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BFG: Bei der Darlehensauszahlung einbehaltene Geldbeschaffungskosten sind als Werbungskosten sofort absetzbar

Bearbeiter: Dominic Krenn

EStG 1988: § 16 Abs 1 Z 1 und § 19 Abs 2 Satz 1

Abstract

Der Beschwerdeführer (Bf) hatte für eine Wohnungsfinanzierung ein Darlehen iHv 159.000 € aufgenommen. Tatsächlich wurden 151.138 € ausbezahlt, weil 7.862 € von der Bank als Geldbeschaffungskosten bei der Darlehensauszahlung einbehalten wurden. Das BFG hatte sich daher mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die von der Bank bei der Darlehensauszahlung einbehaltenen Geldbeschaffungskosten beim Bf (Darlehensnehmer) im Zeitpunkt des Einbehalts als abgeflossen gelten und daher als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden können. Während das FA davon ausging, dass die Geldbeschaffungskosten über die Laufzeit des Darlehens zu verteilen sind, erkannte das BFG die sofortige Absetzbarkeit der Geldbeschaffungskosten an. Das BFG erklärte, dass die von der Bank im Rahmen der Darlehensausbezahlung einbehaltenen Geldbeschaffungskosten im Zeitpunkt der Auszahlung beim Bf als abgeflossen iSd Abflussprinzips nach § 19 Abs 2 Satz 1 EStG gelten. Die Revision wurde vom BFG zugelassen, weil zur Frage, ob bei einbehaltenen Geldbeschaffungskosten bereits im Zeitpunkt der Darlehensauszahlung ein Abfluss vorliegt, eine hg Rsp fehlt.

BFG 7. 10. 2024, RV/7102760/2024

Sachverhalt

Der Bf erwarb im März 2023 eine in der Folge vermietete Eigentumswohnung. Zur Wohnungsfinanzierung nahm er ein Darlehen iHv 159.000 € auf. Die Bank zahlte dem Bf den „Nettodarlehensbetrag“ iHv 151.138 € aus. Dieser Betrag stand dem Bf zur Wohnungsfinanzierung zur Verfügung. Der restliche Darlehensbetrag iHv 7.862 € (Differenz zwischen 159.000 € und 151.138 €) betrifft Geldbeschaffungskosten (ua Bearbeitungsentgelt, Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder, Gerichtsgebühr für das Grundbuchsgesuch und die Pfandrechtseintragung, Vermittlungsgebühr und Entgelt für die Liegenschaftsbewertung). Dieser Betrag wurde von der Bank zulasten des Darlehenskontos betraglich aufgesplittet und auf verschiedene bankinterne Konten der Bank umgebucht.

In der Einkommensteuererklärung 2023 erklärte der Bf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und machte dabei zunächst Fremdfinanzierungskosten iHv rund 4.926 € geltend. Mit Bescheid v 11. 4. 2024 wurde die Veranlagung erklärungskonform festgesetzt. In der dagegen erhobenen Beschwerde machte der Bf anstelle der zuvor geltend gemachten Fremdfinanzierungskosten iHv rd 4.926 € Fremdfinanzierungskosten iHv 12.788 € (4.926 € plus 7.862 €) geltend und erklärte, dass die Geldbeschaffungskosten iHv 7.862 € ebenfalls als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) ab und führte aus, dass die Geldbeschaffungskosten iHv 7.862 € nicht im Jahr 2023 bezahlt worden sind, sondern über die Laufzeit des Darlehens zu verteilen sind. Gegen die abweisende BVE beantragte der Bf die Vorlage an das BFG.

Entscheidung des BFG

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die vom Bf geltend gemachten Geldbeschaffungskosten iHv 7.862 € sofort als Werbungskosten absetzbar oder über die Laufzeit des Darlehens zu verteilen sind. Gem § 16 Abs 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu zählen auch Schuldzinsen. Schuldzinsen umfassen sämtliche Geldbeschaffungskosten wie etwa Kreditprovisionen, Kreditgebühren und Kosten der grundbücherlichen Sicherstellung (vgl Ebner, Jakom EStG17 [2024] § 16 Rz 11).

Im vorliegenden Fall besteht Streit darüber, ob die geltend gemachten Geldbeschaffungskosten in voller Höhe im vorliegenden Jahr oder auf die Laufzeit des Darlehens verteilt als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Für die zeitliche Zuordnung ist § 19 Abs 2 Satz 1 EStG maßgeblich. Danach sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (Abflussprinzip). Der für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben im Gesetz verwendete Begriff „leisten“ ist im Sinne der Übertragung der rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen (vgl VwGH 5. 10. 1988, 84/13/0044; siehe auch Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 19 Rz 31 [Stand 1. 1. 2024, rdb.at]). Nach der Rsp des VwGH liegt eine Ausgabe (ein Abfluss) vor, wenn der geleistete Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist (vgl VwGH 25. 4. 2013, 2010/15/0101).

