Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
EStG 1988: § 30 aF
Abstract
Das BFG hatte sich kürzlich mit der Aufteilung der Verkehrswerte beim gleichzeitigen Verkauf mehrerer land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke an denselben Erwerber zu beschäftigen. Die Abgabenbehörde war der Ansicht, dass die nicht steuerverfangenen Grundstücke zu hoch und die steuerpflichtigen Grundstücke zu niedrig bewertet wurden, und hatte eine Aufteilung des Kaufpreises nach Quadratmetern vorgenommen. Das BFG folgte weder der höheren Bewertung der steuerfreien Grundstücke durch den Verkäufer noch der Aufteilung nach Quadratmetern durch die Abgabenbehörde und nahm eine Bewertung der Grundstücke unter Heranziehung der aliquoten Einheitswerte vor.
BFG 16. 5. 2023, RV/7100319/2015
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) verkaufte mehrere land- und forstwirtschaftliche Grundstücke samt den Bauflächen und Gebäuden im September 2010. Zwei der veräußerten Grundstücke waren vom Bf mehr als zehn Jahre vor dem Verkauf angeschafft worden und waren daher gem § 30 EStG idF vor dem 1. StabG 2012 nicht mehr steuerverfangen. Da die übrigen Grundstücke weniger als zehn Jahre im Eigentum des Bf standen, waren die Überschüsse daraus als Spekulationsgeschäfte zu versteuern. Alle Grundstücke wurden an denselben Erwerber verkauft, wobei die zwei nicht steuerverfangenen Grundstücke zu einem deutlich höheren Quadratmeterpreis veräußert wurden als die anderen, sodass in der Einkommensteuererklärung ein steuerpflichtiger Gewinn iHv 0 angegeben wurde.
Die Abgabenbehörde folgte der in den Kaufverträgen angegebenen Aufteilung des Kaufpreises nicht und verteilte den Kaufpreis anteilsmäßig unter Ermittlung eines durchschnittlichen Quadratmeterpreises, sodass sich im Einkommensteuerbescheid für 2010 ein Spekulationsgewinn iHv rund EUR 160.000,– ergab. Die dagegen vorgebrachte Beschwerde blieb erfolglos, sodass sich nach eingebrachtem Vorlageantrag das BFG mit den Argumenten des Bf auseinanderzusetzen hatte.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält zunächst fest, dass nach der höchstgerichtlichen Judikatur die Aufteilung des Wertes einer bebauten Liegenschaft (in Grund, Boden und Gebäude) nach streng objektiven Maßstäben zu erfolgen hat; eine entsprechende Aufteilung hat auch beim Erwerb mehrerer Liegenschaften zu erfolgen (Verweis auf VwGH 16. 9. 2015, Ro 2014/13/0008; VwGH 31. 5. 2000, 97/13/0223). Während es dem Bf zivilrechtlich freisteht, Verträge im Rahmen der Privatautonomie abzuschließen, so sind für die abgabenrechtlichen Konsequenzen die §§ 21 bis 23 BAO und die dazugehörige Judikatur zu beachten (Verweis ua auf VwGH 23. 10. 1969, 1485/68; VwGH 14. 1. 1986, 84/14/0019).
Für die Aufteilung des Veräußerungserlöses sind die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Veräußerung maßgeblich. Es ist daher zu ermitteln, ob die Verkehrswerte pro m² der nicht spekulationsverfangenen Grundstücke tatsächlich höher als jene der übrigen Liegenschaften waren. Das BFG lässt den Einwand des Bf nicht gelten, dass für die zwei nicht steuerverfangenen Grundstücke ein paar Jahre vor dem Verkauf ein sogar noch höheres Angebot eingegangen sei, um eine Rennstrecke zu errichten. Da das Projekt der Rennstrecke zum Zeitpunkt des Verkaufes aufgrund von Anrainerprotesten nicht mehr weiterverfolgt wurde, ist die damals gebotene Summe nicht mehr maßgeblich. Außerdem hätte die Rennstrecke auch andere Grundstücke betroffen, die aber vom Bf niedriger bewertet wurden.
Da angenommen werden kann, dass alle Liegenschaften in Summe zum Verkehrswert veräußert wurden, der Verkehrswert der einzelnen Grundstücke allerdings nicht bekannt ist, zieht das BFG die Werte der Bodenschätzung unter Zuhilfenahme der Ansätze für die Ermittlung des Einheitswertes für die Aufteilung der Verkehrswerte heran. Wenngleich das BFG eingesteht, dass der Einheitswert als Durchschnittswert nicht den tatsächlichen Verkehrswert abbildet, so sind die Verhältnisse der Einheitswerte zueinander als Aufteilungsschlüssel geeignet. Deswegen ist auch von der reinen Aufteilung nach Quadratmetern, wie sie durch die Abgabenbehörde vorgenommen worden war, abzusehen und die Bemessungsgrundlage der Abgabe zu ändern, was im Endeffekt dazu führt, dass die nicht steuerverfangenen Grundstücke durch das BFG noch niedriger als durch die Abgabenbehörde bewertet wurden und die Bemessungsgrundlage daher zu erhöhen war.
Ebenfalls ins Leere geht der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand des Bf, dass der Wert des stehenden Holzes vom Erlös der steuerverfangenen Grundstücke in Abzug zu bringen sei, weil nur der nackte Grund und Boden von § 30 EStG umfasst sei (siehe EStR Rz 5038 idF vor dem 5. 6. 2013). Das BFG führt aus, dass der Wertzuwachs des stehenden Holzes in jedem Fall steuerlich zu erfassen ist, unabhängig davon, ob das darunter liegende Grundstück steuerverfangen ist. Für die steuerverfangenen Grundstücke würde eine Aufteilung aber nichts ändern, weil nach § 30 EStG idF vor dem 1. StabG 2012 beides der Tarifbesteuerung unterliegen würde (als Veräußerungsgewinn des nackten Grund und Bodens einerseits und als Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft andererseits). Das BFG ändert daher den Bescheid ab und lässt die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu.
Conclusio
Die Entscheidung des BFG zeigt einmal mehr, dass nicht nur die Abgabenbehörde, sondern auch die Gerichte unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise von der vereinbarten Aufteilung des Kaufpreises abgehen können (siehe dazu VwGH 16. 9. 2015, Ro 2014/13/0008). Hervorzuheben ist, dass es im Fall einer Beschwerde – wie im vorliegenden Fall – auch zu einer Verschlechterung für den Abgabepflichtigen kommen kann, da es kein Verschlechterungsverbot im Abgabenverfahren gibt (siehe VwGH 24. 10. 2016, Ra 2014/17/0016). Die durch das BFG vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises aliquot nach Einheitswerten klingt grundsätzlich plausibel, wenn auch die genaue Berechnung nicht veröffentlicht wurde. Da eine außerordentliche Revision eingebracht wurde (anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0073), bleibt abzuwarten, wie der VwGH den Fall entscheiden wird.