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EStG 1988: § 26 Z 7 lit d, § 67 Abs 3
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob die begünstigte Besteuerung einer Abfertigung nach § 67 Abs 3 EStG auch auf Abfertigungen anwendbar ist, die von ausländischen Arbeitgebern ausbezahlt wurden. Dem Gesetzeswortlaut ist eine Einschränkung auf Zahlungen von inländischen Arbeitgebern nicht zu entnehmen. Somit war die Abfertigung, die von einem Arbeitgeber in Italien geleistet wurde und sich aus dem italienischen Recht ergab, dem begünstigten Steuersatz zu unterwerfen.
BFG 27. 9. 2022, RV/3100842/2019
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) ist in Österreich ansässig und war seit Dezember 2010 als Grenzgänger durchgehend bei einem Arbeitgeber in Italien beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erzielte er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Da der Betrieb im Jänner 2016 geschlossen wurde, zahlte der italienische Arbeitgeber dem Bf eine beendigungskausale Abfertigung aus. Diese war nach Ansicht des Bf dem begünstigten Steuersatz gem § 67 Abs 3 EStG zu unterwerfen. Im von der Erklärung abweichenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 führte das FA allerdings aus, dass § 67 Abs 3 EStG nur auf „im Inland von einem inländischen Arbeitgeber bezogene und aufgrund von österreichischen Rechtsgrundlagen ausbezahlte Abfertigungen“ anwendbar sei. Aufgrund seiner Anstellung bei einem italienischen Arbeitgeber, sei § 67 Abs 3 EStG nicht einschlägig. Lediglich ein anteiliger Betrag (hier 1,53 % der Summe der Bezüge aus den Jahren 2010–2015) könne nach § 26 Z 7 lit d EStG begünstigt besteuert werden. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf Beschwerde beim BFG.
Entscheidung des BFG
§ 67 Abs 1 iVm Abs 3 EStG sieht eine steuerliche Begünstigung für sonstige Bezüge und damit auch Abfertigungen vor. Unter dem Begriff „Abfertigung“ ist laut Gesetz die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses geleistet wird. Darüber hinaus muss sich die Abfertigung ua aus einer gesetzlichen Vorschrift, einem Kollektivvertrag oÄ ergeben. Strittig war im Beschwerdefall die Anwendbarkeit der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG auch auf Abfertigungen, die von einem Arbeitgeber in Italien ausbezahlt wurden und auf italienischem Recht begründet waren. Der Ansicht der Abgabenbehörde, die aus der österr Bestimmung die implizite Tatbestandsvoraussetzung ableitete, dass die Abfertigung aufgrund einer österr Rechtsgrundlage geleistet werden muss, folgte das Gericht in seiner Entscheidung nicht. Das BFG stützt seine Argumentation vielmehr auf den Wortlaut des § 67 EStG, der für „sonstige Bezüge“ eine begünstigte Besteuerung festlegt. Darunter sind jedenfalls die Bezüge iSd Abs 3 bis 8 leg cit – und damit auch Abfertigungen – zu verstehen. Die Voraussetzungen, an die „sonstige Bezüge“ für Zwecke der Begünstigung geknüpft sind, sind gem Abs 1 leg cit lediglich die Auszahlung (i) neben (also zusätzlich zu) dem laufenden Arbeitslohn und (ii) von demselben Arbeitgeber. Dabei handelt es sich um einen Teil des Lohns, den der Arbeitgeber neben dem laufenden Arbeitslohn auszahlt und der mehrere Lohnzahlungszeiträume abgilt. Zudem müssen sich die Bezüge sowohl durch den zugrunde liegenden Rechtstitel als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von laufenden Bezügen unterscheiden (VwGH 30. 10. 2014, 2011/15/0140; 7. 8. 2001, 98/14/0081). Sofern die Voraussetzungen des § 67 EStG erfüllt sind, ist eine Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Einkünften in der Bestimmung nicht zu erblicken (VwGH 23. 2. 2010, 2008/15/0243; 30. 10. 2014, 2011/15/0140).
Im Streitfall ergab sich die gesetzliche Pflicht zur Auszahlung der Abfertigung aus Art 2120 Abs 1 des italienischen Codice civile und damit aus einer gesetzlichen Vorschrift. Zudem fiel die Zahlung an den Bf zweifelsohne unter den oben erläuterten Begriff der Abfertigung. Die Bezüge des Bf waren folglich der begünstigten Besteuerung des § 67 Abs 1 iVm Abs 3 EStG zugänglich, weshalb der Einkommensteuerbescheid im Ergebnis abzuändern war. Darüber hinaus merkte das BFG an, dass § 26 Z 7 lit d EStG für die Besteuerung einer ausländischen Abfertigung in keiner Weise anwendbar sei. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Conclusio
Wie gezeigt wurde, ist die vorliegende Entscheidung in Einklang mit der Judikatur des VwGH zur Steuerbegünstigung von Abfertigungszahlungen. Interessant ist, dass sich das BFG Innsbruck bereits acht Monate zuvor mit einem sehr ähnlich gelagerten Beschwerdefall zur Abfertigung eines italienischen Arbeitgebers zu beschäftigen hatte (siehe dazu BFG 31. 1. 2022, RV/3100703/2018). In dieser wurde die Anwendung von § 63 Abs 3 EStG zudem auch noch mit dem sonstigen Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot nach Art 18 AEUV begründet und auch die Anwendung von § 26 Z 7 lit d EStG wurde entschieden abgelehnt. Worauf das BFG in beiden Entscheidungen nicht einging, ist die abkommensrechtliche Komponente: Art 15 Abs 4 DBA-Italien enthält eine Grenzgängerregelung, nach der das ausschließliche Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit eines Grenzgängers dem Ansässigkeitsstaat (hier Ö) zukommt. Sieht das DBA explizit eine solche Grenzgängerregelung vor, die dem Ansässigkeitsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht zuteilwerden lässt, so ist es nur schlüssig auch ausländische Einkünfte den nationalen steuerlichen Regelungen – und damit auch den Begünstigungen – zugänglich zu machen, sofern das für inländische Einkünfte der Fall ist. Ein Ausschluss der Anwendbarkeit der Begünstigung für ausländische Einkünfte sieht schließlich auch das Gesetz nicht vor. Dies wird mit den beiden Entscheidungen des BFG und der zitierten Judikatur des VwGH nochmals verdeutlicht. Davon abgesehen, wäre eine solche Einschränkung der Anwendbarkeit der Norm bloß auf inländische Einkünfte wohl auch mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art 45 AEUV nicht vereinbar.