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EStG 1988: § 3 Abs 1 Z 35 EStG
Abstract
Im vorliegenden Fall hatte das BFG zu entscheiden, wie weit der Begriff der Gewinnbeteiligungen iSd § 3 Abs 1 Z 35 EStG auszulegen sei. Es wählte dabei einen „Mittelweg“ und erachtete die Objektivierbarkeit des Anknüpfungswerts als ausschlaggebendes Kriterium, welches allerdings im vorliegenden Fall nicht erfüllt war.
BFG 4. 9. 2024, RV/3100062/2024
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) ist Angestellter und unterliegt bei der Arbeitgeberin – wie alle anderen Arbeitnehmer auch – einem Bonussystem. In Abhängigkeit des (konzernweiten) Unternehmenserfolgs („UEF-Wert“), im Hinblick auf eigens gesetzte Ziele und des persönlichen Leistungserfolgs („ILF-Wert“) werden den Arbeitnehmern hierbei Bonuszahlungen geleistet. Der Bf erklärte die Einkünfte aus diesem Bonussystem innerhalb der Arbeitnehmerveranlagung als steuerbefreite Gewinnbeteiligung iSd § 3 Abs 1 Z 35 EStG, das FA hingegen erkannte diese Einordnung nicht an. Gegen den entsprechenden Bescheid erhob der Bf Beschwerde beim BFG.
Entscheidung des BFG
Das BFG widmete sich in seiner Entscheidung der Klärung des Begriffs der Gewinnbeteiligungen iSd § 3 Abs 1 Z 35 EStG, weil es alle anderen Voraussetzungen der lit a–d den Feststellungen nach für erfüllt erachtet. Hier liegt bisher keine hg Rsp vor; in der Lit wird der Begriff unterschiedlich weit ausgelegt.
Nach engem Verständnis des Wortlauts wird davon ausgegangen, dass die Höhe der Zahlung an den Gewinn oder zumindest die Gewinngröße anknüpft (Vondrak, ecolex 2022, 12; Bernhofer/Leitsmüller, ÖStZ 2021, 677). Das BFG hegt keine Bedenken gegen das Abstellen auf Konzernkennzahlen, da lit b – wenn auch in Bezug auf die Beschränkung des Gesamtbetrags der ausgezahlten Beträge – dies ebenfalls erlaubt (vgl auch Hirschler/Zwick-Pevny, RwSt 2022, 3 [17]).
Die Gesetzesmaterialien sprechen davon, dass auch eine Anknüpfung an andere objektivierbare Erfolgsgrößen wie etwa Umsatz, Deckungsbeitrag oder Betriebsergebnis möglich ist. Diesem Verständnis folgt auch die FinVw (LStR 2002 Rz 112ea; Mayr, RdW 2021, 868).
Andere Stimmen in der Lit verfolgen ein besonders weites Begriffsverständnis (zB Shubshizky, SWK 2022, 542). Demnach soll es überhaupt keiner Anknüpfung an eine bestimmte Erfolgsgröße bedürfen. Darunter können entsprechend auch Prämienmodelle jeder Art fallen (vgl auch Hirschler/Zwick-Pevny, RwSt 2022, 3 [17]). Dieses weite Verständnis erachtet das Gericht für problematisch. Der Gesetzgeber hat offenkundig nicht beabsichtigt, sämtliche Prämienmodelle unter diese Bestimmung zu subsumieren, weil er von verhältnismäßig geringen budgetären Folgen der Einführung dieser Steuerbestimmung ausging. Mit Berufung auf den Beitrag Bernhofer/Leitsmüller (ÖStZ 2021, 677) deuten die vom BMF geschätzten Zahlen nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber Prämienmodelle jeder Art begünstigen wollte. Darüber hinaus wäre wohl ein anderer Begriff als „Gewinnbeteiligung“ gewählt worden. Schlussendlich wären hierbei auch die verfassungsrechtlichen Konsequenzen ungewiss, weil insb „Leistungsbelohnungen im Bereich nicht auf Gewinn gerichteter Organisationen oder etwa im öffentlichen Dienst von vornherein von dieser Steuerbefreiung ausgeschlossen wären und somit eine Ungleichbehandlung entstünde, für die keine offensichtliche sachliche Rechtfertigung vorläge.“
Entsprechend schließt sich das Gericht dem „Mittelweg“ an, wonach eine Anknüpfung nicht zwingend an den Gewinn oder eine Gewinngröße, allerdings an einen Wert, der objektivierbar ist, erfolgen muss. Als objektivierbar erkennt das Gericht betriebswirtschaftliche Kennzahlen an, an die auch der Unternehmenserfolgswert – auf dessen Basis auch die Feststellung des Bonus erfolgt – anknüpft (Nettoumsatz, core operating income, free cash flow, core operating margin). Die Objektivierbarkeit gilt allerdings nicht für den UEF-Wert selbst; dieser ist von vom Konzern selbst gesteckten Zielen abhängig, wodurch das Kriterium nicht als erfüllt erachtet werden kann.
Darüber hinaus erkennt das BFG auch noch andere Umstände, woran eine Subsumierung unter § 35 Abs 1 Z 35 scheitern würde: In lit a ist etwa die Rede davon, dass die Begünstigung „allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern“ gewährt werden müsse. Ein Vergleich mit der Rsp zu anderen Bestimmungen mit demselben Wortlaut ergibt, dass aufgrund der Einbeziehung des ILF-Werts die Gruppenbildung willkürlich und damit unzulässig sein könnte. Eine Trennung der Faktoren UEF und ILF ist mathematisch nicht möglich, womit auch nicht nur ein Teil der Boni unter § 35 Abs 1 Z 35 subsumiert werden könnte.
Mangels hg Rsp zur Auslegung des Begriffs „Gewinnbeteiligung“ hat das BFG die Revision zugelassen.
Conclusio
Die Ansicht des BFG überzeugt im Ergebnis. Der Verweis auf die Objektivierbarkeit in den Gesetzesmaterialien scheint eine zu enge wie auch eine sehr extensive Interpretation auszuschließen, selbst wenn letztere durch mehrere Stimmen in der Lit (zB Schuster, SWK 2022, 354; Shubshizky, SWK 2022, 542) – allerdings ohne nähere Begründung – vertreten wird. Dass eine individuell vom Konzern vorgegebene Zielerreichung dieses objektive Kriterium nicht erfüllt, leuchtet grundsätzlich ebenso ein. Die Frage hier bleibt allerdings, wo die Grenzen abzustecken sind. Sind Gewinnbeteiligungen mit auch nur partiell anderen – etwa umwelttechnischen – Zielen damit zur Gänze ausgeschlossen? Die Entscheidung des BFG scheint darauf hinzudeuten. Eine Bindung der Mitarbeiterbeteiligung an reine Erfolgswerte – insb den EBIT des Vorjahres, wie es in den Gesetzesmaterialien vorgeschlagen wird – scheint damit wohl die sicherste Option zu sein. Ob eine höchstgerichtliche Klärung der Materie in naher Zukunft stattfinden wird, bleibt ungewiss – es findet sich jedenfalls kein Hinweis darauf, dass Revision erhoben worden ist.