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BFG: Einkommen- und umgründungssteuerrechtliche Behandlung einer Mitunternehmerschaft mit Treuhandkonstruktion

Bearbeiter: Annina Schwärzli

EStG 1988: § 2 Abs 2a; § 23 Z 2

UmgrStG: § 13 Abs 2

Abstract

Das BFG beschäftigte sich im vorliegenden Fall mit drei Rechtsfragen. Es hatte sich zunächst mit der Frage auseinander zu setzen, ob treuhändig verwaltete KG-Anteile Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 23 Z 2 EStG bei den Treugebern begründen. Dafür ist die Eigenschaft als Mitunternehmer erforderlich. Weiters hatte das BFG zu entscheiden, ob eine mögliche Verlustverwertungsbeschränkung nach § 2 Abs 2a EStG vorliegt. Das BFG hatte sich zudem mit dem Einbringungszeitpunkt iSd § 13 Abs 2 UmgrStG zu befassen: Der Beitritt der Kommanditisten erfolgte im vorliegenden Fall im Wege des Zusammenschlusses zur Mitunternehmerschaft.

BFG 11. 10. 2023, RV/7101930/2013

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine KG und investierte in Form einer atypischen stillen Gesellschafterin Risikokapital in vier Kapitalgesellschaften. Die KG hatte zahlreiche Kommanditisten, von denen jedoch nur eine im Firmenbuch verzeichnet war (die T GmbH). Diese hielt die Anteile sämtlicher Kommanditisten treuhänderisch. Der Gesellschaftsvertrag der KG und der Treuhandvertrag sahen eine Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie im Abschichtungsfall am gesamten Unternehmenswert, einschließlich des Firmenwerts und stiller Reserven, vor. Der Beitritt der Kommanditisten erfolgte im Wege des Zusammenschlusses iSd Art IV UmgrStG innerhalb der neunmonatigen Rückwirkungsfrist der Mitunternehmerschaft. Das FA verneinte auf Ebene der Treugeber die Eigenschaft als Mitunternehmer und wies den gesamten Verlust der Treuhandkommanditistin zu. Das FA argumentierte, dass die Mitunternehmereigenschaft der Kommanditisten aufgrund der Treuhandkonstruktion zu stark eingeschränkt sei. Darüber hinaus sah das FA die Anwendung der Verlustverwertungsbeschränkung gem § 2 Abs 2a EStG als auf den vorliegenden Sachverhalt zutreffend an. Im Hinblick auf die Umgründung hegte das FA Zweifel an der Erfüllung aller Formvorschriften, um die Verlustzuweisung rückwirkend wirksam zu machen. Die Bf widersprach dem und führte unter anderem an, dass eine Gründung im Rückwirkungszeitraum jedenfalls unschädlich sei.

Entscheidung des BFG

Für eine Verwertung der vorliegenden Verluste müssen diese auch entsprechend den Treugebern zugeordnet werden können. Das BFG hatte diesbezüglich zu entscheiden, ob trotz der vorliegenden Treuhandkonstruktion Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem § 23 Z 2 EStG begründet wurden. Das BFG führt an, das für die Einordnung als Mitunternehmerschaft gem § 23 Z 2 EStG sowohl die Unternehmerinitiative als auch das Unternehmerrisiko gegeben sein müssen (vgl VwGH 19. 10. 2016, Ra 2015/15/0046; ebenso VwGH 29. 6. 1995, 94/15/0103). Für das Vorliegen von Unternehmerinitiative ist lediglich die Möglichkeit der Einflussnahme auf betriebliche Abläufe ausschlaggebend. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass diese auch tatsächlich ausgeübt wird (Peyerl in Jakom EStG16 [2023] § 23 Rz 128). Das BFG hält dazu fest, dass die Treuhandvereinbarung dem Treugeber eine Einflussnahme in der Treugeberversammlung ermöglicht. Dass dies nicht im Rahmen der Gesellschafterversammlung erfolgt, ist in diesem Zusammenhang nicht schädlich. Aufgrund der Beteiligung an Gewinn, Verlust und stillen Reserven war auch das Vorliegen des Unternehmerrisikos im vorliegenden Fall gegeben. Das BFG spricht im Ergebnis daher aus, dass der gesamte Verlust nicht allein der Treuhandkommanditistin zuzuweisen, sondern auf die Treugeber aufzuteilen ist.

Des Weiteren hat sich das BFG mit der Beschränkung der Verlustverrechnung gem § 2 Abs 2a EStG auseinandergesetzt. Dieser zufolge sind negative Einkünfte aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft unter den genannten Voraussetzungen weder ausgleichs- noch vortragsfähig iSd § 18 Abs 6 EStG, eine Verrechnung der negativen Einkünfte ist nur mit positiven Einkünften aus dieser Beteiligung möglich. Diese Regelung hat in erster Linie den Zweck sicherzustellen, dass private Investitionsentscheidungen wirtschaftlichen Faktoren folgen und nicht dem Erzielen steuerlicher Vorteile. § 2 Abs 2a EStG nennt etwa die Renditeverdoppelung nach Steuern im Vergleich zur Rendite vor Steuern. Ist eine solche Verdoppelung nicht gegeben, können andere vergleichbare objektive Umstände ebenfalls eine Verlustausgleichsbeschränkung rechtfertigen. Im vorliegenden Fall stellte das BFG jedoch fest, dass im Kapitalmarktprospekt keine steuerlichen Vorteile beworben wurden, keine Verdoppelung der Renditen erfolgte und auch keine vergleichbaren objektiven Umstände gegeben sind. Daher war § 2 Abs 2a EStG nicht einschlägig.

