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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
GebG: § 21, § 26, § 33 TP 5
Abstract
Das BFG hatte sich mit der Vergebührung eines Nachtrags zu einem Bestandvertrag auseinanderzusetzen. Durch den Nachtrag wurde ua ein ursprünglich auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag bis zum 30. 9. 2033 befristet. Die Mieterin konnte allerdings weiterhin alle 2,5 Jahre unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Frist kündigen. Die Abgabenbehörde ging dennoch von einer bis zum 30. 9. 2033 bestimmten Vertragsdauer aus und zog die volle Vertragsdauer von 165,5 Monaten als Bemessungsgrundlage heran. Das BFG trat der Auffassung der Abgabenbehörde entgegen. Es handle sich um eine bis zum ersten Kündigungstermin bestimmte Vertragsdauer mit anschließender unbestimmter Vertragsdauer.
BFG 26. 3. 2025, RV/7102023/2024
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) war seit 2013 Vermieterin von Büro- und Lagerflächen. Mit Zusatzvereinbarung vom 10. 12. 2019 wurde der Hauptmietzins für den Zeitraum vom 10. 12. 2019 bis zum 30. 9. 2023 reduziert. Der Mieterin wurde außerdem eine Sonderkündigungsmöglichkeit zum 31. 3. 2021 eingeräumt. Bei Ausübung der Sonderkündigungsmöglichkeit hätte die Mieterin aber nicht nur die Mietzinsreduktionen zu retournieren, sondern zusätzlich eine einmalige Abschlagszahlung iHv sechs Monatsmieten zu leisten. Die bisherigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten der Mieterin blieben ansonsten aufrecht. Die Mieterin konnte den Vertrag daher ab dem 30. 9. 2023 alle 2,5 Jahre unter Einhaltung einer 12-monatigen Kündigungsfrist vorzeitig auflösen. Die Vermieterin konnte wie bisher nur unter Maßgabe von § 30 MRG unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen. Darüber hinaus wurde in der Zusatzvereinbarung festgelegt, dass der bisher unbefristet abgeschlossene Vertrag mit 30. 9. 2033 endet.
Die Abgabenbehörde setzte aufgrund der Zusatzvereinbarung eine Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge gem § 33 TP 5 iHv rund 300.000 € fest. Zur Begründung wurde angeführt, dass der bisherige Vertrag um die bestimmte Dauer von 165,5 Monaten verlängert wurde. Die Bf war hingegen der Ansicht, dass für den Zeitraum bis zum 31. 3. 2021 eine bestimmte und darüber hinaus eine unbestimmte Vertragsdauer vorlag, weswegen eine kürzere Bemessungsgrundlage von rund einem Drittel anzusetzen war (für Verträge unbestimmter Dauer ist der dreifache Jahreswert anzusetzen). Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung der Abgabenbehörde wurde der Fall dem BFG vorgelegt.
Entscheidung des BFG
Das BFG hält fest, dass der Vertrag vom 10. 12. 2019 als Zusatz iSd § 21 GebG anzusehen ist, weil sowohl der Bestandgegenstand als auch die Parteien ident geblieben sind. Es ist somit nicht der Wert der Gesamtleistung, sondern nur der Wert der zusätzlich bedungenen Leistung für die Gebührenbemessung ausschlaggebend (VwGH 8. 3. 1977, 1350/76). Die Einordnung als Vertrag von bestimmter oder unbestimmter Dauer ist von der Frage zu unterscheiden, ob der Zusatz iSd § 21 GebG selbstständig gebührenpflichtig ist (VwGH 10. 4. 2024, Ro 2022/16/0017). Durch die nachträglich erfolgte Abänderung der ursprünglich unbestimmten Dauer auf nunmehr bestimmte Zeit im zivilrechtlichen Sinn liegt eine Änderung von Rechten iSd § 21 GebG vor. Für die Bemessungsgrundlage des nunmehr bis 30. 9. 2033 befristeten Rechtsgeschäftes ist allerdings zu untersuchen, ob der Vertrag gebührenrechtlich für bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossen wurde.
Ein Vertrag von bestimmter Dauer liegt nur vor, wenn beide Parteien auf bestimmte Zeit gebunden sind. Es ist daher für die Einordnung als Vertrag von unbestimmter Dauer unschädlich, dass die Vermieterin nur unter den in § 30 MRG genannten Gründen kündigen kann und daher für Zwecke des Gebührenrechts als bis zum 30. 9. 2033 gebunden angesehen werden kann, solange der Mieterin ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht. Die Besonderheit im vorliegenden Fall ist aber, dass der Mieterin ein Kündigungsrecht nicht wie ansonsten üblich quartalsweise oder jährlich, sondern bloß im Abstand von jeweils 2,5 Jahren eingeräumt wurde. Dieser Abstand schließt die Annahme eines Vertrags auf unbestimmte Dauer allerdings nicht aus. Mit Abschluss der Zusatzvereinbarung ging die Mieterin eine Bindung bis zum nächsten Kündigungstermin (31. 3. 2021) ein. Ab dann stand ihr wieder alle 2,5 Jahre eine Kündigung offen. Es ist daher nach Ansicht des BFG bei Bemessung der Gebühr für die Zusatzvereinbarung von einer bestimmten Dauer bis zum 31. 3. 2021 und anschließender unbestimmter Dauer auszugehen.
