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BFG: Berechnung der GrESt bei einem Zusammentreffen von vertikalen und horizontalen Zusammenrechnungen

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

GrEStG § 7 Abs 1 Z 2

Abstract

Das BFG hatte sich mit dem Verhältnis der horizontalen und vertikalen Zusammenrechnung im Zuge der Grunderwerbsteuer bei unentgeltlichen Erwerben auseinanderzusetzen. Diese unterliegen einem progressiven Stufentarif, wobei unter gewissen Umständen mehrere Erwerbe zusammengerechnet werden müssen, um eine Progressionsbegünstigung durch Aufspaltung der Erwerbe zu vermeiden. § 7 Abs 1 Z 2 dritter Satz GrEStG sieht vor, dass die Erwerbe zwischen denselben Personen innerhalb von fünf Jahren für Zwecke der Tarifbegünstigung zusammengerechnet werden müssen (sog vertikale Zurechnung). Zusätzlich hat gem § 7 Abs 1 Z 2 fünfter Satz GrEStG eine Zusammenrechnung bei Erwerb einer wirtschaftlichen Einheit von unterschiedlichen Personen zu erfolgen. Das BFG hat nun eine in diesem Zusammenhang bemerkenswerte und für die Steuerpflichtigen ungünstige Entscheidung getroffen, die von der bisherigen Sichtweise des BMF abgeht.

BFG 29. 12. 2022, RV/5100292/2022

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) erhielt von seinen Eltern im Jahr 2019 Liegenschaften im Gesamtwert von rund EUR 130.000,–, auf die Grunderwerbsteuer iHv 0,5 % abgeführt wurde, weil es sich um unentgeltliche Erwerbe handelte (§ 7 Abs 1 Z 1 lit c iVm § 7 Abs 1 Z 2 lit a erster Teilstrich GrEStG). Im Jahr 2021 erhielt der Bf zwei weitere Grundstücke von seinen Eltern im Wert von in Summe rund EUR 360.000,–. Für die Ermittlung des Stufentarifs (0,5 % für die ersten EUR 250.000,–, 2 % für die nächsten EUR 150.000,– und 3,5 % darüber hinaus) rechnete die Abgabenbehörde die zwei Grundstücke zusammen und berücksichtigte überdies die Vorerwerbe im Jahr 2019, sodass die begünstigten Sätze in Summe nur einmal zur Anwendung gelangten, obwohl die Grundstücksteile zum Teil von der Mutter und zum Teil vom Vater und daher von unterschiedlichen Personen stammten.

Der Bf erhob daraufhin Beschwerde gegen den Grunderwerbsteuerbescheid, in der er geltend machte, dass es sich bei den verschiedenen Grundstücken um unterschiedliche wirtschaftliche Einheiten handle. Die Erwerbe müssen getrennt voneinander betrachtet und die günstigeren Steuersätze können daher mehrfach angewendet werden. Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung wurde der Fall dem BFG vorgelegt, das sich nun mit dem Zusammenspiel von horizontaler und vertikaler Zusammenrechnung im Rahmen des Stufentarifs auseinanderzusetzen hatte.

Entscheidung des BFG

Das BFG gibt in seiner Entscheidung zunächst die Erläuterungen zum StRefG 2015/2016 (ErlRV 684 BlgNR 25. GP 38) wieder, durch die der Stufentarif für unentgeltliche Erwerbsvorgänge eingeführt wurde. In weiterer Folge werden in der Entscheidung die relevanten Teile der BMF-Information vom 13. 5. 2016, BMF-010206/0058-VI/5/2016 abgedruckt, die in Pkt 6.4. eine umfassende Beispielsammlung zum Zusammentreffen von horizontaler und vertikaler Zusammenrechnung beinhalten.

Das BFG stellt außer Streit, dass im Jahr 2021 zwei wirtschaftliche Einheiten (zwei Grundstücke) durch zwei Erwerbsvorgänge (jeweils vom Vater und der Mutter des Bf als gemeinsame Voreigentümer) erworben wurden. Es wiederholt auch, dass für die Ermittlung des Steuersatzes Erwerbe von derselben Person an dieselbe Person innerhalb von fünf Jahren zusammenzurechnen sind (vertikale Zusammenrechnung) und Erwerbsvorgänge innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit ebenso gemeinsam zu berücksichtigen sind (horizontale Zusammenrechnung).

Im vorliegenden Fall sind daher jeweils alle Erwerbe von der Mutter und alle Erwerbe vom Vater vertikal zusammenzurechnen und außerdem jede Liegenschaft jeweils zu einer wirtschaftlichen Einheit horizontal zusammenzurechnen. Unklar ist lediglich, wie diese Zusammenrechnungen erfolgen sollen. Das BFG hält fest, dass weder die Erläuterungen zum StRefG 2015/2016 noch höchstgerichtliche Judikatur das Verhältnis von horizontaler und vertikaler Zusammenrechnung abschließend klären konnten. Es ist daher der objektive Wille der Vorschrift zu erfassen. Dieser besteht darin, dass unentgeltliche Erwerbe von Grundstücken im Wert von bis zu EUR 400.000,– begünstigt sind (davon 250.000,– mit 0,5 %), der günstigere Stufentarif jedoch insgesamt nur einmal zur Anwendung kommen soll. Dem BFG zufolge sind daher alle Erwerbe eines Erwerbers innerhalb von fünf Jahren zusammenzurechnen, unabhängig davon, ob es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt oder nicht. Die durch die Abgabenbehörde vorgelegte Berechnungsmethode ist „einfach und nachvollziehbar“, ein Abstellen auf wirtschaftliche Einheiten „objektiv nicht zu rechtfertigen“. Das BFG geht damit auch explizit von der BMF-Information vom 13. 5. 2016 ab, welches eine für den Steuerpflichtigen günstigere Lösung skizziert.

Die Beschwerde wurde daher abgewiesen, die ordentliche Revision aber zugelassen, da noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Zusammenspiel von horizontaler und vertikaler Zurechnung vorliegt. Der Bf hat Revision eingebracht.

Conclusio

Die Entscheidung ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen geht das BFG von der bisherigen – für den Steuerpflichtigen günstigen – Verwaltungsmeinung ab, wonach beim Zusammentreffen von horizontaler und vertikaler Zusammenrechnung die Steuerstufen im Ergebnis mehrfach genutzt werden können (siehe BMF-010206/0058-VI/5/2016, 62 ff). Zum anderen steht die Entscheidung des BFG im Spannungsfeld zum Wortlaut des § 7 Abs 1 Z 2 GrEStG, der nur zwei Zusammenrechnungsarten vorsieht: eine vertikale bei mehreren Erwerben von derselben Person an dieselbe Person (dritter Satz leg cit) und eine horizontale bei mehreren Erwerben einer Person, die zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden können (fünfter Satz leg cit). Das BFG hingegen rechnet aus teleologischen Gründen alle Erwerbe einer Person innerhalb von fünf Jahren, unabhängig vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, zusammen, was mE weder aus der Bestimmung selbst noch aus den Gesetzesmaterialien herauszulesen ist. Es bleibt abzuwarten, wie der VwGH diesen Fall entscheiden wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33833 vom 29.03.2023