Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
EStG: § 24 Abs 1, Abs 4, § 37 Abs 2, Abs 5 Z 3
Abstract
Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 26. 1. 2023, Ro 2022/15/0006 ausgesprochen, dass die Hälftesteuersatzbegünstigung des § 37 Abs 5 Z 3 EStG nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn ein gesamter Betrieb veräußert wird. Die Literatur war bis dahin davon ausgegangen, dass der Begriff des Veräußerungsgewinns im § 37 Abs 2 und Abs 5 EStG ident auszulegen waren. Im fortgesetzten Verfahren wurde unter Berufung auf eine aus diesem Grund mögliche Gesetzesänderung die Erlassung eines vorläufigen Bescheids gem § 200 BAO begehrt. Das BFG folgte dieser Anregung nicht: § 200 BAO verlangt eine Ungewissheit im Tatsachenbereich.
BFG 25. 5. 2023, RV/5100142/2023
Sachverhalt und bisheriger Verfahrensgang
Herr MN hielt als Kommanditist 100 % der Anteile an der KG und war auch Alleingesellschafter der Komplementärs-GmbH. Im Sonderbetriebsvermögen befanden sich mehrere Grundstücke, die an die KG vermietet wurden. Im Oktober 2017 veräußerte MN insgesamt 75 % seines Kommanditanteils. Das Sonderbetriebsvermögen wurde nicht mitveräußert, jedoch weiterhin an die KG vermietet. Herr MN, der mittlerweile älter als 60 Jahre war, legte auch seine Rolle als Geschäftsführer zurück.
In seiner Einkommensteuererklärung 2017 erklärte Herr MN den Erlös aus der Veräußerung der Kommanditanteile als Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG und beantragte die Hälftesteuersatzbegünstigung gem § 37 Abs 5 Z 3 EStG.
Da das Sonderbetriebsvermögen nicht mitveräußert wurde, gingen Finanzamt und BFG ursprünglich davon aus, dass keine Betriebsveräußerung iSd § 24 Abs 1 EStG vorlag. Daraus ergab sich, im Einklang mit der hL, dass auch die Hälftesteuersatzbegünstigung des § 37 Abs 5 Z 3 EStG zu verneinen war (BFG 24. 11. 2021, RV/5101414/2020). Gegen diese Entscheidung erhob die Bf Revision.
Der VwGH kam in seiner Entscheidung vom 26. 1. 2023, Ro 2022/15/0006 zu dem Ergebnis, dass trotz Zurückbehaltens des Sonderbetriebsvermögen eine Betriebsveräußerung iSd § 24 EStG vorlag. Denn da die Grundstücke weiterhin an die KG vermietet wurden, war der Erwerber in der Lage, den Betrieb weiterzuführen. Daraus ergebe sich jedoch nicht automatisch auch, dass ein Veräußerungsgewinn iSd § 37 Abs 5 EStG vorliege. Nach Ansicht des VwGH setzt dieser nämlich die Veräußerung des gesamten Betriebes, im vorliegenden Fall des gesamten Mitunternehmeranteils, voraus. Da nur 75 % der Kommanditanteile veräußert wurden, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Der VwGH hob daher das Erkenntnis des BFG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.
Entscheidung des BFG
Im fortgesetzten Verfahren vor dem BFG erstattete Herr MN diverse weitere Vorbringen. Insbesondere brachte er vor, dass es im vorliegenden Fall zu einer Gesetzesänderung kommen könnte, die die Hälftesteuersatzbegünstigung auch der teilweisen Veräußerung eines Betriebes zugänglich macht. Herr MN regte daher die Erlassung eines vorläufigen Bescheids gem § 200 BAO an. Auch ein Antrag auf 3-Jahresverteilung gem § 37 Abs 2 Z 1 EStG wurde gestellt.
Das BFG verneinte die Möglichkeit zur Erlassung eines vorläufigen Bescheids. § 200 BAO setze eine Ungewissheit im Tatsachenbereich voraus (VwGH 27. 2. 2014, 2010/15/0073). Die Möglichkeit einer gesetzlichen Anpassung erfülle diese Voraussetzung nicht. Da zwischenzeitlich ein Antrag auf 3-Jahresverteilung gestellt wurde, seien im Ergebnis weder der Hälftesteuersatz gem § 37 Abs 5 EStG noch – obwohl dieser grundsätzlich zugestanden wäre – der anteilige Freibetrag gem § 24 Abs 4 EStG zuzusprechen.
Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen und – soweit ersichtlich – auch nicht erhoben.
Conclusio
Nach seiner Entscheidung zur Übertragung stiller Reserven auf Ersatzbeteiligungen gem § 13 Abs 4 KStG (VwGH 17. 11. 2022, Ra 2021/15/0053), hat der VwGH nun auch zu § 37 Abs 5 Z 3 EStG eine aus Sicht der hL – und im Fall des § 13 Abs 4 KStG auch der Verwaltungspraxis – überraschende Entscheidung getroffen. Während der Entwurf des AbgÄG 2023 eine Übergangsbestimmung in Antwort auf die Entscheidung des VwGH zu § 13 Abs 4 KStG enthält, ist eine solche für § 37 Abs 5 Z 3 EStG nicht vorgesehen. Die KSW hat eine Anpassung der Rechtslage zwar angeregt, ob der Gesetzgeber dieser nachkommen wird, bleibt jedoch offen.
Daraus mag sich zwar eine Ungewissheit ergeben, dies jedoch nur hinsichtlich der zukünftigen Rechtslage. Ein etwaiges Tätigwerden des Gesetzgebers kann allerdings – wie das BFG richtig erkannt hat – keine Ungewissheit iSd § 200 BAO begründen. Diese verlangt eine Ungewissheit im Tatsachenbereich, dh einen noch nicht abschließend beurteilten Sachverhalt (Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger [Hrsg], BAO Handbuch [2015] § 200 BAO Rz 1).