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EStG 1988: § 97 Abs 4 idF BGBl I 2006/134
EStG 1988: § 37 Abs 8 idF BGBl I 2003/80
EStG 1988: § 30 Abs 1 idF BGBl I 2001/59
InvFG 1993: § 40 Abs 1 idF AbgÄG 2004, BGBl I 2004/180
InvFG 1993: § 42 Abs 1 idF AbgÄG 2004, BGBl I 2004/180
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob und wie die Einkünfte aus ausländischen Kapitalanlagen, die über ein Depot bei einer Schweizer Bank gehalten wurden, in den Streitjahren 2005 bis 2012 zu besteuern waren. Die Einkünfte umfassten Substanzgewinne aus ausländischen Investmentfonds sowie Einkünfte aus Spekulationsgeschäften und ausschüttungsgleiche Erträge. Diese wurden gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung nicht offengelegt. Da die Erträge jedoch unter die Einkunftsarten des österreichischen EStG subsumiert werden konnten, wurden diese der ESt unterworfen. Zudem wurde die Liebhaberei für Investitionen in Wertpapiere und Investmentfonds verneint.
BFG 8. 5.2023, RV/7100259/2016
Sachverhalt
Im Jahr 2005 hatte der Bf in Österreich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Ab dem Folgejahr erzielte er daneben auch Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb als Kfz-Mechaniker. Seinen Gewinn ermittelte der Bf nach § 4 Abs 3 EStG. Aufgrund von Art 9 des Abkommens der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt wurde der Abgabenbehörde im Jahr 2013 mitgeteilt, dass der Bf in den Jahren 2005 bis 2012 bei einer Schweizer Bank ein Depot unterhalten hatte. Im Zuge dessen wurden der Finanzverwaltung die Kontostände zum jeweiligen Jahresende übermittelt. Darunter waren ua Kapitalerträge aus ausländischen Kapitalanlagen, Substanzgewinne sowie Kapitalerträge aus Spekulationsgeschäften, die der Bf gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung nicht offengelegt hatte. Auf Basis der übermittelten Daten erließ das FA die Einkommensteuerbescheide für die jeweiligen Jahre, wogegen sich die Beschwerde des Bf richtete. Der Bf behauptete im Wesentlichen, dass die ausländischen Kapitalerträge in Österreich nicht der Besteuerung unterliegen würden.
Entscheidung des BFG
Strittig war im vorliegenden Fall die steuerliche Behandlung der ausländischen Kapitalerträge des Bf. Nach damaliger Rechtslage unterlagen Spekulationsgewinne aus Wertpapieren bei einer Haltedauer von nicht mehr als einem Jahr nach § 30 Abs 1 Z 1 EStG idF BGBl I 2001/59 der Einkommensteuer. Die Steuerpflicht von Substanzgewinnen iZm (ausländischen) Kapitalanlagefonds ergab sich aus § 42 Abs 1 iVm § 40 Abs 1 InvFG 1993 idF AbgÄG 2004, BGBl I 2004/180. Auch diese galten im Ausmaß von einem Fünftel als Einkünfte iSd § 30 Abs 1 Z 1 lit b EStG. § 37 Abs 8 EStG idF BGBl I 2003/80 sah für bestimmte ausländische Kapitalerträge jedoch eine Progressionsermäßigung vor. Ausländische Kapitalerträge und darunter auch Substanzgewinne und ausschüttungsgleiche Erträge ausländischer Immobilienfonds unterlagen demnach einem Sondersteuersatz von 25 % sowie einer „Quasi-Endbesteuerung“ durch Veranlagung. § 97 Abs 4 EStG idF BGBl I 2006/134 sah unter bestimmten Voraussetzungen zudem auf Antrag eine günstigere Besteuerung nach dem (geringeren) allgemeinen Tarif vor.
Im Beschwerdefall war in einem ersten Schritt festzustellen, ob die Kapitalerträge vom FA zu Recht in den Einkommensteuerbescheid des Bf aufgenommen wurden. Dafür waren die Kapitalerträge unter die sieben Einkunftsarten zu subsumieren: Aufgrund der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG konnte der Bf kein gewillkürtes Betriebsvermögen haben. Das Wertpapierdepot bei der Schweizer Bank konnte auch kein notwendiges Betriebsvermögen darstellen: Notwendiges Betriebsvermögen müsste objektiv dazu bestimmt sein, seinem Wesen nach dem Betrieb des Stpfl objektiv zu dienen und auch so genutzt werden (VwGH 27. 1. 1998, 93/14/0166 und 26. 7. 2006, 2004/14/0091). Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts sowie die Besonderheiten des Betriebs und des Berufszweigs des Stpfl maßgebend. Der Bf erzielte als Kfz-Mechaniker ab 2006 ua Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Wertpapiere waren – objektiv gesehen – nicht dazu bestimmt, dem Betrieb des Bf zu dienen. Sie wurden stattdessen als notwendiges Privatvermögen eingestuft. Die Aufnahme in die Einkommensteuererklärung erfolgte daher zu Recht.