Dr Bf nahm ein Darlehen iHv 159.000 € auf. Anlässlich der Darlehensaufnahme fielen vom Bf gegenüber der Bank zu begleichende Geldbeschaffungskosten iHv 7.862 € an. Zwar brachte das FA vor, dass die Geldbeschaffungskosten über die Laufzeit des Darlehens verteilt zurückzuzahlen seien. Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass der Darlehensvertrag nichts über die Rückzahlungsmodalitäten der Geldbeschaffungskosten aussagt. Vielmehr ergibt sich aus dem Darlehensvertrag, dass dem Bf nicht der gesamte Darlehensbetrag iHv 159.000 € ausbezahlt wurde, sondern nur der „Nettodarlehensbetrag“ iHv 151.138 €. Die vom Bf zu begleichenden Geldbeschaffungskosten iHv 7.862 € wurden von der Bank einbehalten. Es handelt sich dabei um eine verrechnungstechnische Abkürzung des Zahlungsweges, die im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders zu werten ist, als ob die Bank den vollen Darlehensbetrag (159.000 €) an den Bf ausgezahlt und der Bf im unmittelbaren Anschluss daran die ihm entstandenen Geldbeschaffungskosten (7.862 €) aus dem Darlehen geleistet hätte. Sinngemäß kann zum Abflusszeitpunkt die Rsp des BFH herangezogen werden. Danach gilt ein bei der Darlehensauszahlung einbehaltenes Damnum (Disagio) in dem Zeitpunkt als geleistet, in dem das um das Damnum gekürzte Darlehenskapital dem Darlehensnehmer zufließt (vgl etwa BFH 3. 2. 1987, IX R 85/85).

Die Gelbeschaffungskosten iHv 7.862 € gelten daher bereits durch das Einbehalten im Jahr 2023 beim Bf als abgeflossen und können in voller Höhe als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Da zur Frage, ob einbehaltene Geldbeschaffungskosten als abgeflossen gelten, keine hg Rsp vorliegt, ist die Revision zulässig.

Conclusio

Das BFG erkennt die sofortige Absetzbarkeit der im Rahmen der Darlehensausbezahlung einbehaltenen Geldbeschaffungskosten an. Es kommt dabei zum Schluss, dass es sich bei der Einbehaltung der Geldbeschaffungskosten um eine verrechnungstechnische Abkürzung des Zahlungsweges handelt, die im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders zu werten ist, als wenn die Bank den vollen Darlehensnennbetrag ausbezahlt und der Darlehensnehmer, die ihm anlässlich der Darlehensaufnahme entstandenen Geldbeschaffungskosten aus dem Darlehensnennbetrag geleistet hätte. Die einbehaltenen Geldbeschaffungskosten gelten daher als geleistet iSd Abflussprinzips nach § 19 Abs 2 Satz 1 EStG.

Da für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben nach dem Abflussprinzip die Übertragung der rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert (vgl VwGH 5. 10. 1988, 84/13/0044) und nicht das tatsächliche Bezahlen maßgeblich ist, ist der Entscheidung des BFG zuzustimmen. Die Auffassung des BFG deckt sich außerdem mit der Entscheidung des BFH zum Abflusszeitpunkt betreffend eines seitens der darlehensgewährenden Bank bei der Darlehensauszahlung einbehaltenes Damnum (Disagio) (vgl BFH 3. 2. 1987, IX R 85/85). Die Lösung des BFG gilt jedoch nur für Geldbeschaffungskosten, die nicht der betrieblichen Sphäre eines Steuerpflichtigen zuzurechnen sind. Im Betriebsvermögen gilt der Bewertungsansatz des § 6 Z 3 EStG. Danach ist im Jahr der Aufnahme einer Verbindlichkeit (zB Darlehen) (i) in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen Rückzahlungsbetrag und aufgenommenem Betrag und (ii) in Höhe der mit der Verbindlichkeit unmittelbar zusammenhängenden Geldbeschaffungskosten ein Aktivposten anzusetzen, der zwingend auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit zu verteilen ist. Sollte Revision erhoben werden, bleibt abzuwarten, wie der VwGH die zeitliche Zuordnung der im Rahmen der Darlehensausbezahlung einbehaltenen Geldbeschaffungskosten vornimmt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36158 vom 03.12.2024