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Art 10 DBA Deutschland
Art 11 DBA Deutschland
Abstract
Der Bf war in Österreich ansässig und stiller Gesellschafter des Unternehmens der deutschen H-GmbH. Das BFG hatte zu beurteilen, ob die Ausschüttungen an den Bf als Dividenden oder als Zinsen im Sinne des DBA Deutschland einzuordnen waren. Diese Klassifizierung entschied darüber, ob die deutsche Quellensteuer zur Gänze oder nur iHv 15 % auf die österreichische Steuerlast angerechnet werden konnte. Das BFG kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Ausschüttungen um Dividenden handelte und eine Anrechnung nur iHv 15 % zu erfolgen hatte. Für das Gericht war entscheidend, dass der Bf keinen Nachweis über die Abzugsfähigkeit der Ausschüttung bei der H-GmbH erbrachte.
BFG 15. 4. 2024, RV/4100263/2019
Sachverhalt
Der Bf ist in Österreich ansässig und erzielte in den Jahren 2014 bis 2016 Einkünfte aus Kapitalvermögen durch eine echte stille Beteiligung am Unternehmen der in Deutschland ansässigen H-GmbH. Die deutsche Abgabenbehörde behielt für diese Einkünfte Quellensteuer ein. Im Zuge der Einkommenssteuerveranlagung in Österreich beantragte der Bf die Anrechnung dieser Quellensteuer in vollem Umfang (vgl Art 23 Abs 2 lit b DBA Deutschland). Die österreichische Abgabenbehörde erließ daraufhin Einkommenssteuerbescheide für die genannten Veranlagungsjahre, wobei jedoch die einbehaltene, deutsche Quellensteuer nur in einer Höhe von 15 % auf die österreichische Steuerlast angerechnet wurde. Gegen diese Bescheide richtet sich die Beschwerde des Bf.
Weiters ist zu erwähnen, dass der Bf aufgefordert wurde, einen Nachweis über die Abzugsfähigkeit der gegenständlichen Vergütungen bei der H-GmbH oder ihrer Muttergesellschaft der H-AG zu erbringen. Dieser Aufforderung ist der Bf nicht nachgekommen, weswegen das BFG davon ausging, dass die Ausschüttungen nach deutschem Recht nicht abzugsfähig waren.
Entscheidung des BFG
Das BFG erkennt zunächst, dass die Höhe der anrechenbaren Quellensteuer davon abhängt, ob man die Vergütungen für Zwecke des DBA Deutschland als Dividenden oder als Zinsen qualifiziert. Handelt es sich um Dividenden, steht Österreich als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht nach Art 10 Abs 1 DBA Deutschland zu, jedoch darf Deutschland eine Quellensteuer iHv 15 % des Bruttobetrags der Dividenden einbehalten (Art 10 Abs 2 lit b DBA Deutschland). Nach Art 23 Abs 2 lit b DBA Deutschland müsste die Quellensteuer in dieser Höhe auf die österreichische Steuerlast angerechnet werden, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Sind die Vergütungen demgegenüber als Zinsen iSv Art 11 DBA Deutschland anzusehen, steht Österreich erneut nach Abs 1 leg cit das Besteuerungsrecht zu. Deutschland darf die Zinsen jedoch auch nach Abs 2 leg cit mit einer Quellensteuer nach innerstaatlichem deutschem Recht belegen. In diesem Fall würde Österreich wieder nach Art 23 Abs 2 lit b DBA Deutschland die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der Quellensteuer beseitigen. Der Unterschied zeigt sich in der Höhe der deutschen Quellensteuer und der damit einhergehenden anrechenbaren Summe. Während bei Dividenden eine Besteuerung und Anrechnung nur iHv 15 % erfolgt, steht dem Quellenstaat die Besteuerung von Zinsen zur Gänze zu. Der Ansässigkeitsstaat hat auch dementsprechend anzurechnen.
