entgeltzahlungen durch die Bf vorlag. Diese Ansicht überzeugt, da die Übermittlung von wirtschaftlichen und personellen Daten der Bf an die Konzernmutter, als Erfordernis für die korrekte Vergabe der Stock Options an die Dienstnehmer, jedenfalls keine hinreichende Einbindung der Bf in die Gewährung von Aktienoptionen begründet. Eine Veranlassung der Bf ist vor allem nicht gegeben, weil dem Vorstand der Konzernmutter abschließend die finale Entscheidung über die Gewährung der Stock Options zukommt. Der Konzernmutter kommt daher ein Vetorecht zu, welches den Einfluss der Bf relativiert.

Zudem begründe auch die im 2. AbgÄG 2014 verankerte Neuregelung des § 78 Abs 1 EStG aus Sicht des BFG keine Verpflichtung des Bf zur Abfuhr von steuerlichen Lohnnebenkosten. Diese bewirke im vorliegenden Fall lediglich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einbehaltung der Lohnsteuer. Die Entscheidung des BFG ist zu begrüßen, da dies nicht nur vergleichsweise der Erlass des BMF zum KommStG 1993 in Rz 58 in analoger Anwendung bestätigt, sondern sich dies auch schlüssig aus der Systematik und der Intention des Gesetzgebers ergibt. So verfolge der Gesetzgeber einen verwaltungsökonomischen Zweck, indem Arbeitslohn von dritter Seite vom Veranlagungsverfahren in das Lohnsteuerverfahren verlagert wird (ErläutRV 360 der Big XXV. GP, 11). Die Entscheidung des BFG steht ebenso in Einklang mit herrschender Kommentarliteratur, wonach als Arbeitslohn iSd Regelungen des § 5 KommStG bzw § 41 FLAG 1967 nur solche Zuwendungen angesehen werden können, die das Arbeitgeberunternehmen selbst veranlasst und geleistet habe, nicht aber solche, die von dritter Seite gewährt werden (vgl Taucher, Kommunalsteuer-Kommentar § 5 Rz 46; Kuprian in Csaszar/Lenneis/Wanke [Hrsg], FLAG-Kommentar §§ 41ff Rz 48). Anzumerken ist abschließend, dass Amtsrevision eingebracht wurde (anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0114) und daher abzuwarten ist, ob der VwGH die Ansicht des BFG bestätigen wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35049 vom 08.02.2024