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GebG: § 33 TP 5
Abstract
Das BFG hatte sich einmal mehr mit der Unterscheidung zwischen bestimmter und unbestimmter Vertragsdauer für Zwecke des Gebührenrechts zu befassen. Im vorliegenden Fall wurde eine gewerbliche Fläche über zehn Jahre verpachtet. Die Verpächterin behielt sich eine Kündigungsmöglichkeit ua aufgrund der in § 30 Abs 2 MRG angeführten Gründe vor. Die Pächterin war berechtigt den Vertrag jederzeit auf andere Konzerngesellschaften abzutreten oder diese der Verpächterin namhaft zu machen, damit ein neuer Vertrag abgeschlossen werden könnte (sog Präsentationsrecht). Das BFG entschied, dass in einer Gesamtsicht von einer bestimmten Bestandvertragsdauer auszugehen ist.
BFG 3. 9. 2024, RV/7106513/2019
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist Verpächterin von Flächen eines Einkaufszentrums und hat mit ihrer Pächterin einen zehnjährigen Pachtvertrag abgeschlossen. Die Verpächterin durfte den Vertrag ua aufgrund der in § 30 Abs 2 MRG aufgezählten Gründe vorzeitig auflösen. Die Pächterin wurde berechtigt, den Bestandgegenstand an Unternehmen desselben Konzerns abzutreten. Außerdem wurde der Pächterin ein Präsentationsrecht eingeräumt, das die Verpächterin unter gewissen Umständen verpflichtete, einen Bestandvertrag über die Restlaufzeit mit einer dritten Partei abzuschließen.
Die Abgabenbehörde war der Auffassung, dass es sich um einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag handle und setzte daher die Gebühr gem § 33 TP 5 GebG auf Basis des voraussichtlichen zehnjährigen Pachtzinses vorläufig fest. Die Bf war damit nicht einverstanden und erhob Beschwerde, weil ihr zufolge die Vertragsdauer aufgrund der umfassenden Kündigungs-, Weitergabe- und Präsentationsrechte als unbestimmt anzusehen war, weswegen die Gebühr auf Basis des bloß dreijährigen Pachtzinses festgesetzt hätte werden sollen. Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung durch die Abgabenbehörde wurde die Beschwerde antragsgemäß dem BFG vorgelegt.
Entscheidung des BFG
Der vorliegende Vertrag wurde grundsätzlich auf bestimmte Zeit (zehn Jahre) geschlossen, wobei nicht die gewählte Bezeichnung, sondern der Inhalt maßgebend ist (VwGH 5. 3. 2009, 2007/16/0149). Entscheidend ist, ob die Vertragsparteien auf bestimmte Zeit durch den Vertrag gebunden sein wollten. Die Verpächterin konnte nach Maßgabe des § 30 MRG sowie aus bestimmten ausdrücklich angeführten Gründen vorzeitig kündigen, während die Pächterin grundsätzlich für zehn Jahre gebunden war.
Das BFG hat schon mehrfach ausgesprochen, dass die Vereinbarung der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG dann nicht zu einer unbestimmten Vertragsdauer führt, wenn sich aus einer Zusammenschau mit den übrigen Vertragsbestimmungen ergibt, dass nur einzelne Kündigungsgründe in Betracht kommen (siehe BFG 16. 4. 2020, RV/7102968/2017; BFG 28. 4. 2021, RV/7106536/2019 mwN). Im vorliegenden Fall sind einige Gründe schon allein deshalb nicht anwendbar, weil es sich um keine Wohnraummiete handelt, die meisten anderen setzen ein Fehlverhalten der Pächterin voraus. Als faktisch einziger Kündigungsgrund ohne Zutun der Pächterin kommt daher der Eigenbedarf nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG in Betracht, der für sich allein aber zu unwahrscheinlich ist, um zu einer unbestimmten Vertragsdauer zu führen. Auch die zusätzlich explizit vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten (zB Verstöße gegen den Nichtraucherschutz) setzen allesamt ein Fehlverhalten der Pächterin voraus, weswegen keine uneingeschränkte Kündigungsmöglichkeit der Bf gegeben ist.
Als Nächstes befasst sich das BFG mit den im Vertrag vorgesehenen Weitergabe- und Präsentationsrechten der Pächterin. Das Weitergaberecht, dh die Möglichkeit des Eintritts einer anderen Person als Bestandnehmer in den Vertrag, kann schon dem Grunde nach nicht zu einer unbestimmten Vertragsdauer führen, weil die Weitergabe keine Auflösung des Vertrags bewirken würde und der Vertrag selbst bei erfolgter Weitergabe über zehn Jahre bestehen würde. Etwas anders liegt die Sache hingegen grundsätzlich bei Präsentationsrechten, dh der Verpflichtung des Bestandgebers unter gewissen Bedingungen mit einem vom Bestandnehmer vorgeschlagenen Dritten einen Vertrag abzuschließen. Präsentationsrechte führen idR dazu, dass der ursprüngliche Vertrag vorzeitig aufgelöst werden kann und daher als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Im vorliegenden Fall war die im Vertrag als Präsentationsrecht bezeichnete Klausel allerdings eingeschränkt. Die Pächterin konnte nur Vertragspartner aus demselben Konzern präsentieren und die Verpächterin hatten den Vertrag zu denselben Bedingungen für die Dauer der Restlaufzeit abzuschließen. Dementsprechend kommt das Präsentationsrecht in seiner Wirkung einem Weitergaberecht gleich, sodass es auch bei dessen Ausübung zu keiner vorzeitigen Vertragsauflösung kommt und in einer Gesamtsicht von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen ist. Das BFG weist daher die Beschwerde ab. Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Conclusio
Die Entscheidung des BFG zeigt einmal mehr die Bedeutung der Abgrenzung zwischen Bestandverträgen von bestimmter und von unbestimmter Dauer. Im vorliegenden Fall wäre die unbestimmte Vertragsdauer für die Bf günstiger gewesen, weil die Gebühr dann bloß am dreifachen anstelle des zehnfachen Jahreswertes zu bemessen gewesen wäre. Die abweisende Entscheidung des BFG entspricht der bisherigen Rsp (siehe zuletzt BFG 9. 2. 2021, RV/7101032/2017; Revision zurückgewiesen durch VwGH 26. 5. 2021, Ra 2021/16/0029). Zwar wird die Einräumung aller Kündigungsrechte des § 30 Abs 2 MRG insb bei Wohnraummieten als derart weitreichend gesehen, dass eine unbestimmte Vertragsdauer vorliegt (Bergmann/Pinetz, GebG2 [2020] § 33 TP 5 Rz 194 mwN); bei Geschäftsraumvermietungen werden diese aber aufgrund ihrer zT faktischen Nichtanwendbarkeit als nicht weitreichend genug angesehen (Bergmann/Pinetz, GebG2 [2020] § 33 TP 5 Rz 197 f mwN). Auch die vorliegende als Präsentationsrecht bezeichnete Klausel kann an einer bestimmten Vertragsdauer nichts ändern, weil sie im Wesentlichen als Eintrittsrecht für mit der Pächterin verbundene Unternehmen fungierte und nicht zu einer einseitigen vorzeitigen Auflösung des Vertrags führen konnte (siehe dazu auch schon VwGH 18. 8. 2020, Ra 2020/16/0115).