Ferner hatte sich das BFG mit der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Zusammenschlüsse zu beschäftigen. Die „erste Umgründung“ betraf den Zusammenschluss der Körperschaften mit der KG zu atypisch stillen Gesellschaften, die „zweite Umgründung“ den Beitritt der Treugeberkommanditisten zur bestehenden KG. Nach Ansicht des BFG waren die gegenständlichen Umgründungen miteinander verknüpft. Die für diesen Fall gem § 39 UmgrStG zwingend zu erstellenden Umgründungspläne erfüllten im vorliegenden Fall alle gesetzlichen Anforderungen. Das BFG hält zudem fest, dass in Bezug auf die erste Umgründung die zivilrechtliche Gründung der Bf nach dem Zusammenschlussstichtag unschädlich ist, weil der Umgründungsstichtag auf einen früheren Zeitpunkt gelegt werden kann und ab diesem Tag die steuerliche Zurechnung erfolgt. Der Beitritt der Treugeberkommanditisten ist daher rückwirkend möglich, wenn sie bereits am Zusammenschlussstichtag als beigetreten gelten. Damit hängt die Wirksamkeit der ersten Umgründung von jener der zweiten Umgründung ab. Das BFG führte weiters aus, dass auch die zweite Umgründung alle formalen und materiellen Voraussetzungen erfüllt und die Rückwirkungsfiktion daher auch auf die beitretenden Treugeber anwendbar ist. Somit waren beide Umgründungen wirksam.

Im Ergebnis wurde der Beschwerde in dieser Hinsicht umfänglich stattgegeben. Die Revision wurde aufgrund des Fehlens einschlägiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu betrieblichen Einkünften derartiger Treuhandkonstruktionen sowie zur Reichweite des § 13 Abs 2 UmgrStG bei Zusammenschlüssen zugelassen, jedoch – soweit ersichtlich – nicht erhoben.

Conclusio

Das BFG stützt sich für die Frage der Mitunternehmereigenschaft auf die Rsp des VwGH (VwGH 19. 10. 2016, Ra 2015/15/0046; ebenso VwGH 29. 6. 1995, 94/15/0103), wobei es in Bezug auf doppelstöckige Publikums-Mitunternehmerschaften mit Treuhandkonstruktion an Rsp fehlt. Der VwGH qualifiziert in seiner stRsp jedoch eine atypisch stille Gesellschaft, welche im Gegensatz zur KG nicht nach außen auftritt, ebenfalls als Mitunternehmerschaft (vgl etwa VwGH 1. 9. 2015, 2012/15/0234). Im vorliegenden Fall ist für das BFG die Möglichkeit der Einflussnahme ausschlaggebend, welche bereits aufgrund der Treuhandkonstruktion gegeben ist (vgl EStR 2000, Rz 5805).

Die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2 Abs 2a EStG verfolgt den Zweck, dass private Investitionsentscheidungen wirtschaftlichen Kriterien und nicht bloß steuerlichen Vorteilen folgen, um der Gefahr von Fehlallokationen vorzubeugen (vgl BFG 24. 3. 2021, RV/7101627/2020; auch BFH 22. 9. 2016, IV R 2/13). § 2 Abs 2a EStG ist in dieser Hinsicht jedoch nicht abschließend: Auch andere als die im Gesetz ausdrücklich geregelten Fallgruppen können bei Vorliegen vergleichbarer objektiver Umstände zu einer Rechtfertigung der Verlustausgleichsbeschränkung führen. Das BFG hat sich zur Frage, ab wann solche objektiv vergleichbaren Umstände konkret vorliegen, nicht näher geäußert (wie schon in der Entscheidung vom 8. 3. 2023, RV/7101922/2013).

Das BFG hat weiters festgehalten, dass der Beitritt eines Gesellschafters zur Mitunternehmerschaft während der umgründungssteuerlichen Rückwirkungsfrist des Zusammenschlusses grundsätzlich schädlich für das Wirksamwerden des Zusammenschlusses nach Art IV UmgrStG gem § 13 Abs 2 UmgrStG ist. Betrachtet man diesen Beitritt jedoch als eigenen Zusammenschluss, ist es möglich, diesen auf denselben Umgründungsstichtag rückwirkend zu beziehen. Voraussetzung dafür ist die Erstellung eines Umgründungsplanes nach § 39 UmgrStG (vgl Hirschler/Sulz/Knesl in Wiesner/Hirschler/Mayr [Hrsg], Handbuch der Umgründungen17 § 24 Rz 42). Auf diese Weise wird der Beitritt als auf den Zusammenschlussstichtag rückbezogen betrachtet und es erfolgt steuerlich gesehen keine Änderung in der Mitunternehmerschaft zwischen dem Zusammenschlussstichtag und dem Abschluss des Vertrags. Im vorliegenden Fall sind die Umgründungen daher klar miteinander verknüpft, die Wirksamkeit der ersten hängt von jener der zweiten ab. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall: Eine Unwirksamkeit der ersten Umgründung mangels Erfüllung aller Vorschriften würde ebenfalls zur Unwirksamkeit beider Umgründungen führen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35103 vom 22.02.2024