Zur Unterscheidung zwischen Zinsen und Dividenden führt das BFG aus, dass sich die Tatbestände der Art 10 und Art 11 OECD-MA im Allgemeinen dadurch unterscheiden, dass unter ersterem Einkünfte von Eigenkapitalgebern und unter zweiterem solche von Fremdkapitalgebern erfasst werden. Echte stille Gesellschafter sind nach dieser allgemeinen Wertung als Fremdkapitalgeber und ihre Einkünfte als Zinsen im Sinne des Art 11 OECD-MA zu werten. Demnach wären die Einkünfte des Bf Zinsen und eine Anrechnung der Quellensteuer in vollem Umfang geboten. Das DBA Deutschland weicht in dieser Hinsicht jedoch insofern vom OECD-MA ab, als Art 10 Abs 3 DBA Deutschland auch Einkünfte stiller Gesellschafter teilweise als Dividenden wertet. Dies ist dann der Fall, wenn die Vergütungen nach dem Recht des Staates, aus dem sie stammen, bei der ausschüttenden Gesellschaft im Zuge der Gewinnermittlung nicht abzugsfähig sind. Da im festgestellten Sachverhalt keine Abzugsfähigkeit der Vergütungen angenommen wurde, kam das BFG zum Ergebnis, dass es sich um Dividenden nach Art 10 DBA Deutschland handelt. Die Beschwerde wurde daher als unbegründet abgewiesen. Die Revision erklärte das BFG für unzulässig.
Conclusio
Im Zentrum der Begründung der Entscheidung steht die Annahme, dass die gegenständlichen Einkünfte bei der ausschüttenden Gesellschaft nicht abzugsfähig sind. Die Annahme der Nichtabzugsfähigkeit wird damit begründet, dass der Bf seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, weswegen nicht geklärt werden kann, ob Abzugsfähigkeit vorliegt. Ähnlich gelagerte Beschwerdeverfahren des Bf (4. 12. 2017, RV/4100134/2016; 27. 8. 2018, RV4100067/2018) legten jedoch nahe, dass die gegenständlichen Vergütungen regelmäßig aufgrund der Zinsschranke (§ 8a dKStG) nicht abgezogen werden konnten. Im Zuge der freien Beweiswürdigung haben diese Informationen dazu geführt, dass von nicht abzugsfähigen Ausschüttungen und in weiterer Folge von Dividenden ausgegangen wurde.
Das BFG folgt hiermit der Auffassung, dass der Dividendenbegriff im DBA Deutschland im Wesentlichen jenem des OECD MA entspricht, sich aber durch die Besonderheit des Art 10 Abs 3 DBA Deutschland unterscheidet. Nach Meinung des Gerichts sollen durch diese Bestimmung gerade nur Einkünfte echter stiller Gesellschafter erfasst werden und nicht jene atypischer stiller Gesellschafter, welche ohnehin bereits nach dem Verständnis des OECD MA als Eigenkapitalgeber verstanden werden (Loukota in Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes [Hrsg], Internationales Steuerrecht I/2, 49. Erg.lfg, 1. 1. 2024, Bundesrepublik Deutschland 1A Art 7 Schlussprotokoll vor FN 1; 695 der Beilagen der RV 21. GP 22). Die Besonderheit des Art 10 Abs 3 DBA Deutschland ist, dass jene Einkünfte, die zwar aus einem echten stillen Gesellschaftsvertrag lukriert werden, aber nach deutschem nationalen Recht nicht abzugsfähig sind, als Dividenden im Sinne des Abkommens behandelt werden und nicht als Zinsen (Loukota in Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes [Hrsg], Internationales Steuerrecht I/2, 49. Erg.lfg, 1. 1. 2024, Bundesrepublik Deutschland 1A Art 10 Schlussprotokoll vor FN 2; 695 der Beilagen der RV 21. GP 22f). Nach Auffassung des BFG handelt es sich daher um Zinserträge aus einer echten stillen Beteiligung nach deutschem Recht, die aber aufgrund der Annahme, dass die Zinsschranke in § 8a dKStG eine Abzugsfähigkeit verhindert, als Dividenden im Sinne des Art 10 Abs 3 DBA Deutschland zu behandeln sind (vgl Loukota in Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes [Hrsg], Internationales Steuerrecht I/2, 49. Erg.lfg, 1. 1. 2024, Bundesrepublik Deutschland 1A Art 10 Schlussprotokoll vor FN 2). Diese Position entspricht auch jener, die im Verfahren 4. 12. 2017, RV/4100134/2016 vertreten wurde. Diese Überlegungen zeigen, dass dem Fall eine Beweislastthematik zugrunde liegt. In der Literatur wird jedoch auch eine andere Meinung vertreten, wonach Art 10 Abs 3 DBA Deutschland nur auf jene Fälle angewandt werden soll, in denen verdecktes Eigenkapital vorliegt oder ein Fremdvergleich bei hybriden Finanzierungsformen auf Eigenkapital hinweist (G. Aigner/Prechtl-Aigner in Aigner/Kofler/Tumpel [Hrsg], DBA [2017] Art 10 Rz 142).
Der genaue Sachverhalt konnte nicht festgestellt werden, was sich aufgrund einer Verletzung seiner Mitwirkungspflichten zu Lasten des Bf auswirkte.