Der Bf brachte zudem vor, dass sein Einkommen aus den Kapitalerträgen in den Streitjahren die Freigrenze von 11.000 EUR nicht überschritten hätte, weshalb sich unter Anwendung der Option zur Tarifbesteuerung nach § 97 Abs 4 EStG idgF keine Steuerfestsetzung ergäbe. Dem konnte das BFG nicht folgen: Die Veranlagung ausländischer Kapital- und Fondserträge mit dem Sondersteuersatz erfolgt gesondert neben der allgemeinen Einkommensteuerveranlagung. Freibeträge, Freigrenzen und Absetzbeträge des EStG sind daher nicht anwendbar. Vielmehr sind die Erträge nach dem Wortlaut von § 37 Abs 8 idgF „ohne jeden Abzug anzusetzen“.
Auch dem Argument, dass die Tätigkeit der Vermögensveranlagung des Bf zu einem Totalverlust geführt habe und deshalb Liebhaberei vorläge, folgte das Gericht nicht. Ein Rentenvertrag, ein Sparbuch oder ein Bargeldbetrag ist kein Wirtschaftsgut, das sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignet (VwGH 19. 3. 2013, 2010/15/0141). Folglich sei auch das Investieren in Wertpapiere und Investmentfonds keine Tätigkeit, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen ist. Die Tätigkeit war daher der Vermögensverwaltung zuzurechnen und keine Liebhaberei. Im Ergebnis war dem Beschwerdebegehren nicht zu folgen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Conclusio
Die vorliegende Entscheidung erging zur „Quasi-Endbesteuerung“ von ausländischen Kapitalerträgen mit dem Sondersteuersatz von 25 %, die in dieser Form in der heutigen Fassung des EStG nicht mehr existiert. Diese wurde im Rahmen des BBG 2003 eingeführt. Durch die Einkommensveranlagung unter Anwendung einer „flat tax“, die in einer eigenen Schedule, unabhängig von den anderen Einkünften, erfolgte, sollte bei der Besteuerung unbeschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen eine Gleichbehandlung von in- und ausländischen Kapitalerträgen erreicht werden. Denn nur erstere unterlagen zuvor dem KESt-Abzug mit Abgeltungswirkung (vgl Jakom, Einkommensteuergesetz4 § 27 Rz 34 und § 37 Rz 91-93). Die Einkünfte waren jedoch vom Steuerpflichtigen im Vergleich zum KESt-Abzug selbst zu veranlagen.
Aufgrund von Art 7 Steuerabkommen Schweiz-Österreich vom 13. 4. 2012 würden die Kapitalerträge bereits in der Schweiz einer Besteuerung durch eine Einmalzahlung unterliegen. Gem Art 9 Steuerabkommen Schweiz-Österreich hat aber die Einmalzahlung in der Schweiz zu unterbleiben, sofern der Stpfl die schweizerische Zahlstelle ermächtigt, die ihn betreffenden Finanzdaten (wie die Identität, Steuernummer, Depot-Nr und den jährlichen Kontostand) an die zuständige österreichische Behörde zu übermitteln. Unter der Annahme, dass seine Kapitalerträge in Österreich ohnehin nicht der Einkommensteuer unterworfen wären, machte er von dieser Option Gebrauch. Eine Veranlagung seiner Einkünfte in Österreich durch den Bf ist jedoch unterblieben. Vor dem Hintergrund der gerechten und gleichmäßigen Steuererhebung ist das Ergebnis des BFG daher nachvollziehbar.
Eine gleichgelagerte Konstellation wäre heute allerdings ohnehin nicht mehr möglich: Das Steuerabkommen Schweiz-Österreich (vom 13. 4. 2012) wurde mit Inkrafttreten des AIA-Abkommens zwischen der EU und der Schweiz zum automatischen Informationsaustausch am 1. 1. 2017 vollständig aufgehoben. Damit entfiel auch das im vorliegenden Fall geltende Wahlrecht, die Vermögenswerte entweder einer anonymen Abzugsteuer (analog zur KESt) zu unterwerfen oder diese an die österreichische Finanzbehörde zu melden.