Da § 26 GebG bedingte Leistungen als unbedingte Leistungen ansieht, sind auch bedingte Leistungen in die Bemessung der Gebühr aufzunehmen. Aus diesem Grund ist sowohl die Abschlagszahlung iHv sechs Monatsmieten für den Fall der Ausübung des Sonderkündigungsrechts als auch der höhere, nicht reduzierte Hauptmietzins für den Fall der vorzeitigen Kündigung Teil der Bemessungsgrundlage. Es sind daher das monatliche Entgelt für die bestimmte Dauer bis zum 31. 3. 2021 (15,5 Monate), die bedingte Einmalleistung bei Kündigung zum 31. 3. 2021 (sechs Monate), sowie das Entgelt für unbestimmte Dauer (36 Monate) für die Berechnung der Gebühr heranzuziehen. Das BFG gibt der Beschwerde daher Folge und ändert den Bescheid ab, der die Gebühr noch auf Basis des Mietzinses für 165,5 Monate berechnet hatte.
Conclusio
Die Entscheidung des BFG zeigt einmal mehr die diffizilen Auslegungsfragen, die sich iZm Nachträgen zu Bestandverträgen stellen (siehe zuletzt etwa BFG 10. 12. 2024, RV/7101659/2022; VwGH 10. 4. 2024, Ro 2022/16/0017). Der vorliegende Zusatz diente in erster Linie einer Mietzinsreduktion, löste aber dennoch eine beachtliche zusätzliche Gebühr im sechsstelligen Bereich aus.
Die Argumentation der Abgabenbehörde, dass eine bloß alle 2,5 Jahre vorliegende Kündigungsmöglichkeit einer unbestimmten Vertragsdauer entgegensteht und eine bestimmte Dauer bis zum 30. 9. 2033 vorlag, konnte das BFG hingegen nicht überzeugen. Vielmehr schließt der Abstand von 2,5 Jahren zwischen den Kündigungsterminen einen Vertrag auf unbestimmte Dauer von vorneherein nicht aus. Das BFG sah daher eine Bindung nur bis zum ersten Kündigungstermin (rd 15 Monate) und daran anschließend eine unbestimmte Vertragsdauer vor. Das steht wohl im Spannungsfeld zu der Entscheidung des BFG vom 4. 5. 2023, RV/7100624/2023, wonach die Kündigungsmöglichkeiten zu bestimmten Terminen (3x innerhalb von zehn Jahren) unbeachtliche auflösende Potestativbedingungen seien. Möglicherweise war im vorliegenden Fall aber auch ausschlaggebend, dass es sich – im Gegensatz zur Entscheidung aus 2023 – um eine Zusatzvereinbarung handelte und die Kündigung alle 2,5 Jahre schon im ursprünglichen Vertrag vorgesehen war, sodass die Zusatzvereinbarung an den ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten ab dem 30. 9. 2023 nichts änderte.
Doch auch die Bf konnte sich nicht auf voller Linie durchsetzen. Anders als im Vorlageantrag wurde auch für den befristeten Zeitraum der höhere Mietzins zur Bemessung herangezogen und sogar die bedingte Einmalleistung bei Kündigung zum 31. 3. 2021 war Teil der Bemessungsgrundlage. Das ist zwar im Lichte der in § 26 GebG normierten Bedingungsfeindlichkeit konsequent, führt aber zum kontraintuitiven Ergebnis, dass einander ausschließende Szenarien gleichzeitig in die Bemessung der Gebühr hineinfließen. Wenn die Mieterin den Vertrag zum 31. 3. 2021 kündigt, hat sie das höhere Entgelt und die Einmalleistung iHv sechs Monatsmieten, aber keine weiteren Monatsmieten darüber hinaus zu entrichten. Wird der Vertrag hingegen verlängert, gibt es keine Einmalleistung und für den befristeten Zeitraum jedenfalls nur den niedrigeren Mietzins. Die Abgabenbehörde hatte daher in ihrem – für die Bf ansonsten ungünstigen – Bescheid noch den reduzierten Mietzins ohne die Einmalleistung im Falle der vorzeitigen Kündigung zur Gebührenbemessung herangezogen.