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BFG: DBA Kroatien: Mitarbeiterentsendung im Konzern

Bearbeiter: Theres Neumüller

DBA Kroatien, BGBl III 119/2001: Art 15

Abstract

Das Besteuerungsrecht an Löhnen, Bezügen und Gehältern eines Stpfl steht nach Art 15 DBA Kroatien grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zu, es sei denn die Tätigkeit wird im anderen Staat ausgeübt. Wird die Tätigkeit zwar im anderen Staat ausgeübt, aber hält sich der Stpfl dort nicht länger als 183 Tage auf, wird die Vergütung von einem im Ansässigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber ausbezahlt und auch nicht von einer Betriebsstätte im Quellenstaat getragen, so wird das alleinige Besteuerungsrecht nach Art 15 Abs 2 DBA Kroatien trotzdem dem Ansässigkeitsstaat zuteil. Nach der Rsp des VwGH kommt es hierbei nach autonomer Auslegung des Art 15 Abs 2 DBA allerdings darauf an, ob die Vergütung tatsächlich von einem im Quellenstaat ansässigen Arbeitgeber getragen wurde. Entscheidend ist daher nicht der zivilrechtliche, sondern der wirtschaftliche Arbeitgeber.

BFG vom 2. 6. 2021, RV/7100789/2019

Sachverhalt

Im Zeitraum von 1. 5. 2011 bis 30. 4. 2015 wurde die Bf von ihrem kroatischen Arbeitgeber, einer in Kroatien ansässigen Bank, zur XY-Bank AG nach Wien entsandt. Bei der kroatischen Bank handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der österreichischen XY-Bank AG. Während ihrer Entsendung hatte die Bf einen Wohnsitz in Österreich. Gleichzeitig unterhielt sie einen Wohnsitz in Kroatien, an dem sich auch weiterhin ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen befand. In den Einkommensteuerbescheiden 2012 und 2013 wurden die Gehälter der Bf zur Gänze der österreichischen Besteuerung unterworfen. Mit der Begründung, dass sich die Bf in den Streitjahren 2012 und 2013 in Österreich weniger als 183 Tage aufhielt und ihr Gehalt von einem Arbeitgeber in Kroatien ausbezahlt wurde, erhob die Bf Beschwerde. Mit Beschwerdevorentscheidung wurden die in Österreich steuerpflichtigen Bezüge der Bf vermindert. Daraufhin erhob die Bf erneut Beschwerde, da sie der Ansicht war, Österreich komme überhaupt kein Besteuerungsrecht für ihre Bezüge zu.

Entscheidung des BFG

Unstrittig war im gegenständlichen Fall, dass die Bf für Zwecke des DBA in Kroatien ansässig war. Das BFG hatte daher ausschließlich darüber zu entscheiden, ob Österreich als Tätigkeitsstaat nach Art 15 DBA Kroatien ein Besteuerungsrecht an den Bezügen der Bf zukommt. Nach Art 15 Abs 1 DBA Kroatien dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Ein Besteuerungsrecht steht dem Quellenstaat nur in Ausnahmefällen zu, in denen die Tätigkeit dort ausgeübt wird und die sog „183-Tage-Klausel“ nach Art 15 Abs 2 nicht zum Tragen kommt. Sind die drei Kriterien des Art 15 Abs 2 DBA Kroatien kumulativ erfüllt, fällt das ausschließliche Besteuerungsrecht trotz Tätigkeit im Quellenstaat wieder zum Ansässigkeitsstaat zurück.

Wie von der Bf in einem „days by country report“ nachgewiesen wurde, hielt sie sich in den Jahren 2012 und 2013 jeweils nicht länger als 183 Tage im Tätigkeitsstaat Österreich auf, weshalb das erste Kriterium nach Art 15 Abs 2 lit a DBA Kroatien zweifelsfrei erfüllt war. Was Art 15 Abs 2 lit b DBA Kroatien anbelangt, so wurde ihr Gehalt von einem in Kroatien ansässigen Arbeitgeber ausbezahlt, weshalb auf den ersten Blick auch das zweite Kriterium erfüllt zu sein schien. Da die Gehälter der Bf auch nicht von einer österreichischen Betriebsstätte gezahlt wurden, wären grundsätzlich alle drei Voraussetzungen des Art 15 Abs 2 DBA Kroatien erfüllt, woraufhin Kroatien das alleinige Besteuerungsrecht an den Bezügen der Bf hätte. In seiner Rsp erkannte der VwGH (vgl VwGH 22. 5. 2013, 2009/13/003 zur Dienstnehmerentsendung iZm dem DBA Slowakei) allerdings, dass Art 15 Abs 2 lit b autonom auszulegen ist: Das ausschließliche Besteuerungsrecht im Ansässigkeitsstaat hängt also davon ab, dass „die Vergütung von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt wird“, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Diese Einschränkung soll nach hM sicherstellen, dass der Tätigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht auch bei weniger als 183 Tage andauernden Tätigkeiten behält, wenn die bezahlte Vergütung den Gewinn eines Unternehmens schmälert, das der Steuerhoheit des Tätigkeitsstaats unterliegt. Für das Besteuerungsrecht im Ansässigkeitsstaat (Kroatien) ist daher entscheidend, dass die Vergütung auch wirtschaftlich von einem nicht im Tätigkeitsstaat (Österreich) ansässigen Arbeitgeber getragen und nicht nur ausbezahlt wird (vgl Zehetner/Dupal, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer (Hrsg), Wien 2003, S 131 f mwN). Dies hat zur Folge, dass die 183-Tage-Klausel nicht mehr greift.

Laut den zugrundeliegenden Entsendungsverträgen arbeitete die Bf im beschwerdegegenständlichen Zeitraum auf Vollzeitbasis zum Nutzen der österreichischen XY-Bank AG und ist dort auch organisatorisch eingegliedert. Die Vergütungen wurden zwar vom kroatischen Arbeitgeber an die Bf bezahlt und offiziell nicht an die inländische XY-Bank AG weiterverrechnet, jedoch geht das BFG in vorliegenden Fall davon aus, dass es diesbzgl zu einer konzerninternen Verrechnung gekommen sein muss und die Kosten daher wirtschaftlich von der XY-Bank AG getragen wurden. Da das Kriterium nach Art 15 Abs 2 lit b DBA Kroatien somit nicht erfüllt ist, greift die 183-Tage-Klausel nicht und das Besteuerungsrecht für die im Inland verrichteten Arbeitstage fällt Österreich zu.

Da das BFG der Rsp des VwGH folgte, wurde eine ordentliche Revision nicht zugelassen.

Conclusio

Nach Rsp des VwGH im Falle einer Dienstnehmerentsendung, ist Art 15 Abs 2 lit b DBA autonom auszulegen. Für das Vorliegen des ausschließlichen Besteuerungsrechts im Ansässigkeitsstaat kommt es folglich iRd 183-Tage-Klausel vor allem darauf an, dass der Arbeitgeber, der die Vergütung wirtschaftlich trägt, nicht im anderen Staat ansässig ist. Wie hier vom BFG nochmals bestätigt wird, ist unter dem Begriff des Arbeitgebers iSd Abkommensrechts daher nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber zu verstehen, sondern vielmehr auf einen wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff abzustellen (siehe zB auch BFH vom 23. 2. 2005, I R 46/03, BStBl 2005 II, S 547, sowie Giesinger, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, SWI 2010, S 3 ff).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31321 vom 12.08.2021