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BFG: Ausländischer Käufer von österreichischem Kfz kann pro rata Vergütung geltend machen

Bearbeiter: Severin Schragl

NoVAG 1991: § 12a

Abstract

Im gegenständlichen Fall hatte das BFG zu klären, ob die pro rata Vergütung der NoVA bei einer Verbringung ins Ausland nach § 12a NoVAG auch vom ausländischen Käufer geltend gemacht werden kann, sofern der inländische Verkäufer dieses Recht nicht selbst in Anspruch nimmt. Das Gericht kam zum Schluss, dass die Bestimmung aus europa- und verfassungsrechtlichen Gründen den Personenkreis nicht auf Inländer beschränken darf.

BFG 21. 11. 2022, RV/6100355/2022

Sachverhalt

Der Bf, ein deutscher Kfz-Händler, erwarb im Mai 2022 von einem österreichischen Kfz-Händler einen Gebrauchtwagen. Das Fahrzeug war am 30. 6. 2021 von der Verkehrszulassung in Österreich abgemeldet worden. Der Bf verbrachte das Kfz nach Deutschland und verkaufte es am 29. 5. 2022 an eine Käuferin mit Wohnsitz in Deutschland. Das Fahrzeug wurde am 30. 5. 2022 in Deutschland angemeldet und zum Verkehr zugelassen. Mit 29. 6. 2022 beantragte der Bf die Rückerstattung der NoVA und berief sich dabei auf „geltendes EU-Recht“. Das FA wies den Antrag des Bf mit der Begründung ab, dass aufgrund der Systematik und des Wortlauts von § 12a NoVAG eine Vergütung für ausländische Fahrzeughändler nicht vorgesehen sei. Dagegen erhob der Bf Beschwerde mit der Begründung, dass durch die Entscheidung das Recht auf geschäftliche Freizügigkeit und freien Warenverkehr innerhalb der EU verletzt werde und somit eine andere Auslegung der Bestimmung geboten sei.

Entscheidung des BFG

Das BFG hielt zunächst fest, dass in der Stammfassung des NoVAG keine Vergütung der NoVA für jene Fälle vorgesehen war, in denen ein bereits zuvor mit NoVA belastetes Fahrzeug ins Ausland geliefert oder verbracht wird. Vielmehr wurde die Einführung des § 12a NoVAG erst infolge der Judikatur des EuGH und VfGH „erzwungen“ (siehe Haller, NoVAG2 § 12a Rz 1). Der Belastungsgrund der NoVA liegt nämlich nicht im Verkehrsakt der Zulassung, sondern in der laufenden Nutzung des Fahrzeugs im Inland (VfGH 30. 11. 2005, G99/05). Dies berücksichtigend wollte der Gesetzgeber in § 12a NoVAG alle typischen Fälle erfassen, in denen ein Fahrzeug nach Beendigung der Nutzung im Inland dauerhaft ins Ausland gelangt (vgl BFG 28. 7. 2022, RV/7102109/2021).

Das in Österreich mit der NoVA belastete Kfz wurde unstrittig vom Bf, einem befugten Fahrzeughändler in Deutschland, gekauft und dauerhaft nach Deutschland verbracht. Der österreichische Verkäufer beantragte keine Rückerstattung der NoVA. Die Ansicht des FA, dass die im Kaufpreis weiterverrechnete anteilige NoVA-Belastung vom ausländischen Fahrzeughändler nicht verlangt werden kann, führt nach Ansicht des BFG zum Ergebnis, dass das Fahrzeug mit der Abgabe belastet bleibt, obwohl es im Inland nicht mehr verwendet wird. Diese Rechtsansicht ist nach Ansicht des BFG nicht aus dem Gesetzestext ableitbar, da § 12a Abs 1 Satz 2 NoVAG von einem „befugten Fahrzeughändler“ und nicht einem „inländischen befugten Fahrzeughändler“ spricht. Dass das BFG in einer anderen Entscheidung einem ausländischen Fahrzeughändler die Aktivlegitimation zur pro rata Vergütung der NoVA abgesprochen hat, lag vielmehr daran, dass in diesem Fall der inländische Verkäufer bereits dieses Recht in Anspruch genommen hatte (BFG 24. 8. 2022, RV/7102784/2021).

Ein anderes Ergebnis würde nach der Auffassung des BFG der Rsp des EuGH und des VfGH widersprechen. Unionsrechtlich darf ein Kfz endgültig nur proportional zur Dauer der inländischen Nutzung mit der NoVA belastet werden (EuGH 21. 3. 2002, Cura Anlagen GmbH, C-451/99). Auch nach Rsp des VfGH soll die Vergütungsregel bewirken, dass die Belastung mit NoVA proportional zur Dauer der Inlandsnutzung beschränkt wird (VfGH 29. 11. 2014, G153/2014; vgl BFG 28. 7. 2022, RV/7102109/2021).

Folglich kann der unionsrechtlich und verfassungsrechtlich gebotene Zustand der pro rata temporis Besteuerung nur durch eine Vergütung der anteiligen NoVA-Belastung an den ausländischen Kfz-Händler erreicht werden. Als Bemessungsgrundlage dient der nachweisbare gemeine Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr.

Da sich nach Ansicht des BFG die Regelungen zur Aktivlegitimation direkt aus den genannten Rechtsnormen ergeben, wurde eine Revision an den VwGH mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen.

Conclusio

Das BFG hat sich im streitgegenständlichen Fall für eine unions- und verfassungsrechtlich unproblematische Lösungsvariante entschieden. Dabei kommt es zu einem anderen Schluss als in der Entscheidung des BFG vom 24. 8. 2022, RV/7102784/2021, indem es nicht nur die Aktivlegitimation des Bf bestätigt, sondern auch dem Begehren stattgibt. Das Gericht hat dabei zutreffend erkannt, dass sich die Sachverhalte voneinander fundamental unterscheiden: Im streitgegenständlichen Fall wurde die NoVA noch nicht geltend gemacht, weshalb der Bf ein berechtigtes Interesse an der Rückerstattung hat. Die Entscheidung des BFG liegt im Ergebnis im Einklang mit dem Judikat des UFS (UFSW 15. 3. 2010, RV/2760-W/08), scheint hingegen den KfzBStR 2021 in deren Rz 1271 und der Lit (Haller, NoVAG2 § 12a Rz 23) zu widersprechen.

Spannend ist hierbei auch der Umstand, dass sich das BFG gegen die Zulässigkeit der Revision entschieden hat. Zwar hat es sich auf die Rsp des EuGH und VfGH berufen, eine Entscheidung des VwGH wurde hingegen nicht genannt. Daraus lässt sich schließen, dass Rsp des VwGH in diesem Zusammenhang fehlt – ein Umstand, aus dem sich das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ergibt und damit Revision zuzulassen gewesen wäre. Ob die Begründung und das Ergebnis des BFG von Bestand sind, wird sich jedenfalls zeigen: Seitens des FA wurde außerordentliche Amtsrevision erhoben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33749 vom 06.03.2023